Wer kennt das nicht: Man bekommt ein Geschenk, von dem man weiß: Das wird nur Ärger machen. Doch ablehnen kann man es nicht. So geht es gerade der Stadt Konstanz, die zum Jahreswechsel die B 33 von der Schweizer Grenze bis nach Staad und zur Stadtgrenze Richtung Allensbach geschenkt bekam.
Ein Facebook-Eintrag von Anfang Dezember zeigt den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt, wie er mit süss-saurem Lächeln den Übernahmevertrag unterzeichnet. Er hatte keine Wahl. Als Zubehör zu den 11,6 Straßenkilometern waren auf dem Gabentisch ein Regenrückhaltebecken mit Pumpwerk, 17 Ampelanlagen, mehrere Verkehrszeichenbrücken, diverse Stütz- und Lärmschutzwände, zwölf Brücken, darunter als Prunkstück die Neue Rheinbrücke.
Ein Danaergeschenk an die Stadt
Wie kam die Stadt zu diesen Geschenk? Ganz einfach: Im letzten Zensus hatte Konstanz erstmals mehr als 80.000 Einwohner:innen. Gemeinden ab dieser Größe, so bestimmt es das Bundesfernstraßengesetz (FStrG), müssen die Baulast für die Ortsdurchfahrt von Bundesstraßen übernehmen – bei kleineren Gemeinden obliegt die Baulast dagegen dem Bund beziehungsweise den von ihm damit beauftragten Bundesländern.
Für die Stadt Konstanz heißt das: Sie muss die B 33 mit allem drum und dran auf eigene Kosten unterhalten. Also ein echtes Danaergeschenk. „Hagelfluch der schwarzen Bau-Magie“, metapherte Kollege Pugliese dereinst über die Straßenbaulast. Nicht nur, dass die Neue Rheinbrücke inzwischen 40 Jahre alt ist. Auch manche jüngere Brücke, etwa jene am Ende der Gottlieber Straße, ist aufgrund ihrer Bauweise bereits jetzt sanierungsbedürftig.
Während Mieter:innen ihre Wohnung bei Auszug in ordentlichem Zustand übergeben müssen, gilt das nicht für die Übergabe der Straßenbaulast. Hier werden die Mängel am Objekt zwar penibel dokumentiert. Die daraus errechnete Entschädigung für die Stadt – Michele Lagrutta vom Tiefbauamt schätzt sie auf höchstens eine Million Euro – stehe aber in keinem Verhältnis zu den Kosten, die auf die Stadt für das Beseitigen der übernommenen Mängel zukommen.
Pflichten ohne Rechte
Schon vor Übernahme der B 33 besaß die Stadt Konstanz 113 kleinere und größere Straßenbauwerke, als ältestes die Alte Rheinbrücke, als jüngstes die Z-Brücke beim Bahnhof Petershausen. All diese Bauwerke, so wollen es die in der DIN-Norm 1076 festgelegten „anerkannten Regeln der Technik“, müssen vom Tiefbauamt der Stadt jährlich einer Sichtprüfung und alle sechs Jahre einer gründlichen Hauptprüfung unterzogen werden, bei der dann auch Verkleidungen zu öffnen und schwer zugängliche Stellen zu untersuchen sind.
Für den Haushalt der Stadt bedeutet die Übernahme der Straßenbaulast einen Mehraufwand von vier bis fünf Personalstellen zur Grünpflege, zum Straßen- und Brückenunterhalt und für die besagten Prüfungen, wobei größere Sanierungen nicht eingerechnet sind.
Darf die Stadt nun mit ihrem Geschenk verfahren, wie sie möchte, und etwa aus der Reichenauer Straße eine schöne Allee machen oder entlang der Mainaustraße Parkplätze zugunsten eines breiteren Radwegs streichen? Gott bewahre, das darf sie nicht! Für die Bundesstraße gilt nämlich ein Planfeststellungsbeschluss, und der müsste zunächst geändert werden. Ein aufwendiges und langwieriges Verfahren in der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums. Mit einer Einkaufsmeile auf der Europabrücke wird es also so schnell nichts werden.
Text: Ralph-Raymond Braun / Foto: pw
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