Eine blaue, aber in Wahrheit eher tiefbraune Welle schwappt über das ganze Land und spült auch ehemalige Demokraten in die rechtsradikale Ecke. Mittlerweile ist dort nach einer langen Reise auch der Litzelstetter Journalist Dennis Riehle angekommen. Eine erstaunliche Wandlung.
Ältere unserer Leser*innen werden sich erinnern: Über mehrere Jahre hinweg verfasste Riehle für seemoz fundierte und gut geschriebene Texte, die sich meist mit sozialpolitischen und kirchenkritischen Themen beschäftigten. Außerdem war er ehrenamtlich für diverse Selbsthilfeverbände aktiv, unter anderem betreute er längere Zeit die Sozial- und Pflegesprechstunde der Litzelstetter Nachbarschaftshilfe e.V.
Zusätzlich zertifizierte er sich im Bereich der Gesundheitsförderung und des Sozialrechts und engagierte sich auch mit Elan in der Flüchtlingsberatung. Mit seiner Homosexualität ging er offen um, ebenso mit seinen gesundheitlichen Problemen, die ihn immer wieder zu beruflichen Auszeiten zwangen.
Ein Kämpfer gegen rechte Umtriebe
In seinen vielen Berichten bei seemoz äußerte er fast schon euphorisch seine Sympathie für fortschrittliche, grüne sowie linke Bewegungen und warnte ausdrücklich vor „Rechtsradikalen, die auf Deutschlands Straßen Angst und Schrecken verbreiten“. Vor allem mit der AfD ging er hart ins Gericht. Diese liefere „keine Konzepte“, nur eine linke Opposition könne dafür sorgen, „dass die AfD mit ihren nichtssagenden Anschuldigungen an Flüchtlinge in diesem Land kein Oberwasser gewinnt“.
Um das zu verhindern, so Riehle, müsse sich „links der Mitte ein Bündnis der Objektiven sammeln“. Mehrmals rief er wortgewaltig dazu auf, gegen den „rechtsradikalen Mob“ anzutreten und zu versuchen, „Deutschland ein linkes Gesicht zu geben“. In der Flüchtlingsfrage plädierte er mit Nachdruck für „offene Grenzen“, denn diesbezüglich sei noch „Luft nach oben“.
Bis Ende 2021 war Riehle Mitglied bei der Partei die Linke, weil sie seiner Meinung nach eine soziale und gerechte Politik verfolge, mit der er sich voll und ganz identifizieren könne. Doch dann machte sich bei ihm allmählich ein langsam schleichender und radikaler Gesinnungswandel breit, den frühere Bekannte bis heute nicht nachvollziehen können. Viele fragen sich: Was ist nur mit dem Mann passiert?
Propaganda für völkischen Nationalismus
Denn seit Anfang 2024 betreibt Dennis Riehle einen Blog, den er täglich mit mehreren Beiträgen bestückt. Auch auf X (früher Twitter) ist er präsent und verbreitet seine extremen Ergüsse. Aus dem früheren Verfechter einer wehrhaften Demokratie ist ein begeisterter Trommler für das rechtsradikale Lager geworden. Man reibt sich verwundert und auch entsetzt die Augen, was Riehle auf seinen Seiten absondert.
Im völligen Gegensatz zu seinen früheren Auffassungen, fühlt er sich neuerdings der AfD verbunden und schreibt: „Jetzt erst recht Alternative für Deutschland. Und v. a. ein klares Bekenntnis zur Heimat, zur Identität, zum Volk, zu Schwarz-Rot-Gold. Ich finde beim Lesen der Grundsätze kein einziges Anzeichen für Ausländerfeindlichkeit, für Antisemitismus oder Ressentiments“. Derlei Vorwürfe bezeichnet Riehle als „grünsozialistische Verblendung“, aus der auch „Wokeness“ und „Genderismus“ entstanden seien – linkes Teufelszeug eben, um dem deutschen Volkskörper Schaden zuzufügen. „Ich bin ein schwuler Mann“, schrieb er unlängst, aber „ich benötige keine Regenbogenflagge, sondern mir genügt die Deutschlandflagge vollkommen“. Wäre Ernst Röhm noch unter den Lebenden, hätte er wohl begeistert geklatscht.
Für Proteste gegen die rechten Umtriebe hat Riehle grundsätzlich nichts mehr übrig. Er pöbelt und schäumt hemmungslos: „Wo Omas gegen rechts antrommeln, ansingen und anstricken, während gleichzeitig der nächste Messerattentäter eine Blutspur durch unsere Fußgängerzonen zieht, ist das Höchstmaß an Schizophrenie erreicht“. Umweltaktivist*innen sind für Riehle „Klimafanatiker“ und die „Leitmedien“ stünden logischerweise unter der Fuchtel eines „grünen Kartells“, dem er neuerdings sogar die CDU zurechnet.
Festung Europa
Und was ist aus dem früheren „Integrations- und Flüchtlingsberater“ Riehle geworden? Auch da wird man auf seinen Seiten schnell fündig. Sein Engagement bezeichnet er als „überdrüssig“, hält „Remigration“ für „völlig zulässig“ und plädiert vehement dafür, Europa „zu einer Festung“ zu machen. Das aber funktioniere nur, „wenn sich darum die Parteien rechts der CDU bemühen“.
So wundert es auch nicht, dass Riehle sich stark macht für den rechtsradikalen Martin Sellner, der kürzlich an der Grenze von der Kreuzlinger Kantonspolizei festgenommen wurde. Damit, meint Riehle, habe man einem „unbewaffneten Referenten, Influencer und Autoren die europäische Freizügigkeit“ genommen, „während vielleicht ein paar hundert Meter weiter der messerbewaffnete Islamist unbehelligt das Territorium betritt“. Das mag Riehle nicht verstehen, denn Sellner kämpfe „unermüdlich für den Erhalt des europäischen Volkes“.
Zurück nach Litzelstetten. Dort engagierte sich Riehle in seinem früheren Leben bei der Litzelstetter Nachbarschaftshilfe, einer Initiative, die verdienstvolle Arbeit leistet. Auf deren Seite wurde Riehle bis Mitte Oktober als verantwortlicher Redakteur ausgegeben, sein Name ist nun aber gestrichen. Denn auch in dem Konstanzer Vorort hat sich längst herumgesprochen, was ihr Mitbürger auf seiner Seite täglich von sich gibt.
Text: Holger Reile; Symbolbild: pixabay
Schreiben Sie einen Kommentar