Im städtischen Haushalt wird gespart. Die Kita-Gebühren müssen um durchschnittlich 25 Prozent erhöht werden, zuletzt gab es eine heftige Debatte über Sparmaßnahmen im Kulturbereich. Gleichzeitig aber plant die Stadt ein ehrgeiziges Digitalisierungsprojekt, „Smart City“ genannt. FGL-Stadtrat Till Seiler sieht hier eine Schieflage und nimmt in seinem Gastbeitrag dazu kritisch Stellung.
Meiner Meinung nach besteht ein Widerspruch zwischen der großzügigen Finanzierung von Digitalisierungsprojekten aus dem städtischen Haushalt und der Erhöhung der Kita-Gebühren, die Familien trifft, die ohnehin durch die Inflation und die hohen Mieten in Konstanz belastet sind. Besonders ärgerlich: Oberbürgermeister Uli Burchardt hat die Kita-Gebührenerhöhung eingefordert und in der Debatte um die Kultureinrichtung massiv auf stärkere Sparmaßnahmen gedrängt – auch wenn diese zu massivem Abbau von Personal geführt hätten. Gleichzeitig wirbt er mit großem Aufwand für eine möglichst umfassende Durchführung von „Smart City“.
Dabei handelt es sich um ein Programm im Rahmen der Förderung des Städtebaus durch das Bundesbauministerium. Die teilnehmenden Städte erhalten Fördergelder für Digitalisierungsprojekte, müssen aber einen Eigenanteil leisten. In Konstanz ist nach derzeitigem Planungsstand vorgesehen, im Zeitraum bis 2026 insgesamt 15,5 Millionen Euro auszugeben, wobei der Eigenanteil 5,4 Millionen Euro beträgt. Die Stadt strebt an, diesen Eigenanteil durch sogenannte Drittmittel – also finanzielle Beiträge der Kooperationspartner – um ein Drittel zu reduzieren. Im Rahmen einer „Strategiephase“ wurden bereits 1,15 Millionen Euro ausgeben, davon ca. 400 000 Euro Eigenanteil.
Der Gemeinderat hat bei den Haushaltsberatungen im Dezember „Smart City“ auf Antrag der FGL mit einem sogenannten Sperrvermerk versehen. Das bedeutet, dass die Gelder zwar in den Haushalt eingestellt wurden, aber vor der endgültigen Entscheidung über deren Auszahlung eine Prüfung durch den Rat erfolgt. Alle Projekte sollen im Rahmen einer Vorberatung diverser Ausschüsse am 11. Januar auf den Prüfstand gestellt werden. Dass ein kritischer Blick sinnvoll ist, möchte ich exemplarisch anhand des Projekts „Assistenzsystem für die Bodenseeschifffahrt“ erläutern.
Hier ist vorgesehen, mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz die An- und Ablegemanöver von zunächst einem Schiff (MS Mainau) zu verbessern, wobei die Erkenntnisse dann gegebenenfalls auf weitere Bodenseeschiffe übertragen werden sollen. Auf den ersten Blick scheint es im Kontext des Energiesparens um ein weitreichendes Projekt zu gehen, in der entsprechenden Vorlage ist im Kapitel Klimarelevanz von einer Energieeinsparung um 20 Prozent die Rede. Im Kapitel Projektziele wird das dann aber relativiert: „20 Prozent Energieeinsparung beim An- und Ablegen des Schiffes“. Zu welchem Anteil ein Bodenseeschiff Energie beim An- und Ablegen und zu welchem Anteil bei der „regulären“ Fahrt über den See benötigt, wird in der Vorlage nicht ausgeführt. Insofern bleibt äußerst vage, wie viel Energie tatsächlich gespart werden kann und wie viele Schiffe diese Technologie wirklich nutzen werden. Die Förderung eines solchen Projekts muss vollständig aus einem Programm der Technologie- und Innovationsförderung finanziert werden. Die Belastung des städtischen Haushalts ist meiner Meinung nach nicht in Ordnung – mit der Daseinsfürsorge für die Bürger*innen von Konstanz hat dies nichts zu tun.
Konstanz hat als einzige Stadt, die am Programm „Smart City“ teilnimmt, den Namen verändert und um ein weiteres Adjektiv ergänzt. Das Programm heißt hier offiziell „Smart Green City Konstanz“. Hintergrund hierfür ist die sicherlich sinnvolle Schwerpunktsetzung im Bereich Ökologie bzw. Klimaschutz. Allerdings muss kritisch geprüft werden, inwiefern die einzelnen Projekte tatsächlich in der Substanz einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten. In Bezug auf das Assistenzsystem für die Bodenseeschifffahrt wurde ja bereits deutlich, dass dieser Beitrag teilweise nur marginal ist. Zudem haben bestimmte Projekte überhaupt keinen ökologischen Anspruch: So geht es bei der „Konstanz Card“ darum, durch eine Digitalisierung mehr Effizienz zu ermöglichen, indem verschiedene Kartensysteme kombiniert werden. Das mag sinnvoll sein, hat aber keinen ökologischen Bezug. Insofern drängt sich der Eindruck auf, dass die besondere Benennung in Konstanz in erster Linie eine Marketing-Maßnahme ist.
Aus meiner Sicht hat der Gemeinderat bei der anstehenden Beratung die Chance, das Programm „Smart City“ relevant zu reduzieren und auf die zentralen Projekte zu fokussieren. So wird der Eigenanteil geringer, den die Stadt leisten muss, und so kann die Schieflage im Haushalt reduziert werden, die aufgrund der fragwürdigen Prioritätensetzung des Konstanzer Oberbürgermeisters entstanden ist.
In der Diskussion ist oft zu hören, dass durch eine Reduzierung Fördergelder des Bundes für die Stadt „verloren gehen“. Doch hier muss man sich aus meiner Sicht einmal die Frage stellen: Woher kommt denn das Geld, das der Bund so großzügig an die Städte verteilt? Es sind die Steuerzahler*innen, die das Ganze finanzieren müssen – gleichgültig, ob es sich um Summen aus dem Bundeshaushalt oder dem städtischen Haushalt handelt. Der Gemeinderat ist nun gefordert, mit diesem Geld sorgsam umzugehen.
Text: Till Seiler, Mitglied der FGL-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat
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