Doktorandin Andrea Gonsek mit Weinschwärmer im Imaging Hangar © Elisabeth Böker

Zwischen allen Stühlen … Eine Einladung zum Versuch, 600 Weinschwärmer gleichzeitig zu verfolgen

Motten © Elisabeth Böker
Doktorandin Andrea Gonsek mit Weinschwärmer im Imaging Hangar © Elisabeth Böker
Doktorandin Andrea Gonsek mit Weinschwärmern im Imaging Hangar © Elisabeth Böker

Am 4. Juli um 19 Uhr öffnet die Universität ausgewählte Einrichtungen der Öffentlichkeit. Vom 3D-Druck über chemische Escape-Games bis zur Suche nach kleinsten und allerkleinsten Bauteilchen. Unser Autor verrät Ihnen, welche das sind und was sich dahinter verbirgt.

In Konstanz begegnet man der eigenen Universität stets in einer Mischung aus Stolz und Misstrauen. Einerseits ist die Uni der größte Arbeitgeber am Ort – das hätte sich der DGB, der seinerzeit in den 1960er Jahren gegen den Bau der Universität demonstrierte, nicht träumen lassen. Andererseits ist es doch irgendwie ziemlich intransparent, elitär oder schlicht unverständlich, was die da oben so treiben. Am 4. Juli von 19.00 bis 20.00 Uhr kann man das nun herausfinden.

Manche Konstanzer:innen jedoch wissen das sehr gut, so zum Beispiel Kindergartenkinder, die bei schlechtem Wetter den „Unizoo“ besuchen. Da kann man lebende Echsen, Piranhas, Zitterwelse, Zwergwachteln und allerlei seltsam geformte Gespenstschrecken nebst ausgestopften Wölfen, Bussarden und Eulen bewundern. Die Uni braucht diese, den Kindern als „Zoo“ bekannte Einrichtung als Anschauungsmaterial für Studierende der Biologie.

Uni-Zoo © Ines Vetter
Uni-Zoo © Ines Vetter

Ein Stückchen weiter beschäftigen sich verschiedenste Wissenschaften auch mit Lebewesen, und zwar solchen, die ungern allein, sondern lieber in großen Gruppen, Schwärmen also, auftreten. Wie verhalten sich solche Schwärme? Wie werden Informationen innerhalb solcher Gruppen weitergegeben? Wie treffen Schwärme Entscheidungen? Wie kann ein Schwarm, der manchmal aus Hunderten, Tausenden, ja, Millionen von Individuen besteht, eigentlich als Ganzes handeln?

Zurzeit wird ein Experiment mit Weinschwärmern, großen hellbraunen Nachtfaltern mit leuchtend pinkfarbener Zeichnung durchgeführt. Der Ort des Experiments ist der Imaging Hangar, ein unterirdischer Kubus, dessen Einrichtung es ermöglicht, ganze Insektenschwärme in Bewegung zu beobachten.

Labor © Theresa Braun
Labor © Theresa Braun

Zwischen dem „Zoo“ und dem Zentrum für die Erforschung kollektiver Verhaltensweisen (Center for the Advanced Study of Collective Behaviour) befindet sich das Fabrication Laboratory, kurz: FabLab. Das wird inzwischen schon eifrig genutzt, nicht nur von Universitätsangehörigen, sondern auch durch Menschen aus der Stadt, denen es einmal pro Woche offensteht. In einem solchen „Herstellungslabor“ werden Maschinen aus der industriellen Fertigung – Fräsen, 3D-Scanner und -Drucker, computergesteuerte Näh- und Stickmaschinen – interessierten Privatpersonen zur Nutzung verfügbar gemacht. Man erhält eine Einführung und kann dann eigene Projekte verfolgen.

Ist das FabLab ein öffentlicher Ort, so gibt es auch Orte, die keinerlei Verunreinigung vertragen. In der Wissenschaft nennt man sie „Reinräume“. Einen solchen dürfen Besucher:innen auch anschauen – da muss man durch verschiedene Schleusen gehen, erhält Schutzkleidung und darf dann gucken, wie man zum Beispiel kleinste Teilchen als Bauteile nutzen kann, um etwa Oberflächen in ihren Eigenschaften zu verändern: Stellen Sie sich vor, Sie müssten nie wieder Fenster putzen, weil alles Wasser und aller Dreck einfach an der Oberfläche nicht haften kann. Wäre doch toll, oder?

Wer die Universität nicht als Kathedrale – you may look, but you better do not touch oder, auf gut Schwäbisch, „Gugga derfsch, abbr nedd alanga!“ – still-bewundernd, aber auch distanziert betrachten möchte, darf im Chemie-Schülerlabor sogenannte „Educational Exit Games“ spielen. Dabei geht es darum, Stationen einer Mission spielerisch zu bewältigen, indem man Rätsel löst oder auch kleine Experimente durchführt. Von Aufgabe zu Aufgabe bewegt man sich erzählerisch fort. Doch nur, wer die richtigen Antworten findet, kommt auch weiter. Das Schülerlabor ist ein Ort, der Schulklassen zur Verfügung steht, um dort z.B. Experimente durchzuführen, die in dieser Form an Schulen nicht machbar wären.

Süßwasser-Ruderfußkrebs © Limnologie Universität Konstanz
Süßwasser-Ruderfußkrebs © Limnologie Universität Konstanz

In einem der Labore der Gewässerforschung, der Limnologie, kann man Einblick in die Forschungen zu den Mikroben im Plankton des Bodenseewassers erhalten. Welche der allerkleinsten Lebewesen befinden sich darin? Und wie halten sie das Wasser sauber und welche Biochemie versteckt sich dahinter? Und wie kommt es zur wunderschön „karibisch“ türkisgrünen Färbung des Sees im Sommer? Die Forschungsarbeiten werden von der Probenentnahme bis zur Analyse im Labor dargestellt. Und für alle, denen das noch nicht reicht, sei ein Besuch auf dem universitätseigenen Forschungsschiff empfohlen. Zwei Termine bietet die Uni in diesem Sommer an: uni.kn/see-exkursionen.

Wissenschaft ist nichts Lebensabgewandtes, Unverständliches. Wissenschaft ist vielmehr die Kunst, methodisch überprüfbar unsere Welt zu beobachten. Auf Basis dieser Beobachtungen entstehen dann nicht nur Texte für andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern Grundlagen für zivilgesellschaftliches und politisches Handeln oder auch die Entwicklung neuer Prozesse und Produkte. Auch an der Universität Konstanz.

Praktische Informationen

Treffpunkt ist am 4. Juli um 19 Uhr der Hörsaal R 513, den können Sie gar nicht verfehlen, das ist in dem Gebäude auf das man geradezu von der Bushaltestelle Universität aus zuläuft. Nach einer kurzen Einführung durch den Prorektor für Forschung, Prof. Dr. Dirk Leuffen, entscheiden Sie sich für den Besuch einer der Einrichtungen in einer kleinen Gruppe.

Text: Albert Kümmel-Schnur; die Bilder wurden uns von der Universität Konstanz zur Verfügung gestellt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert