Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg hat angekündigt, die Öffnungszeiten ihrer ambulanten Notfallpraxis in Singen ab sofort einzuschränken. „Damit trägt die Ärzte-Organisation einen Sozialrechtsstreit auf dem Rücken der unbeteiligten Patientinnen und Patienten aus,“ kritisiert der Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz die überraschende Mitteilung.
Der Singener Abgeordnete kommentiert die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung so:
„Die Kassenärztliche Vereinigung hat die gesetzliche Aufgabe, die ambulante medizinische Versorgung sicherzustellen. Dafür zahlen alle Versicherten den Ärzten sehr viel Geld über ihre Krankenkassenbeiträge,“ sagt Storz. Zu diesem sogenannten Sicherstellungsauftrag gehöre auch eine Notfallversorgung zu Zeiten, in denen die niedergelassenen Ärzte ihre Praxen geschlossen haben. Mit ihrer überraschenden Mitteilung einer Leistungseinschränkung verstoße die Ärzte-Körperschaft, der alle niedergelassenen Kassenärzte zwangsweise angehören, gegen ihre gesetzlichen Pflichten. „Dagegen muss Sozialminister Manne Lucha, der die Rechtsaufsicht über die Kassenärztliche Vereinigung ausübt, unverzüglich etwas tun,“ forderte Storz die Landesregierung zum Handeln auf.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein Rechtsstreit zwischen einem in der ambulanten Notfallversorgung tätigen Zahnarzt und der Deutschen Rentenversicherung über die Frage, ob für die ärztliche Tätigkeit in einer Notfallpraxis Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden müssen. Dies habe das Bundesozialgericht in Kassel jetzt entschieden.
Weil die zahnärztliche und ärztliche ambulante Notfallversorgung ähnlich organisiert werden, hat die Kassenärztliche Vereinigung nach eigenen Worten eine „Notbremse“ gezogen und insgesamt acht Notfallkliniken vorläufig ganz geschlossen. An sechs weiteren Standorten, darunter Singen, werde das Angebot wochentags ganz oder teilweise eingestellt, schrieb die Körperschaft an die Bundes- und Landtagsabgeordneten der Region. Für Storz ist diese Wortwahl „zynisch“. Er kritisiert außerdem, dass die Ärzte-Körperschaft die Patientinnen und Patienten lange im Unklaren ließ, wie stark das Angebot an den einzelnen Standorten eingeschränkt wird.
Text: MM/red, Bild: Carmen Haberland
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