Die Finanzdebatten des letzten Jahres sitzen dem Theater noch in den Knochen. Langsam wird deutlich, wie es auf den rigiden Sparzwang zu reagieren gedenkt – unter anderem natürlich mit Preiserhöhungen. Am Mittwoch werden die Ab- und Aussichten im Kulturausschuss präsentiert und eine erste Bilanz gezogen.
Das große Halali, mit dem die Verwaltung im letzten Jahr zur Jagd auf die Etats der beiden Kulturträger Theater und Philharmonie blies, bedeutet für die Intendanzen, Schaupieler*innen und Musiker*innen bis heute eine existenzielle Bedrohung. Sie haben seit einem Jahr zu beweisen, dass sie auch bessere Bilanzen hinbekommen, mit welchen Mitteln auch immer. Also ist es vielleicht geradezu symbolisch, dass die erfolgreichste Produktion des Theaters in der letzten Saison mit 99,18% besetzter Plätze „Der kleine Horrorladen“ war.
Öffnung
Das Theater meldet für die letzte Spielzeit eine durchschnittliche Auslastung von 85,4% und für die Spielzeit 2024/25 mit Stand Oktober 2024 ein Plus von 116 Abonnent*innen, insgesamt wurden also 1540 Abos unter die Menschen gebracht. Zu den weiteren Highlights der vergangenen Saison zählt auch eine Spendenkampagne, mit der über 106.000 Euro für die Umrüstung auf LED-Scheinwerfer eingeworben wurden. Das spart Geld, denn LED-Scheinwerfer verbrauchen bis zu 85% weniger Strom als herkömmliche Beleuchtungen.
Auch die immer wieder propagierte „Öffnung hin zur Stadtgesellschaft“, eine im letzten Jahr in verschiedenen Varianten immer wieder eifrig bemühte Phrase, die wie eine Selbstbezichtigung der böswillig im Elfenbeinturm verharrenden Künstler*innen klang, hat im Rechenschaftsbericht für den Kulturausschuss Spuren hinterlassen. Zusammen mit der Volkshochschule ging es in „Eine Welt von morgen“, und das Junge Theater arbeitete mit der Initiative Stolpersteine ebenso zusammen wie mit 83 Konstanz integriert e.V. und der Stabsstelle Konstanz International. Natürlich wurde auch Theater für Kinder produziert, denn die sollen ja nicht nur ihren Spaß haben und die Welt, in der sie leben, besser begreifen, sondern auch frühzeitig ans Theater gebunden werden, damit aus Kindern dereinst Abonnent*innen werden.
So weit die hellen Wolken am Theaterhimmel, der natürlich auch dunkle Seiten hat, etwa wenn es heißt „Neben diesen positiven Entwicklungen wurde das Theater Konstanz durch die Sparmaßnahmen vor große Herausforderungen gestellt. Die Einsparungen in Höhe von 297.000€ führten zu Umstrukturierungen, die schwerfielen, aber zuverlässig umgesetzt wurden.“
Preiserhöhungen
Kosten zu sparen ist die eine Seite der Medaille, Einnahmen zu erhöhen die andere. Ab der Spielzeit 2025/2026 sollen daher die Eintrittspreise teils spürbar steigen. Natürlich, so versichert das Theater, wird das sozialverträglich geschehen: „Die differenzierte Preisstruktur soll der Unterschiedlichkeit der verschiedenen Zielgruppen in Hinblick auf Zeit- und Finanzbudget, Wünsche nach Sicherheit und Planbarkeit (Sitzplatzgarantie und feste Termine) und Wünsche nach Flexibilität (Stück- und Terminauswahl) Rechnung tragen. Kulturelle Teilhabe soll allen interessierten Menschen unabhängig vom Einkommen möglich sein.“
Das Theater rechnet mit „jährlich möglichen Mehreinnahmen von circa 8% bzw. 79.000€ gegenüber 2024“. Angesichts der Höhe der Preissteigerungen nach zwei Jahren darf aber bezweifelt werden, dass die neuen Preise wirklich für alle Interessierten zu stemmen sind, denn Karten im Freiverkauf sollen um 20%, die Abonnements um durchschnittlich 14% teurer werden, was nicht gerade ein Pappenstil ist (Befürworter der neuen Preise werden natürlich einwenden, dass die billigsten Tageskarten kaum teurer als Kinokarten sind). Die soziale Differenzierung zeigt sich dagegen an einigen Stellen des differenzierten Preisgefüges, indem etwa manche Karten für 14- bis 16-Jährige billiger werden sollen.
Wie sich das alles langfristig auf die Arbeit, die Akzeptanz und die Kasse des Theaters auswirken wird, bleibt abzuwarten. Im Sommer 2025 jedenfalls gibt es auf dem Münsterplatz „Die Dreigroschenoper“ von Brecht/Hauptmann/Weill. Auch das hat hohen Symbolcharakter, denn dieses 1928 uraufgeführte Werk hatte ein genau 200 Jahre altes Vorbild: „The Beggar’s Opera“ von Gay/Pepusch … eine Rolle also, die die Kulturszene mittlerweile nur zu gut kennt.
Quelle: Sitzungsvorlagen 2024-0240 und 2024-0169 für den Kulturausschuss.
Text: Harald Borges, Bild: Ilja Mess
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