Veranstaltung „Palästina/Israel: Trotz Gewalt und Unrecht den Frieden suchen“, im Bild Sumaya Farhat Naser und Maik Schluroff, 11.04.2024 © H. Reile

Israelphobes Milieu in Konstanz?

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Veranstaltung „Palästina/Israel: Trotz Gewalt und Unrecht den Frieden suchen“, im Bild Sumaya Farhat Naser und Maik Schluroff, 11.04.2024 © H. Reile
Veranstaltung „Palästina/Israel: Trotz Gewalt und Unrecht den Frieden suchen“, im Bild Sumaya Farhat Naser und Maik Schluroff, 11.04.2024 © H. Reile

Das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (JuFo DIG) Bodensee-Region will angesichts einiger Entwicklungen der letzten Tage und Wochen klar Stellung beziehen. Unter dem Titel „Wie sich in Konstanz das israelphobe1 Milieu zusammenfindet“ hat es eine Mitteilung veröffentlicht, die zu einigen Diskussionen Anlass geben dürfte.

Hier die ungekürzte Mitteilung:

Auf folgende drei Sachverhalte wollen wir dabei in dieser Stellungnahme eingehen:
1. Reaktion auf antisemitische Graffiti an der Universität Konstanz
2. ‚Rettet Gaza‘ Konstanz
3. Antizionistischer Vortrag im Treffpunkt Petershausen

1. Reaktion auf antisemitische Graffiti an der Universität Konstanz

Nachdem an der Universität in Konstanz antisemitische Schmierereien auftauchten, gab es starke Reaktionen gegen diese Hassbotschaften, die sich direkt gegen Jüdinnen und Juden im Allgemeinen, sowie gegen den Staat Israel im Besonderen richteten. Die Universität hat sich in ihrer Stellungnahme vom 26.03. „Entschieden gegen Antisemitismus“ klar zu den Graffiti geäußert. Zudem fand anschließend eine Kundgebung unter dem Titel „Kein Platz für Antisemitismus“ auf dem Campus statt. Dies begrüßt das JuFo DIG Bodensee-Region ausdrücklich. Jedoch hat sich das Rektorat der Universität leider dagegen entschieden, seine Erlaubnis zu geben, das Banner längerfristig in der Universität zu befestigen. Diese fehlende Zivilcourage enttäuscht uns, weswegen wir als JuFo DIG Bodensee-Region das Rektorat dazu aufrufen, seine Entscheidung zu überdenken.

2. Rettet Gaza Konstanz

Mit dem ehrenhaften Ziel „Gaza zu retten“ hat sich zu Beginn dieses Jahres die o.g. Gruppe gegründet. Was hinter diesem Rettungswunsch steckt, zeigt sich, wenn man den Statements der Gruppe einen genaueren Blick widmet.

In einem Statement zu den oben genannten Vorfällen an der Universität meldete sich die Gruppe ‚Rettet Gaza‘ zu Wort. Dem Anschein nach einem aufklärerischen Motiv folgend, verurteilt die Gruppe den antisemitischen Übergriff, um im gleichen Zuge einen der Slogans auf euphemistischste Weise zu relativieren. Danach handele es sich bei einem der Graffiti mit dem Wortlaut: „From the river to the sea“, um einen Hinweis auf den „derzeitigen Völkermord“. Dass der Slogan von der PLO stammt und eine Ein-Staaten-Lösung fordert bzw. eine Zwei-Staaten-Lösung ausschließt, sollte klar machen, dass hiermit keinerlei versöhnlichen Worte dem jüdischen Staat und seinen Bewohnern gegenüber angestimmt werden. Vielmehr geht es jenen, die sich dieser Phrase bedienen, wenigstens im Wunsch darum, Israels Vernichtung zu proklamieren. Dass das Innenministerium die Parole verboten hat, unterstreicht einmal mehr, dass deren Relativierung in keinem Fall zu rechtfertigen ist. Das Motiv hinter dieser Verharmlosung seitens Rettet Gaza ist klar, der „ehrbare Antisemitismus“ (Jean Améry)2, das heißt der Antizionismus linker Provenienz, soll gegen jegliche Kritik immunisiert werden.

3. Antizionistischer Vortrag im Treffpunkt Petershausen

An einem Vortrag unter dem unschuldig daherkommenden Titel „Palästina/Israel: Trotz Gewalt und Unrecht den Frieden suchen“, der am 11.04. im Treffpunkt Petershausen stattfand, fanden sich diverse Akteure der politischen Linken sowie christliche Gruppierungen zusammen und boten der Antizionistin Sumaya Farhat-Naser eine Plattform, um antiisraelische Mythen zu verbreiten. Eingeladen dazu hatten die Friedensinitiative Konstanz, Friedensregion Bodensee e.V., Pax Christi Ravensburg, Café Mondial, Terre des Femmes e.V. Konstanz, Die Linke Konstanz, Weltladen Konstanz, Aktionsbündnis Rettet Gaza und der Bildungsverein seemoz e.V.

Der Vortrag begann zwar immerhin mit der Bekundung, dass der 7. Oktober ein schreckliches Massaker darstellt und in keinster Weise gutzuheißen sei, doch man musste nicht lange auf die erste Relativierung warten. Schon in seinen einleitenden Worten setzte Maik Schluroff von der Friedensinitiative Konstanz den Krieg Israels gegen die Hamas mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gleich. Diese Gleichsetzung stellt den Staat Israel als tyrannischen Aggressor dar und streicht zugleich die Ursache des Krieges – das antisemitische Massaker des 7. Oktobers, in dem mehr als 1.200 Menschen auf bestialische Weise ermordet wurden – aus der Argumentation – ein klassischer Fall von Derealisierung und Dämonisierung Israels und damit auch von israelbezogenem Antisemitismus.

Mehrfach wurde dann seitens der Referentin das Massaker des 7. Oktober als eine schlichte Reaktion auf die israelische Politik dargestellt, welche das Fass zum Überlaufen gebracht habe. So spricht sie unsäglicherweise vom „Trigger“, der zum Massaker führte. Für die palästinensische Friedensaktivistin, welche die Hamas 2006 noch als „sehr pragmatisch“3 bezeichnet hatte, scheint der antisemitische Vernichtungswunsch eine ganz gewöhnliche menschliche Reaktion zu sein. Ihr damaliger Satz ist wahr und falsch zugleich. Pragmatisch ist die Hamas insofern, dass es für den 7. Oktober viel Planung und Vorbereitung brauchte – aber aus ihrem Ziel, nämlich der Vernichtung um der Vernichtung willen, spricht der tiefste, mörderische Wahn, dem sie folgt. Indem sie das antisemitische Massaker der Hamas schlicht als die logische Konsequenz der Politik Israels darstellt, verdreht sie ganz einfach Täter und Opfer, womit eines der klassischsten antisemitischen Narrative bedient wird. Zwar wurden die Hamas und Fatah im Verlauf des Vortrags für ihre Korruptheit kritisiert, ihre antisemitische Ideologie, das Wort ‚Antisemitismus‘ fällt jedoch kein einziges Mal.

Eretz Israel

Man hätte sich beim Thema „Palästina/Israel: Trotz Gewalt und Unrecht den Frieden suchen“ eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Konflikt wünschen können, die sich der Aufklärung widmet. Stattdessen wurden einseitige Ressentiments über eine „Zionistische Ideologie“ und „angefertigte Meinung“ geschürt. Wie tendenziös das ganze Unterfangen der Referentin ist, findet seinen besten Ausdruck wohl in einer Karte, welche die studierte Geografin präsentiert. Eine schlecht bearbeitete und verpixelte Karte soll als Beweis dafür herhalten, dass es den Israelis insgesamt daran läge, Ansprüche auf Staatsgebiet zu haben, welches große Teile von Syrien, dem Irak, Saudi-Arabien, Ägypten und ganz Jordanien umfasse. Sucht man dieselbe Karte im Internet, so stößt man auf unzählige antisemitische Websites, die sich mit diesem kartographisch untergründigen Werk eine zionistische Verschwörung erklären.

Statt sich einer kritischen Analyse der politischen Lage zu widmen, wird zum Ende des Vortrags viel lieber folkloristisch die Verbundenheit von Land und Leuten untermalt – ganz nach dem Motto „unser Land“ und „unser Boden“, wie es einen die Referentin schon zu Beginn ihres Vortrages wissen lässt. Für eine Veranstaltung, die unter anderem von der Linken Liste Konstanz mitorganisiert wurde, mögen solche Phrasen im ersten Moment befremdlich wirken, doch schon die Geschichte der sich als antiimperialistisch verstehenden Linken zeigt, dass ein kritisches Verhältnis zu völkischen Ideologien schnell fallengelassen wird, wenn es gegen Israel geht.4 Schon die Frage, wer am längsten wo gelebt habe, auf die sich die Referentin schon zu Beginn stolz einlässt, indem sie aufzählt, über wie viele Generationen sie in der Westbank verwurzelt sei, ist eine falsche. Denn sie erhebt die Abstammung zu einem validen Kriterium und bekennt sich damit ganz direkt zu einer ethnozentrischen Weltsicht.

Auch der lokalen Terre des Femmes Gruppe wollen wir an dieser Stelle ihren eigenen Grundsatz vorhalten. Nach eigener Angabe ist deren Ziel, das Thema der Gewalt gegen Frauen in die Öffentlichkeit zu transportieren“.5 Doch es scheint, dass der feministische Universalismus, der eine Solidarität mit allen Frauen fordert, in Bezug auf israelische und jüdische Frauen über Bord geworfen wird. Seit dem 7. Oktober kam kein Kommentar zur Gewalt gegen Frauen durch die hiesige Ortsgruppe, obwohl sich die Attacke der Hamas in einer nicht zu begreifenden Grausamkeit ganz gezielt auch gegen Frauen richtete. Nicht einmal die Stellungnahme des Gesamtverbandes von Terre des Femmes, welche die Gräueltaten der Hamas verurteilte 6, wurde geteilt. Es bleibt dabei zu betonen: Believe Israeli Women!

Das JuFo fordert außerdem von Pax Christi Ravensburg eine Klarstellung zur beschriebenen Veranstaltung. Wie die Internationale Katholische Friedensbewegung ihren Kurs zum Mehrfrontenkrieg, in dem sich Israel befindet, weiterhin halten kann und meint, solche Veranstaltungen mitinitiieren zu müssen, stellt das JuFo deutlich in Frage. Das Junge Forum schlägt deshalb vor, dass Pax Christi Ravensburg sich zu den Inhalten dieses Briefs äußert, sich von der besprochenen Veranstaltung distanziert und somit ggf. öffentlich seine Haltung zu Antisemitismus und Antizionismus klarstellt. Alles andere wäre für die DIG, in der alle Konfessionen und Religionen willkommen sind und in der sich viele Christinnen und Christen engagieren, eine Enttäuschung.

Wir als Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bodensee-Region sehen diese Entwicklungen mit Besorgnis und verurteilen sie hiermit scharf. Gerade dem – neben offensichtlichem rechten Antisemitismus – in vermeintlich progressivem Gewand sich versteckenden antisemitischen Ton, der sich in den letzten Monaten neben der politischen Linken auch in einigen christlichen Gruppen sowie im universitären Bereich breit macht, ist mit Entschiedenheit entgegenzutreten.

Der Vorstand des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bodensee-Region

Anmerkungen

1 Autor Jake Wallis Simons versteht hierunter: „1. Dämonisierung: Verleumdung Israels als böse und Bedrohung für die Welt, 2. Bewaffnung: Instrumentalisierung der Bewegung für soziale Gerechtigkeit als trojanisches Pferd für den Hass auf Juden und ihre nationale Heimat, 3. Verfälschung: Nachbeten von Nazi- oder Sowjetpropagandalügen“, siehe: https://www.hagalil.com/2024/01/israelphobie/

2 https://www.zeit.de/1969/30/der-ehrbare-antisemitismus; und https://www.kritiknetz.de/images/stories/texte/Amery_der_ehrbare_Antisemitismus_mit_Vorwort_Gess.pdf

3 https://www.deutschlandfunk.de/hamas-ist-sehr-pragmatisch-100.html

4 https://taz.de/Antisemitismus-in-der-RAF/!5193915/

https://www.seemoz.de/die-provinz-lebt-terre-des-femmes-konstanz/

6 https://frauenrechte.de/aktuelles/detail/krieg-in-nahost-frauen-sind-in-besonderem-masse-von-krieg- betroffen

16 Kommentare

  1. Dieter Schmalohr

    // am:

    Kommentar zur Kritik an der Veranstaltung „Palästina/Israel: Trotz Gewalt und Unrecht den Frieden suchen“ durch das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bodensee Region:

    Mit Interesse, aber zum Teil auch Unverständnis, habe ich die harte Kritik an der Vortragsveranstaltung und am Moderator zur Kenntnis genommen.
    Als Teilnehmer an dieser Veranstaltung möchte ich meine Beobachtungen und Wahrnehmungen schildern. Ich versuche, dies in einer Form zu tun, die möglichst nicht weiter Konflikte schürt, sondern – ganz im Sinne der Veranstaltung – ermöglicht, sich aufeinander zuzubewegen.
    Die einleitenden Worte des Moderators Maik Schluroff haben die einordnende Konsens-Grundlage für diese Vortrags- und Diskussionsveranstaltung gelegt und die Zielrichtung benannt, die ja auch schon im Titel wiedergegeben ist: den Frieden suchen. Er hat zu diesem Zweck die Gewalttätigkeiten und Menschenrechtsverstöße, die im Israel-Palästina Konflikt von verschiedenen Seiten ausgegangen sind, benannt und kritisiert, ohne dass sie gegeneinander aufgerechnet werden können. So gab es eine Schweigeminute für alle Opfer des Konfliktes, sowohl auf israelischer, wie auf palästinensischer-Seite.
    Überrascht war ich von der Vortragenden Frau Sumaya Farhat Naser, dass sie es schafft, trotz ihrer authentisch geschilderten Lebenserfahrungen als Bewohnerin des Westjordanlandes weiterhin an positive Entwicklungsmöglichkeiten zu glauben. Sie drückt sich dabei so aus, dass in jedem Menschen ein Diamant schlummert, der zum Glänzen gebracht werden kann.
    Sie wendet sich gegen jede Art von Gewalt, engagiert sich für teilweise grenzüberschreitende kulturelle und pädagogische gewaltfreie Projekte, was zuletzt jedoch kaum mehr möglich war.

    Ganz anders verstanden als offenbar die Vertreter des jungen Forums habe ich insbesondere drei in der Kritik erwähnte Themen:
    Frau Frau Sumaya Farhat Naser hat sich klar gegen geschichtlich begründete Gebietsansprüche ausgesprochen, die rhetorische Frage gestellt, bis in welche Zeiten man denn zurückschauen solle, tausende Jahre? In diesem Zusammenhang hat sie beinahe ironisch erwähnt, dass ihre Familie seit Generationen im Westjordanland beheimatet ist.
    Sie hat sich ebenso klar gegen jede Vertreibung ausgesprochen: gegen eine Vertreibung der israelischen Bevölkerung, oder gegen eine Vertreibung jeglicher Volksgruppen. In diesem Zusammenhang hat sie die in der Kritik wiedergegebene Karte eines von einer extremen Minderheit geforderten „Großisraels“ gezeigt, was weitere Vertreibungen bedeuten würde.
    Auch ihre Stellungnahme während der Diskussion zur Hamas war differenziert: sie distanziert sich klar von den extremen Zielen und den terroristischen Methoden. Nach ihrer Einschätzung erhielt die Hamas zunehmend Zulauf und Unterstützung von Menschen, die sich Ungerechtigkeiten und teilweise Schikanen ausgesetzt sahen und sehen, und das über Jahre und Jahrzehnte. Dies rechtfertigt nicht die schrecklichen Terrorakte, macht aber die hohe Emotionalität und dann auch Gewaltbereitschaft nachempfindbar.
    Interessant waren die auf Befragen geäußerten Zukunftsperspektiven: nach ihrer Ansicht ist eine geographische Zweistaatenlösung durch die von der israelischen Regierung zumindest geduldete hohe Zahl an Siedlern, die inzwischen auch noch bewaffnet sind, überholt. Sie regte an, auch einmal unkonventionell zu denken: wäre eine Zwei-Staatenlösung mit gebietsidentischen Territorien möglich? Als bessere Lösung erscheint ihr jedoch eine Ein-Staat-Lösung mit einem toleranten säkularen Staat mit gut verankertem Minderheitenschutz.
    Um das zu erreichen, wäre es sehr wünschenswert, wenn viele Menschen eine solche brückenbauende Haltung wie Frau Farhat Naser einnehmen würden.

    Aus meiner Sicht hat die Veranstaltung eine differenzierte Sicht auf die Konflikte und deren Hintergründe ermöglicht. Der Respekt vor jedem Menschen war stets spürbar. Neben Kritik an der Hamas gab es sicherlich auch Kritik an der derzeitigen israelischen Regierung, aber keine antisemitischen Ressentiments.
    Frau Sumaya Farhat Naser und den Veranstaltern möchte ich sehr danken.

  2. Dietrich Schairer

    // am:

    Zur Stellungnahme des JuFo ist hier schon viel gesagt worden und die Kommentare gehen weiter hin und her. Es ist ein vermintes Feld und jeder, der sich dazu äußert, riskiert, „etwas Falsches“ gesagt zu haben. Deshalb nur kurz zur Person Maik Schluroff und seinem Engagement: Ich kenne ihn seit Jahren als aufrechten, kritischen Friedensaktivisten. Er hat die „Stolpersteine“ in KN und die Aufklärung des Schicksals vieler jüdischer Konstanzer aktiv unterstützt und tut das weiterhin. Wenn man überhaupt diese Schlagworte verwenden will, so ist Herr Schluroff ein links-liberaler Friedensaktivist und Philosemit, kein Antisemit.

  3. Petra Harink

    // am:

    Sehr geehrter Herr Tillmann,
    ich würde es für dringend erforderlich halten die Hamas vor dem IStGH anzuzeigen, auch dann, wenn Hamas Funktionäre nicht ausgeliefert werden. Es wäre ein richtiges und wichtiges Zeichen.
    Was meiner Meinung nach aber nicht hinreichend unterschieden wird, ist einerseits der Grund für den Gazakrieg, das Massaker der Hamas, der nicht mit dem Grund für den Ukrainekrieg gleichzusetzen ist und andererseits die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen -mehr als 30.000 Tote, davon ca. 44% Kinder und eine vollständig zerbombte Infrastruktur- die noch schlimmer ist. Die Frage muss gestellt werden dürfen: wie weit darf eine, ohne Frage berechtigte, Selbstverteidigung gehen? Aus meiner Sicht ist das, was Israel im Gazastreifen anrichtet ein Kriegsverbrechen.
    Ich glaube, dass der Hamas die palästinensiche Bevölkerung total egal ist. Die Hamas wollte genau diese Eskalation, damit sich in der Folge die umliegenden Staaten, am besten die ganze Welt gegen Israel ausspricht (sinngemäß aus einem Interview mit einem Hamas-Funktionär in der New York Times – ich weiss nicht mehr von wann). Aber Israel bedient diesen Eskalationswunsch auf verheerende Weise, indem es Gaza zerstört und die Zivilbevölkerung tötet. Die völlig schreckliche humanitäre Katastophe in Gaza wurde von der Hamas provoziert aber wird von Israel durchgeführt. Ich glaube, dass wichtige Akteure auf beiden Seiten (Hamas und die rechtsextremen in der israelischen Regierung, nicht die Mehrheit der Bevölkerung) die jeweils andere Seite beseitigen will. Und das letztendlich nicht erst seit dem 7. Okt 2023.

  4. Helmut Reinhardt

    // am:

    Zur Präzisierung für alle, die nicht auf Twitter oder in der SZ nachlesen, im 4.Teil des Fadens von Ronen Steinke steht:
    „Israel ist dem Strafgerichtshof zwar nie beigetreten. Aber die Palästinensische-Autonomiebehörde ist 2014 beigetreten, und der IStGH hat sich – wie 140 Staaten weltweit – entschieden, einen Staat Palästina anzuerkennen. Das genügt rechtlich: Palästina ist jetzt Zuständigkeitsgebiet.“
    https://twitter.com/RonenSteinke/status/1783094313519558781

    Noch ein Hinweis auf ein weiteres laufendes Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag mit hilfreichen Erklärungen:
    https://qantara.de/artikel/v%C3%B6lkermord-klage-vor-dem-internationalen-gerichtshof-deutschland-auf-der-anklagebank

  5. Janosch Tillmann

    // am:

    @MAIK SCHLUROFF,

    wieso fehlt das noch? Halten Sie es für so abwegig, dass man einen internationalen Haftbefehl für Hamas-Mitglieder fordert oder wie ist das zu verstehen?

  6. Dr. Peter Krause

    // am:

    @Helmut Reinhardt

    Vielen Dank für die Erläuterungen und Beantwortung meiner Frage!
    Nun weiß ich, dass es Keinen Haftbefehl für Mtglieder der HAMAS gibt – und die anderen Leser, die nicht Herrn Steinke „folgen“ oder die nicht die SZ lesen, auch.
    Man hätte natürlich auch gleich kurz erwähnen können, dass es keine HAftbefehle gegen Mitglieder der HAMAS gibt, dies hätte mir und vielleicht auch anderen geholfen, die (politische) Bedeutung der Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofes einzuortnen.
    Aber nun ist dies ja möglich.
    Nochmals vielen Dank für die nachträgliche Ergänzung.

  7. Dr. Peter Krause

    // am:

    @Maik Schluroff

    Ich habe mich überhaupt nicht zu Herrn Steinke geäußert.
    Ich habe die Frage in den Raum geworfen, ob auch für Mitglieder der HAMAS ein Haftbefehl erlassen worden ist.
    Ich habe mich also über den Internationalen Strafgerichtshof geäußert; nicht über den „Überbringer der Nachricht“, also Herrn Steinke.
    Ihr Kommentar, Herr Schulroff, geht also an meiner Frage weit vorbei.
    Macht aber auch nix….

  8. Maik Schluroff

    // am:

    @Peter Krause,
    jetzt fehlt nur noch, dass Sie Ronen Steinke Antisemitismus vorwerfen.

  9. Helmut Reinhardt

    // am:

    @DR. PETER KRAUSE // AM: 24. APRIL 2024
    Lesen des Twitter-Fadens von Ronen Steinke hilft weiter bei der Beantwortung Ihrer Frage –
    oder meiden Sie Twitter/X? Dann sollten Sie den SZ-Artikel von Ronen Steinke dazu lesen, an den ich wiederum nicht so leicht herankomme, aber an der Uni sollte das relativ einfach sein.
    Oder war’s nur eine rhetorische Frage?

    „..Zwar ist der IStGH in der Regel um ausgleichende Fairness bemüht – wenn Haftbefehle gegen Israelis ergehen würden, wäre zu erwarten, dass im selben Atemzug auch Haftbefehle gegen Kommandeure der #Hamas verkündet werden würden. Rein praktisch aber könnte das den Hamas-Leuten – anders als israelischen Politikern – egal sein. Sie sind im Westen eh schon Personae non gratae, da ändert sich nix. Und in den muslimischen Nachbarländern erkennt eh kaum jemand den IStGH an (außer Tunesien + Jordanien). Also: Für die Hamas wurscht.
    Das Emirat Katar, in dem der Politbüro-Chef der Hamas sich derzeit aufhält, liefert nicht an den IStGH aus. Ebenso wenig die Türkei, in der er schon einmal im Exil lebte und wohin er wegen Streits mit Katar womöglich bald zurückkehren könnte… “
    https://twitter.com/RonenSteinke/status/1783094318443671860

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ronen_Steinke

  10. Dr. Peter Krause

    // am:

    Gibt es auch einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof für die Leute aus der HAMAS?
    … ich nehme an: Nein…..

  11. Helmut Reinhardt

    // am:

    „Droht Netanjahu ein Haftbefehl?
    Der Internationale Strafgerichtshof ermittelt gegen Israel – wegen des Vorwurfs schwerer Kriegsverbrechen in Gaza. In Jerusalem löst das Nervosität aus. Aber auch die Hamas steht im Fokus.“
    Von Ronen Steinke, Berlin
    https://www.sueddeutsche.de/politik/den-haag-strafgerichtshof-israel-kriegsverbrechen-netanjahu-haftbefehl-1.6565626

    Aus einem Twitter-Faden des Autors Ronen Steinke dazu:
    „Es bewegt sich was, scheint‘s: Nachdem der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs seit Monaten mahnt, dass #Kriegsverbrechen in #Gaza Konsequenzen haben werden, berichtet die @Jerusalem_Post dieser Tage über Dringlichkeitstreffen von #Netanjahu mit Ministern.
    In Israels Regierung soll demnach die Sorge umgehen, dass ein Haftbefehl gegen Netanjahu in Vorbereitung sei – ähnlich dem, den der IStGH vor einem Jahr gegen Putin ausgestellt hat. Auf diese Sorge soll Netanjahu auch Baerbock + Cameron bei deren Besuch angesprochen haben…“
    https://twitter.com/RonenSteinke/status/1783094307135853014

  12. Janosch Tillmann

    // am:

    @Frau HARINK,

    dankenswerterweise hat Herr Schluroff ja seine Rede veröffentlicht. Die Zitate bezogen sich darauf, dass man etwas bei Russland kritisiert und Israel die gleiche Handlung durchgehen lässt. Das kann man sehr wohl als Gleichsetzung lesen. Denn, nach Wahrnehmung von Herrn Schluroff, scheint Israel die gleiche Handlung wie Russland vorzunehmen. Sonst hätte es ja keinen Sinn, diese Zitate anzuführen, oder?

    Sie können Israels Regierung kritisieren und ich bin mir sicher, dass Sie das tun. Sonst wären Sie ja kaum zu diesem Vortrag gegangen. Nur ist die Frage, was man an Israel kritisiert und da liegt der Hund begraben, Frau Harink. Ein Großteil dieser Kritik basiert darauf, Dinge zu kritisieren die man bei keinem anderen Staat kritisieren würde (z.B. die Selbstverteidigung gegen ein apokalyptische Terrorsekte, die alle Juden weltweit ausrotten will) oder Israel für Dinge anzugreifen, die schlicht und einfach erfunden sind (Wie z.B. 1982 als man der IDF während der Libanonkampagne Völkermordabsichten unterstellte, die einfach erfunden waren).

    Darum geht es und um nichts anderes.

  13. Helmut Reinhardt

    // am:

    „Eine schlecht bearbeitete und verpixelte Karte soll als Beweis dafür herhalten, dass es den Israelis insgesamt daran läge, Ansprüche auf Staatsgebiet zu haben, welches große Teile von Syrien, dem Irak, Saudi-Arabien, Ägypten und ganz Jordanien umfasse.“

    Insgesamt, dem Himmel und der Vernunft sei Dank, sicher nicht. – Es gibt aber anscheinend eine extrem radikale Gruppe unter den Siedlern, die diese Vorstellungen und Ansprüche vertritt und hoffentlich nie sehr einflussreich wird. – Eine Erfindung oder Phantasie von Frau Sumaya Farhat-Naser ist es nicht und in diesem Interview von Isaac Chotiner vom 11. November 23 im „New Yorker“ dokumentiert:

    „Neues Interview: Ich habe mit Daniella Weiss, einer Siedlerin und Aktivistin im Westjordanland, darüber gesprochen, wie ihre religiösen Ansichten ihre Sicht auf den Konflikt prägen, warum sie glaubt, dass Menschenrechte nicht als universell betrachtet werden sollten, und über die extremen Pläne ihrer Bewegung für die Region.“
    https://www.newyorker.com/news/q-and-a/the-extreme-ambitions-of-west-bank-settlers

    Im Original:
    „New Interview: I talked to Daniella Weiss, a West Bank settler and activist, about how her religious views shape her view of the conflict, why she thinks human rights should not be considered universal, and her movement’s extreme plans for the region.“
    https://twitter.com/IChotiner/status/1723338732504506654

    Übersetzt mit https://www.deepl.com/de/translator

    Aus der Laudatio auf Sumaya Farhat-Naser und Gila Svirsky 2002 von Uri Avnery:

    „..Isaac Deutscher, ein berühmter jüdischer Historiker, hat den Konflikt folgendermaßen beschrieben: Ein Mensch wohnt im oberen Stockwerk eines Hauses, in dem ein Brand entsteht. Um sich zu retten, springt er aus dem Fenster und landet auf dem Körper eines Passanten, der schwer verwundet wird. Zwischen den beiden entsteht eine tödliche Feindschaft. Wer hat Schuld? Natürlich hinkt dieser Vergleich, wie jeder. Er gibt aber ein verständliches Bild von dem, was sich zugetragen hat – jedenfalls nach der aufgeklärten jüdischen Sicht. Zionisten sehen das ganz anders, und Araber auch. Der Konflikt beherrscht unser Leben…“
    https://www.zeit.de/politik/kestenpreis_avnery

    https://de.wikipedia.org/wiki/Sumaya_Farhat-Naser

  14. Maik Schluroff

    // am:

    Das JuFoDIG erklärt mich in dieser Stellungnahme zu einem „klassischen Fall von … Antisemitismus“.
    „Begründet“ wird dies lediglich mit der Falschbehauptung, ich hätte den „den Krieg Israels gegen die Hamas mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine“ gleichgesetzt. Eine solch unsinnige Gleichsetzung habe ich nie und nirgends vorgenommen.

    Gegen die Verleumdung, ich sei „ein klassischer Fall von … Antisemitismus“ werde ich mich mit allen zivilen und rechtlichen Mitteln wehren.

  15. Petra Harink

    // am:

    Ich äussere mich hier nicht zu dem gesamten Beitrag. Nur soviel: Maik Schluroff hat in seiner Moderation mit keinem Wort das Verbrechen der Hamas am 07.10.2023 relativiert oder verharmlost. Er hat deutlich gesagt, dass das Massaker der Hamas durch nichts zu rechtfertigen ist. Ebenso hat er mit keinem Wort den russischen Angriff auf die Ukraine mit dem Angriff auf Gaza gleichgesetzt. Er hat mehrere Zitate vorgetragen- Die Aussagen des JuFoDIC sind also falsch. Es ist schon erstaunlich, und erschreckend, wie leichtfertig, ja inflationär mit dem Begriff „Antisemitismus“ umgegangen wird. Und ich glaube, dass dieser inflationäre Gebrauch des Begriffs dem berechtigten und wichtigen Kampf gegen Judenfeindlichkeit den Jüdinnen und Juden schadet.
    Wenn ich die britische Regierung kritisiere bin ich deshalb nicht gegen die britische Bevölkerung oder das Land GB eingestellt etc. Ich darf die deutsche Regierung genauso kritisieren wie die israelische. Meine Meinung darf sich von der Einstellung z.B. des JufoDIC unterscheiden und man darf mir selbstverständlich widersprechen aber deshalb bin ich noch lange keine Antisemitin. Es wäre dringend notwendig -im eigentlichen Wortsinn, die Not wenden-, wenn der Gebrauch des Wortes „Antisemitismus“ überdacht wird und nicht als „Keule“ gegen die jenigen verwandt wird, die lediglich eine andere Meinung zu den Handlungen der israelischen Regierung haben. Den Jüdinnen und Juden in diesem Land wäre damit möglicherweise etwas geholfen.

  16. Peter Köhler

    // am:

    Die bizarre Karte ist vermutlich die “coin map” (Arafat 1990), siehe https://en.m.wikipedia.org/wiki/10_agorot_controversy .

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