Szenebild Nina-Mother-of-Punk

Punk – von der Wut zum Mut

Ein Kommentar

Szenebild Nina-Mother-of-Punk

Das Stadttheater Konstanz will dem Punk als Haltung und Lebensgefühl auf die Schliche kommen. „NINA – Mother of Punk“ ergründet mit viel Musik und dazu Texten die Seele des Punk und bringt sie auf die Bühne. Wulf und Isabell Twiehaus, dem Konstanzer Publikum bereits durch die musikalische Hommage an Johnny Cash bekannt, setzen den unverwechselbaren Sound weiblicher Punk-Musik in Szene.

Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre blühte auch in Konstanz der Punk. Nicht nur laut. Nicht nur aggressiv. Voller Hoffnung und Tatendrang – Gruß an Tatendurst – voller Fantasie und Kreativität. Punk, ein Ort für viele. Offen für alle. Politisch. Kritisch. Absage an Perfektionismus. Dafür idealistisch und auf der Suche nach der eigenen Identität. No Future? Wenn ihr uns unsere Zukunft versaut, machen wir uns selbst eine. Hört sich ganz schön aktuell an. 

Und die Mucke? Alles andere als 08/15, auch wenn sich die beste Konstanzer Punkband genau diesen Namen gab! Spielten denn auch in der Singener Scheffelhalle als Vorband der Girrrls von Hans-A-Plast. Hoi nach Kreuzlingen – ohne Nachbarstadt kein Abgas mit Sinnlos und Abschreck.

Jetzt will ein Team am Theater Konstanz dem Punk auf die Schliche kommen. Im Mittelpunkt bei „NINA – Mother of Punk – Ein Konzert“: ganz klar Musik von Nina Hagen. Isabell und Wulf Twiehaus haben schon 2014 mit „Johnny Cash – It takes one to know me“ und 2016 mit „I`m glad I found you“ zu Neil Young gezeigt, dass sie musikalische Seelen ergründen und auf die Bühne zaubern können. Damals fungierte jeweils Stefan Gansewig als musikalischer Leiter, der auch Ideengeber zum aktuellen Abend ist. 

Jetzt also gemeinsam mit Rudolf Hartmann das Konzert „NINA – Mother of Punk“. Eins vorneweg: Musikalisch ein ganz großer Wurf! Mit Ingo Biermann, Katrin Huke, Svea Kirschmeier und Anne Rohde vier gewaltige Stimmen und dazu die kongeniale Band aus Rudi Hartmann an den Tasten, Frank Denzinger (drums), Wolfgang Kehle (git) und Arpi Ketterl (bass).

Ein Lebensgefühl ohne Rollenbilder und Mainstream

Zum Start: Ein Proberaum, vier Punks. Es muss doch noch was anderes geben als den „Fünf-Tage-Wochen-Kampf“ auch in „einer kleinen Stadt“. Ja, gibt es! Laut sein! Mit und ohne Farbfilm „zerschlagen wir den Schlager während wir ihn singen“. Und dann ein wilder Ritt durch „Born in Xixas“, „Unbeschreiblich weiblich“, „Aufm Bahnhof Zoo“, „TV-Glotzer“, „Pank“, „Smack Jack“ oder „Return of the Mother“ und einiges mehr. 

Ganz viel Musik und dazu Texte, die den Punk ergründen. Punk: Wir befreien uns und werden endlich gehört. Punk ist mehr als eine Idee, ist eine Haltung, ein Lebensgefühl. Verweigert Rollenbilder und Mainstream. Schafft Integration und Identität. Macht Mut. Auch mal mit dem Wolf-Biermann-Song „Ermutigung“, gesungen von Katrin Huke, an der Gitarre Ingo Biermann, der wieder einmal auch als Gitarrist zu überzeugen weiß. Unbeschreiblich weiblich? „Ich bin Gottes wildes Kind und ich rede mit dem Wind“ und „hab‘ keine Lust, meine Pflicht zu erfüllen“. „War das nun schon mein Leben?“, „Du willst mich so wie alle sind“ und „wer bist’n du?“ Unbeschreiblich menschlich!

Ist Nina Punk? Darüber können Musikwissenschaftler:innen diskutieren. Immerhin war ihre Mucke in den Hochzeiten des Punks laut und schrill und weiblich. Wenn auch unbeschreiblich. 

Konzerte in Abbruchhäusern, in Café Chaos und Fischkult

Wulf und Rudi und ihr Team haben mit Nina nicht den Punk nach Konstanz gebracht (der war schon da), aber ein wahnwitzig rasantes Gedankenkarussell in Gang gesetzt. An Mut und Träume, an besetzte Häuser und Fanzines, an Hinterhofszenen und Konzerte in Abbruchhäusern, ans Café Chaos und den Fischkult. 

„NINA – Mother of Punk“, ein großartiges Konzert. Ein mitreißendes Konzert. Und danach endlich mal wieder die alten Scheiben auflegen. Nicht nur von Nina. Unbeschreiblich weibliches von Hans-A-Plast oder den Schweizerinnen Kleenex, die später als Liliput auf dem legendären Swiss Wave Album vertreten waren. Sowie X-Ray-Spex mit ihrem außergewöhnlichen Punk-Sound – ich sag nur: Saxophon. Nicht zu vergessen eine der Wegbereiterinnen: die wunderbare Patti Smith!

„NINA – Mother of Punk“: Tolles Bühnenbild, wandelbare Kostüme (beides von Katrin Hieronimus), großartige Lichteffekte, beeindruckende Video-Live-Szenen, ausgezeichneter Sound (Dank ans Bühnen, Ton- und Beleuchtungsteam) – alles was ein Konzert braucht!

Punk is Verzet (Widerstand) – bei Nina Hagen bin ich mir da nicht so sicher. Nichtsdestotrotz ein grandioser Konzertabend. Das Premierenpublikum am 21.2. im Stadttheater Konstanz war begeistert – Standing Ovations und drei Zugaben!

Text: daniB. / Foto: Ilja Mess, Theater Konstanz

Weitere Vorstellungen: 

1./4. März jeweils 20 Uhr, 5. März um 15 Uhr, 7. März um 19.30 Uhr, 8./12. März jeweils 20 Uhr, 14. März um 19.30 Uhr, 15./26./27./28. März jeweils 20 Uhr. Die Inszenierung enthält Stroboskoplicht und hat eine hohe Lautstärke. Gehörschutzstöpsel gibt’s an der Garderobe.

Ein Kommentar

  1. Stefan Tatendurst

    // am:

    ahoi! daniB.

    Fanx für „Punk – von der Wut zum Mut“.

    Aber 08/15, die beste Konstanzer Punkband ??? ;-)
    Erste vielleicht, aber danach gings doch erst richtig los…
    Todsicher, Intensiffstation, Der Hässliche D/New Born Babies (ahoi! Ari),
    Verbal Razor, Bürger Würger, Civil Victim und die genialen Pershing Boys,
    die uns seit 30 Jahren immer noch ihre 3 Akkorde um die Ohren hauen.
    Nicht zu vergessen, die Konstanzer NDW, ooh (s)Hitmaschine…
    usw.
    Ganz schön viel Musike für so ein „Dorf“, ha(tt)ben wohl alle keine Lust auf die:
    „Lachleut und Nettmenschen“ Mentalität hier.
    Da sollte doch mal einer ein Buch drüber schreiben.
    Und oh Wunder, welch Zufall, es ist geschehen.
    Gary Sinnlos (ABGAS) hat soeben das ABGAS – Fanzine-Fanzine veröffentlicht.
    Wild, dilettantisch, schräg und authentisch.
    Kauf es hier:
    https://www.ulpi.com

    Das ist keine Werbung, just support your local Punkrocker !

    Punk+Liebe Stefan Tatendurst OMOPR

    O(ld)M(an)O(n)(P)unk(R)ock

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert