Kohletagebau, Schaufelradbagger, Bild Von Semevent Auf Pixabay

Verfassungsschutz kriminalisiert Umweltschützer*innen

Kohletagebau, Schaufelradbagger, Bild Von Semevent Auf Pixabay

Vergangene Woche hat der Verfassungsschutz in seinem jährlich erscheinenden Verfassungsschutzbericht das Klimagerechtigkeitsbündnis Ende Gelände als „linksextremistischen Verdachtsfall“ eingestuft. Ende Gelände wertet dies als weiteren Beleg für die fehlgeleitete Arbeit des Verfassungsschutzes und kündigt an, an den Protestaktionen gegen fossile Großprojekte festzuhalten.

Hier die aktuelle Medienmitteilung der Umweltschützer*innen:

Jule Fink, Sprecherin von Ende Gelände, erklärt dazu: „Die Entscheidung des Verfassungsschutzes ist absurd und das neueste Beispiel einer zunehmenden Kriminalisierung der Klimabewegung. Als Ende Gelände verteidigen wir die Grundfesten der Verfassung, indem wir uns täglich für den Erhalt unser aller Lebensgrundlagen einsetzen und zum Beispiel fordern, dass sich die Bundesregierung an das Urteil des Verfassungsgerichtes zum Klimaschutz hält. Stattdessen sabotiert sie unsere Rechte auf ein würdevolles Leben auch in Zukunft und ist mit ihrer Politik auch dafür verantwortlich, dass schon heute hunderttausende Menschen an den Folgen des Klimawandels sterben. Unsere Aktionen sind nicht extrem, sie sind gelebter Verfassungsschutz.“

Unterstützung erhält das Aktionsbündnis von Carola Rackete, Ökologin und ab Juli parteiloses Mitglied des Europäischen Parlaments: „Ende Gelände setzt sich für den Schutz unserer Natur und eine demokratischere Gesellschaft ein. Das als ‚extrem‘ einzustufen, ist absurd. Dass der Verfassungsschutz Ende Gelände beobachten will, scheint eher daran zu liegen, dass das Bündnis die deutschen Energiekonzerne herausfordert. Der Verfassungsschutz ist aber nicht dazu da, die Profite von Konzernen abzusichern.“

Rückenwind bekommt Ende Gelände auch von NGOs wie zum Beispiel dem SÜDWIND-Institut, welches sich für gerechtere wirtschaftliche und soziale Strukturen und verbindliche Verpflichtungen für Unternehmen einsetzt: „Derzeit arbeitet unser Institut gegen Shrinking Spaces für die Zivilgesellschaft auf internationaler Ebene“, erklärt Geschäftsführerin Ulrike Dufner und betont: „Auch in Deutschland gibt es Tendenzen, zivilgesellschaftliche Initiativen zu kriminalisieren. Demokratie benötigt aber eine lebendige und vielfältige Zivilgesellschaft – Aktionen zivilen Ungehorsams wie von Ende Gelände zu kriminalisieren und in den Bereich der Verfassungsfeinde zu rücken, halten wir für skandalös.“

Der Verfassungsschutz ist bekannt dafür, linke und klimapolitisch aktive Gruppen ins Visier zu nehmen. Bereits 2020 hatte der Berliner Verfassungsschutz die Ortsgruppe Berlin als linksextremistisch eingestuft. Auch weitere klimapolitische Gruppen werden seit Jahren im Verfassungsschutzbericht gelistet.

David Werdermann, Jurist bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte erklärt: „Der Verfassungsschutz begründet seine Einstufung mit kapitalismus-, staats- und polizeikritischen Positionen von Ende Gelände. Das ist hanebüchen. Das Grundgesetz ist wirtschaftspolitisch neutral und zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehört nur der absolute Kern der Verfassung, nicht der Staat als solcher oder gar seine konkreten bestehenden Institutionen. Wer daran Kritik äußert – auch radikale Kritik –, darf vom Inlandsgeheimdienst nicht als ‚extremistisch‘ diffamiert werden“.

Die Einstufung von Ende Gelände als linkextremistischer Verdachtsfall wird als weiterer Einschüchterungsversuch gegen die Klimagerechtigkeitsbewegung als Ganzes bewertet.

„Die Verfolgung der Letzten Generation als kriminelle Vereinigung und die jetzt erfolgte Einstufung von Ende Gelände als verfassungsfeindlicher Verdachtsfall ist ein deutliches Zeichen, dass die Behörden ihr Nichtstun gegen die Klimakatastrophe repressiv absichern wollen“, erklärt Benjamin Hersch vom Vorstand des Republikanischen Anwält*innen Vereins. „Nicht das Handeln gegen den Klimawandel ist verfassungsfeindlich, sondern das Nichtergreifen von Maßnahmen, um ihn aufzuhalten“.

Ende Gelände kündigt an, an ihren Aktionen zivilen Ungehorsams festhalten zu wollen. Jule Fink von Ende Gelände erklärt: „Wir bleiben dabei: Protest und auch ziviler Ungehorsam gegen offensichtliche Notstände wie die globale Klimakrise muss möglich sein in einer Demokratie. Wir müssen uns hier echt nochmal bewusst machen: Was wäre, wenn Menschen nicht für den 8-Stunden-Tag gestreikt hätten oder wenn die Frauenrechtsbewegung nicht für ihr Recht zu wählen gekämpft hätte? Nur durch zivilen Ungehorsam sind die Rechte, die wir heute haben, erkämpft worden.“

Ende Gelände ist seit 2015 dafür bekannt, Massenaktionen des zivilen Ungehorsams einzusetzen, um Klimaschutz einzufordern. Angefangen hatten die Proteste in den Kohlerevieren im Rheinland und in der Lausitz. Zuletzt hatte sich das Bündnis thematisch breiter aufgestellt und sich beispielsweise gemeinsam mit den Bürgerinitiativen auf Rügen gegen das neue LNG-Terminal gestellt und an den Mobilisierungen in die Grünheide gegen die Tesla-Fabrik teilgenommen.

Text: Ende Gelände; Bild von Semevent auf Pixabay

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