Als ruchbar wurde, dass die Konstanzer Theaterintendantin Karin Becker ihren Vertrag auslaufen lassen wollte, rumorte es in der Stadt: Von ihrem Unmut über den radikalen Sparkurs der Verwaltung war ebenso die Rede wie von atmosphärischen Störungen zwischen ihr und Bürgermeister Andreas Osner. Das alles ist heute schon Schnee von gestern.
Karin Becker wurde von vielen Seiten bestürmt, Konstanz doch noch ein paar Jährchen länger treu zu bleiben, und so einhelliges Lob und allgemeines Umgarnen ist in dieser Szene nicht unbedingt die Regel. Auch nicht in Konstanz, wo Verwaltung und Presse stets große Kübel dampfenden Teers und Säcke voller Federn parat halten, um abtrünnige oder gar gefallene Engel entsprechend zu dekorieren, bevor man sie unter Hohngesängen, zielsicherem Nachtreten und selbstgefälligen „Wir-haben-es-doch-schon-immer-gewusst!“-Rufen aus der Stadt treibt.
Im Fall von Karin Becker aber setzte allgemeines Heulen und Zähneklappern ein, als sie ihren Rückzug verkündete. Viele gute Worte – und, so munkelt es, ein kleiner Zustupf – konnten sie schließlich doch noch umstimmen. In theateraffinen Kreisen machen Erleichterungsseufzer die Runde. Viele Bildungsbürger*innen freuen sich auch, dass der bisher höchst unergiebigen Suche nach einer neuen Philharmonie-Intendanz nicht auch noch ein zähes Ringen um die Nachfolge auf dem Chef*innensessel des Theaters folgt.
Und für einmal herrschen Ruhe und eitel Freude im lokalen Unkentümpel, der sich aber zum allgemeinen Ergötzen jederzeit beim geringsten Anlass wieder in ein Haifischbecken verwandeln kann.
Hier die Jubelmeldung des Theaters Konstanz in vollem Ornat:
Karin Becker hatte im vergangenen November angekündigt, ihren Vertrag am Theater Konstanz mit der Spielzeit 2024/25 auslaufen zu lassen. Nach guten und zukunftsorientierten Gesprächen mit Oberbürgermeister Uli Burchardt und Bürgermeister Andreas Osner hat Karin Becker entschieden, ihren Vertrag doch bis einschließlich der Spielzeit 2027/28 zu verlängern.
„Unser Theater hat einen hohen Stellenwert in der Stadt, es bereitet den Konstanzerinnen und Konstanzern Freude und sorgt für Denkanstöße, Impulse und Zündstoff. Ein echter Mehrwert für unser Miteinander! Karin Becker hat unser Theater in den vergangenen Jahren originell und umsichtig, aber auch mutig und entschlossen geführt und ich freue mich, dass sie sich jetzt entschieden hat, bei uns in Konstanz zu bleiben und weitere Jahre unsere großartige Kultur mitzugestalten“, so Oberbürgermeister Uli Burchardt.
„Auch ich freue mich sehr, dass Karin Becker ihre Arbeit und den eingeschlagenen Weg des Teams am Theater weiterführt. Die nun mehrjährige Verlängerung des Vertrages für unsere Intendantin ist dafür die Grundlage. Die Debatten über die Einsparungen in der Kultur sind abgeschlossen. Ich bin froh, mit Karin Becker und ihrem Team nun mit Blick in die Zukunft und auf unsere eigentlichen Aufgaben zusammenarbeiten zu können“, so Bürgermeister Andreas Osner.
Seit der Spielzeit 2020/21 leitet Karin Becker sehr erfolgreich das Theater Konstanz. Beim Start mit den einschneidenden Folgen der Pandemie konfrontiert, haben es sie und ihr Team dennoch vollbracht, das Theater in der Stadt und in der deutschsprachigen Theaterlandschaft zu profilieren. Für Karin Becker ist die Entscheidung, in Konstanz zu bleiben, ebenfalls ein Zeichen der Stabilität und Kontinuität für das Haus. „Ich merke, wie viel Vertrauen mir entgegengebracht wird und bin zutiefst beeindruckt über die zahlreichen Reaktionen von Seiten des Publikums und der Mitarbeitenden in den vergangenen Monaten. Mit unterschiedlichen Netzwerken und Kooperationen, unserem starken und spielfreudigen Ensemble und einem vielseitigen Spielplan ist das Theater fester Bestandteil des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens von Konstanz und der Region. Wir haben viele Ideen für die Zukunft und ich freue mich, daran jetzt weiterarbeiten zu können.“
Am 29. Februar 2024 hat auch der Konstanzer Gemeinderat einer Vertragsverlängerung zugestimmt.
Text: MM/red.
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