Mitten in der Nacht erreichten uns verwirrende Anrufe hörbar irritierter (und zumeist nicht mehr ganz nüchterner) Leser*innen: Auf der Rheinbrücke solle so eine komische neue Fahne hängen, was das denn sei? Wir haben nachgeforscht und eine Antwort gefunden.
Dass die neue Fahne vielen Menschen etwas fremd vorkommt, überrascht nicht. Dauernd entstehen irgendwo neue Länder, und sei es auch nur im Garten irgendwelcher wirren Reichsbürger-Schlingel. Manche Konstanzer*innen hoffen ja auch heute noch inständig, dass ihre geliebte Stadt aus der Zwangsvereinigung von Baden und Württemberg austritt und sich der Eidgenossenschaft anschließt, auch da wäre ja sicher ein neuer stolzer Stadtwimpel auf der Rheinbrücke ganz angebracht. Organisationen und Vereine, von den Feuersalamanderversteherinnen bis zu den Plattfußverehrern, brüten wochenlang über einer Flagge, die ihrem Anliegen die nötige öffentliche Aufmerksamkeit und Würde verleiht, und so mancher kreative Mensch schließlich, bei dem es zur großen künstlerischen Karriere nicht gelangt hat, handelt nach dem alten Motto: „Wer Renoir nicht werden kann, der malt getrost ’ne Flagge an.“
Aber ganz so einfach ist es nicht, die neue Flagge auf der Rheinbrücke ist nicht einer nagelneuen Idee oder einem neuen Land gewidmet, sondern dem Zahn der Zeit geschuldet, wie die Stadt mitteilt:
»Bereits im Jahr 2020 wurde auf der Konstanzer Alten Rheinbrücke die Regenbogenflagge gehisst. Seither weht sie dort als Willkommensgruß und als Zeichen dafür, dass Konstanz eine weltoffene und tolerante Stadt ist.
Nach nunmehr drei Jahren ist der Stoff der Flagge durch Wind und Wetter an dieser exponierten Stelle deutlich mitgenommen gewesen und musste erneuert werden. Im Zuge dessen hat sich die Stadtverwaltung in Abstimmung mit der städtischen Chancengleichheitsstelle dazu entschlossen, den am 23. September gefeierten „Bisexual Visibility Day“ – den Tag der bisexuellen Sichtbarkeit – zum Anlass zu nehmen, eine neue Flagge zu hissen.
Inzwischen schon über 20 Jahre wird der „Bisexual Visibility Day“ weltweit am 23. September in zahlreichen Ländern gefeiert. Ins Leben gerufen wurde er 1999 im Rahmen einer internationalen LSBTIQ*-Konferenz (Lesbisch, Schwul, Bi, Trans, Inter, Queer) in Südafrika.
Willkommensgruß in neuen Farben
Da seit dem Hissen der Regenbogenflagge die Variationen der Flaggen durch Aktualisierungen und Neugestaltungen zugenommen haben, hat Konstanz sich dazu entschieden, 2023 statt einer neuen Regenbogenflagge die weitreichendere und inklusivere „Inter* Inclusive Pride“-Flagge zu hissen. So weht auf der Alten Rheinbrücke nun eine Flagge, die alle Aspekte der LSBTIQ*-Gemeinschaft mit einschließt, also nicht nur Schwule, Lesben und Bisexuelle, sondern auch BIPoC (Schwarze, Indigene, People of Color), Trans*gender, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.
„Konstanz ist bunt. Konstanz ist weltoffen und tolerant. Konstanz ist unsere Heimat, die gerade in ihrer Vielfalt so liebenswert ist. Daher freut es mich, dass wir mit der heutigen Erneuerung unserer Flagge am Eingang in unsere historische Altstadt ein deutliches Zeichen dafür setzen“, so Oberbürgermeister Uli Burchardt.
Das bedeuten die Farben der Inter* Inclusive Pride Flagge
In der Farbgebung der Regenbogenfahne (auch LGBT+ Pride Flagge genannt), steht Rot für das Leben, Orange für Heilung, Gelb für die Sonne, Grün für die Natur, Türkis für die Kunst, Blau für Harmonie und Lila für Spiritualität. Der Keil auf der linken Seite hat Streifen in hellblau, rosa und weiß für die Trans* Gemeinschaft, sowie Streifen in braun und schwarz für die BIPoC Gemeinschaft. Ganz links finden sich die Farben lila und gelb der Inter*-Bewegung, welche absichtlich als nicht geschlechtsspezifische Farben, wie pink oder blau, gewählt wurden. Der Kreis symbolisiert das Ungebrochene, die Ganzheit, denn die Inter*- Bewegung kämpft noch immer für ihr Recht auf körperliche und genitale Unversehrtheit.«
Text: Stadt Konstanz/red., Bild oben: Harald Borges, Bild unten: Stadt Konstanz, es zeigt Lea Rittsteiger von der städtischen Chancengleichheitsstelle und Oberbürgermeister Uli Burchardt, die sich über die neue Flagge auf der Alten Rheinbrücke freuen.
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