Wir haben uns daran gewöhnt: Seit Mai 2007 erscheinen in diesem Online-Magazin von Montag bis Freitag täglich zwei, drei, manchmal auch mehr Artikel, Hintergrundberichte, Kommentare, Pressemitteilungen, Interviews zu lokalen, regionalen, mitunter auch internationalen Themen. Aber bleibt das auch so?
Beginnen wir mit einer kurzen Bestandsaufnahme. Dass seemoz.de bisher regelmäßig erscheinen konnte, ist einer überschaubar kleinen Gruppe vorwiegend ehrenamtlich aktiver Journalist:innen und Unterstützer:innen zu verdanken, die recherchieren, schreiben, redigieren, Fakten prüfen und die Beiträge ins Netz stellen. Unterstützt werden sie dabei seit einigen Jahren von den rund sechzig Mitgliedern des gemeinnützigen Vereins seemoz e.v., der das Magazin herausgibt und politische Bildungsveranstaltungen organisiert.
Anders als beispielsweise das lokale Online-Magazin Karla, das vorübergehend den Betrieb einstellte, nachdem es innerhalb eines Jahres zweihunderttausend Euro verbraten hatte, wird das Projekt seemoz von Spenden und den Werbeeinkünften solidarischer Unternehmen finanziert, die jedoch in der Summe selten 20.000 Euro im Jahr übersteigen.
Mit diesem Geld begleicht seemoz die Kosten für den technischen Betrieb (Servergebühren, Wartungsarbeiten und ähnliches), minimale Aufwandsentschädigungen für die beiden Redakteure, die Bearbeitung des Veranstaltungskalenders – und mitunter kleine Honorare bei aufwändigen Recherchen. Mehr war und mehr ist nicht drin.
Rückzug der grauen Panther
Das ging lange gut. Und könnte so weitergehen. Schließlich stand bisher stets das politisch-aufklärerische Engagement im Zentrum des Projekts: Darüber zu informieren, was abgeht in der Region. Wer wen ausbeutet oder mit schönen Worten in die Irre führt, wo die Mächtigen sitzen und was sie tun, wie wir in der Klassengesellschaft eine soziale und angesichts des Klimawandels eine ökologische Transformation der Gesellschaft angehen können, was denkbar und was möglich ist …
Doch es geht so nicht weiter. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Beispielsweise den biologischen Faktor: Die ohnehin schon kleine Zahl der Aktiven altert. Manche Leser:innen werden sich vielleicht noch an die beiden seemoz-Redakteure Hans-Peter Koch und Jürgen Geiger erinnern. Beide, der eine Mitbegründer von seemoz, der andere jahrelang unverzichtbar, starben viel zu früh und mitten in der Arbeit. Das aber – Schuften bis zum letzten Schnauf – wollen sich die beiden jetzigen Redakteure, Holger Reile (seit 2007 presserechtlich verantwortlich) und Harald Borges, nicht antun. Und denken, inzwischen leicht angegraut, ans Aufhören.
Hintergründiges in einer schnelllebigen Zeit
Ein weiterer Grund für ein mögliches Ende von seemoz könnte das zunehmende gesellschaftliche Desinteresse an differenzierter, ausführlicher und faktenbasierter Berichterstattung sein. Wer liest in unserer von Social-Media-Posts geprägten, krisengeschüttelten, schnelllebigen Zeit noch hintergründige Berichte? Und vor allem: Wer setzt sich aus purem Engagement noch hin, recherchiert und schreibt und gestaltet stunden- und tagelang Beiträge für ein überschaubares Publikum – wenn knackige Sprüche und Sekundenvideos viel mehr Leute erreichen können?
Kommt also die engagierte, kritische (und aufwändige) lokale Medienarbeit – die in Konstanz mit den Neuen Seeblättern in den 1970er und dem Nebelhorn in den 1980er Jahren begann – an ein Ende?
Und das, obwohl es am westlichen Bodensee mittlerweile so viele basisnahe Initiativen, Bündnisse und Gruppierungen gibt wie nie zuvor? Obwohl es auch vor Ort überall rumort, sich immer mehr Menschen für eine bessere, sozialere, humanere, nachhaltigere Zukunft einsetzen? Und ständig irgendwo Aktionen, Veranstaltungen und Treffen stattfinden, über die das lokale Monopolblatt nur selten berichtet?
Wollen wir also wirklich auf eine Berichterstattung darüber, was abgeht und so viele bewegt, verzichten? Dem zutiefst konservativen Südkurier und Konzernen wie denen von Elon Musk („X“) oder Mark Zuckerberg („Facebook“, „Instagram“) das Feld überlassen?
Noch sind wir nicht so weit. Noch glauben wir, dass es Leute gibt, die sich für einen unabhängigen Lokaljournalismus einsetzen wollen, der mehr bietet als nur billiges Blabla. Aber nicht wissen wie.
Und deswegen hier unser Aufruf:
Wer auch immer zur Berichterstattung von seemoz beitragen möchte (Informationen liefern, Texte schreiben, Videos aufnehmen und bearbeiten, Beiträge korrekturlesen oder redigieren, redaktionelle Verantwortung übernehmen, und so weiter): Wir suchen dringend Mitstreiter:innen! Um mit ihnen das Projekt auf neue Beine zu stellen.
Dafür bieten wir nicht viel Geld (das Budget ist, siehe oben, begrenzt), aber viele Einblicke, redaktionellen Erfahrungsaustausch, kollektives Lernen, Einführungen mit Workshops. Interessiert?
Über Mails an Ralph.Braun[at]seemoz.de würden wir uns freuen.
Text: Vorstand des Vereins seemoz e.v.
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