Inter Inclusive Pride Flagge auf der Alten Rheinbrücke, vorn Peter Müller-Neff 23.09.2023 (c) Harald Borges

Was ist auf der Rheinbrücke los?

13 Kommentare

Inter Inclusive Pride Flagge auf der Alten Rheinbrücke, 23.09.2023 (c) Harald Borges

Mitten in der Nacht erreichten uns verwirrende Anrufe hörbar irritierter (und zumeist nicht mehr ganz nüchterner) Leser*innen: Auf der Rheinbrücke solle so eine komische neue Fahne hängen, was das denn sei? Wir haben nachgeforscht und eine Antwort gefunden.

Dass die neue Fahne vielen Menschen etwas fremd vorkommt, überrascht nicht. Dauernd entstehen irgendwo neue Länder, und sei es auch nur im Garten irgendwelcher wirren Reichsbürger-Schlingel. Manche Konstanzer*innen hoffen ja auch heute noch inständig, dass ihre geliebte Stadt aus der Zwangsvereinigung von Baden und Württemberg austritt und sich der Eidgenossenschaft anschließt, auch da wäre ja sicher ein neuer stolzer Stadtwimpel auf der Rheinbrücke ganz angebracht. Organisationen und Vereine, von den Feuersalamanderversteherinnen bis zu den Plattfußverehrern, brüten wochenlang über einer Flagge, die ihrem Anliegen die nötige öffentliche Aufmerksamkeit und Würde verleiht, und so mancher kreative Mensch schließlich, bei dem es zur großen künstlerischen Karriere nicht gelangt hat, handelt nach dem alten Motto: „Wer Renoir nicht werden kann, der malt getrost ’ne Flagge an.“

Aber ganz so einfach ist es nicht, die neue Flagge auf der Rheinbrücke ist nicht einer nagelneuen Idee oder einem neuen Land gewidmet, sondern dem Zahn der Zeit geschuldet, wie die Stadt mitteilt:

»Bereits im Jahr 2020 wurde auf der Konstanzer Alten Rheinbrücke die Regenbogenflagge gehisst. Seither weht sie dort als Willkommensgruß und als Zeichen dafür, dass Konstanz eine weltoffene und tolerante Stadt ist.

Nach nunmehr drei Jahren ist der Stoff der Flagge durch Wind und Wetter an dieser exponierten Stelle deutlich mitgenommen gewesen und musste erneuert werden. Im Zuge dessen hat sich die Stadtverwaltung in Abstimmung mit der städtischen Chancengleichheitsstelle dazu entschlossen, den am 23. September gefeierten „Bisexual Visibility Day“ – den Tag der bisexuellen Sichtbarkeit – zum Anlass zu nehmen, eine neue Flagge zu hissen.

Inzwischen schon über 20 Jahre wird der „Bisexual Visibility Day“ weltweit am 23. September in zahlreichen Ländern gefeiert. Ins Leben gerufen wurde er 1999 im Rahmen einer internationalen LSBTIQ*-Konferenz (Lesbisch, Schwul, Bi, Trans, Inter, Queer) in Südafrika.

Willkommensgruß in neuen Farben

Inter Inclusive Pride Flagge auf der Alten Rheinbrücke, Lea Rittsteiger von der städtischen Chancengleichheitsstelle und OB Uli Burchardt am 22.09.2023 (c) Stadt Konstanz
Inter* Inclusive Pride Flagge, vorn Lea Rittsteiger und Uli Burchardt

Da seit dem Hissen der Regenbogenflagge die Variationen der Flaggen durch Aktualisierungen und Neugestaltungen zugenommen haben, hat Konstanz sich dazu entschieden, 2023 statt einer neuen Regenbogenflagge die weitreichendere und inklusivere „Inter* Inclusive Pride“-Flagge zu hissen. So weht auf der Alten Rheinbrücke nun eine Flagge, die alle Aspekte der LSBTIQ*-Gemeinschaft mit einschließt, also nicht nur Schwule, Lesben und Bisexuelle, sondern auch BIPoC (Schwarze, Indigene, People of Color), Trans*gender, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.

„Konstanz ist bunt. Konstanz ist weltoffen und tolerant. Konstanz ist unsere Heimat, die gerade in ihrer Vielfalt so liebenswert ist. Daher freut es mich, dass wir mit der heutigen Erneuerung unserer Flagge am Eingang in unsere historische Altstadt ein deutliches Zeichen dafür setzen“, so Oberbürgermeister Uli Burchardt.

Das bedeuten die Farben der Inter* Inclusive Pride Flagge

In der Farbgebung der Regenbogenfahne (auch LGBT+ Pride Flagge genannt), steht Rot für das Leben, Orange für Heilung, Gelb für die Sonne, Grün für die Natur, Türkis für die Kunst, Blau für Harmonie und Lila für Spiritualität. Der Keil auf der linken Seite hat Streifen in hellblau, rosa und weiß für die Trans* Gemeinschaft, sowie Streifen in braun und schwarz für die BIPoC Gemeinschaft. Ganz links finden sich die Farben lila und gelb der Inter*-Bewegung, welche absichtlich als nicht geschlechtsspezifische Farben, wie pink oder blau, gewählt wurden. Der Kreis symbolisiert das Ungebrochene, die Ganzheit, denn die Inter*- Bewegung kämpft noch immer für ihr Recht auf körperliche und genitale Unversehrtheit.«

Text: Stadt Konstanz/red., Bild oben: Harald Borges, Bild unten: Stadt Konstanz, es zeigt Lea Rittsteiger von der städtischen Chancengleichheitsstelle und Oberbürgermeister Uli Burchardt, die sich über die neue Flagge auf der Alten Rheinbrücke freuen.

13 Kommentare

  1. Dr. Peter Krause

    // am:

    Kleiner Nachtrag:
    Heute – 1. November 2023, gegen 10:00 Uhr – waren auf der Rheinbrücke alle Fahnenmasten leer. Bis auf eine: Dort hing die „Inter* Inclusive Pride Flagge“ – allerdings etwas schlaff, da es windstill war.

  2. Minotti

    // am:

    @Braun: ja.
    @Krause: glaube ich auch. Ihr Fazit teile ich.

  3. Dr. Peter Krause

    // am:

    Ich glaube eher, dass die Aussage, der gemäß die Sicherheit Israels für die Bundesrepulik Deutschland zur Staatsräson gehört, nicht unbedingt von allen Funktionsträgern in Politik, Verwaltung und auch im Bildungswesen zur Gänze geteilt wird.
    Was ich sehr bedauerlich finde.

  4. Ralph R. Braun

    // am:

    @Minotti. Was für eine Argumentation! Reiche Konstanzer Familien seien unter den Nazis durch die Enteignung und Verfolgung von Juden noch (einfluss)reicher geworden. Deshalb teilten ihre Nachfahren einen antiisraelischen Grundkonsens. Das sei speziell in Deutschland jedoch unvernünftig. Lieber Minotti, haben Sie gut durchdacht, was Sie da schrieben?

  5. Minotti

    // am:

    Hallo Herr Krause, soweit ich weiß, sind die Städte und Gemeinden in BW frei in ihrer Entscheidung, dies zu tun oder auch zu lassen. Dass es in Konstanz keine Israelflaggen gibt, mag in der unrühmlichen Vergangenheit (nicht nur) dieser Stadt begründet sein. Viele bekannte Familien hier haben von der Judenverfolgung und -enteignung im Dritten Reich profitiert. Vielleicht nicht mehr oder weniger als anderswo, aber mir wird regelmäßig schlecht, wenn ich daran denke und die zu Blutgeld gekommenen Nachfahren vor Augen habe. Wenn es denn unter den reich(geworden)en und einflussreich (gewordenen) Familen einen Grundkonsens gibt, dann ist dieser, zwar international dem Mainstream folgend, in Deutschland jedoch wider aller Vernunft, gegen Israel gerichtet.
    Ansonsten: Einfach mal den Oberförster fragen.

  6. Dr. Peter Krause

    // am:

    Mal eine kleine Nachfrage aus gegebenen Anlass:
    Hat es die Stadt geschafft, eine Israelflagge zu hissen, um ihre Solidarität oder zumindest Anteilnahme für die ermordeten und entführten Menschen zu zeigen?
    Oder war da kein Platz mehr frei……?

  7. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    Nun schön bunt ist die Fahne , sie kostet deshalb wahrscheinlich nicht mehr als andere Fahnen. Eine lila Fahne mit türkisfarbenen Sternchen und und giftgrünen Punkten wäre vielleicht auch ganz schön. Mir sind Dinge wichtig wie der öffentliche Nahverkehr, Barrierefreiheit in der Stadt, Chancengleichheit und Unterstützung für Kultur, Sport, die Ausstattung der Schulen und engagierter Klimaschutz. Da gibt es noch viel zu tun. Eigentlich egal, welche Fähnlein da wehen, solange es keine von AfD Fahnen oder Vergleichbares sind.

  8. Christine Finke

    // am:

    „Ganz links finden sich die Farben lila und gelb der Inter*-Bewegung, welche absichtlich als nicht geschlechtsspezifische Farben, wie pink oder blau, gewählt wurden.“

    Es gibt keine geschlechtsspezifischen Farben, das ist so ein Unsinn! Dass es keine Jungs- und Mädchenfarben gibt, habe ich meinen Kindern schon beigebracht, und ich finde diese Progress Pride Fahne nicht fortschrittlich, sondern absurd.

    Schade um die Regenbogenfahne.

  9. Gunder Haschker

    // am:

    Volle Übereinstimmung mit Dr. Peter Krause! Seinen Kommentar sollte sich der Konstanzer OB mal zu Gemüte führen.
    Diese Flagge ist die tatsächlich Krönung der Absurdität, mehr geht nicht.
    Man sollte die Erläuterung zu den Farben im Beitrag als Gebrauchsanweisung veröffentlichen und einen Erklärer unter die Flagge stellen, dafür sollten die Steuergelder auch noch reichen (Scherz…:-).

  10. Dr. Peter Krause

    // am:

    Mein Kommentar zielte eigentlich darauf ab, die vollkommende Absurdität dieser Fahne ein wenig deutlich zu machen: Wenn „indigene“ Menschen in dieser Fahne repräsentiert sein sollen, dann ist letztlich jeder gemeint, denn jeder ist irgendwo „indigen“. Was soll das also? Geht es hier nur um einen „tollen“ „showeffekt“ für die eigenen „follower“ oder für das „woke“ Stadtmarketing?
    Für mich ist diese ganze „modische“ pseudo-Politik letztlich nur noch mit einem gewissen Humor zu ertragen. Ich bin schon vor 40 Jahren für die Rechte von Schwulen und Lesben und gegen Rassismus auf die Straße gegangen und finden die aktuellen „Gender“-Verirrungen vollkommen absurd und letztlich der Sache der Freiheit eher abträglich.
    In diesem Sinne: Jeder soll so leben dürfen, wie er will, solange er keinem anderem ein Leid zufügt.

  11. Gunder Haschker

    // am:

    Vielen Dank für die Erleuchtung, Dr. Krause!
    Wie viele von diesen indigenen „alten heterosexuellen „weißen CIS-Personen“ gibts denn eigentlich noch? Also so prozentual?…:-). Nach der Flagge zu urteilen, kaum noch, oder?

  12. Dr. Peter Krause

    // am:

    Jeder ist irgendwo intigen – auch die „alte“ heterosexuelle „weiße“ „CIS-Person“.
    In diesem Sinne sind dann doch wieder alle angesprochen….
    ;-)

  13. G. Haschker

    // am:

    Da es in der Stadt offensichtlich sonst keine anderen Probleme gibt, hängen Uli und Lea auf Kosten des Steuerzahlers halt auch mal sowas auf und freuen sich. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt…:-).
    Gibts eigentlich auch ne Flagge für old-school-Heteros oder sind die komplett out?

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