Sie sind schon lange auch im Südwesten unterwegs – die faschistischen Rechten von der AfD, der Identitären Bewegung und anderer Organisationen. Das zeigen Umfrageergebnisse. Während etwa die AfD bei der Landtagswahl 2021 mit 9,7 Prozent viele Stimmen eingebüsst hatte, konnte sie seither laut Umfragen den Zuspruch auf 18 Prozent fast verdoppeln. Also tut Handeln not.
Es ist was im Gange, bundesweit, aber auch hier. Nach den ersten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus bilden sich vielerorts Gruppen, die den Widerstand gegen die AfD und andere Remigrationsbefürworter:innen organisieren. So bereitet sich in Konstanz das breite Bündnis „Konstanz für Demokratie – Klare Kante gegen rechts in Stadt und Landkreis“ intensiv auf den Wahlkampf vor. Und auch in Singen gibt es diese Woche ein Vernetzungstreffen all jener, die die rechten Umtriebe nicht länger einfach hinnehmen wollen.
Dazu lädt der Verein Integration in Singen (inSi), der die Singener Kundgebung am 27. Januar organisiert hatte, am Freitag, 23. Februar, in den Bürgersaal (Rathaus Singen) ein. Beginn des Treffens, auf dem die nächsten Aktionen und Veranstaltungen geplant werden sollen: 16:30 Uhr. „Solidarität entsteht nicht ohne ein Handeln zugunsten anderer“, schreibt dazu der inSi-Vorsitzende Bernhard Grunewald, „und die Vielfalt von Kulturen bereichert unsere Stadtgesellschaft seit Jahren.“
Wo die Rechtsextremen agitieren
Gegen wen aber schließen sich die engagierten Demokrat:innen zusammen? Wo tummeln sich die völkischen Kräfte? Schließlich findet der Rechtsruck seit Jahren auch in Baden-Württemberg statt.
Darüber informiert der freie Journalist, Publizist und Rechercheur Lucius Teidelbaum unter dem Titel „Rechte Szene(n) im Südwesten – mit Beispielen aus Konstanz“. Der Referent beschäftigt sich seit Langem mit den Rechtsextremen und den sie umgebenden Grauzonen. In seinem Vortrag bietet er einen Überblick über die relevanten Gruppen der extremen Rechten in Baden-Württemberg, ihre Ideologie und ihre Gefahren, gerade auch im Hinblick auf junge Menschen. Es geht unter anderem um die klassische Neonazi-Subkultur, die Neue Rechte, Ultranationalismus mit Migrationshintergrund und die christliche Rechte.
Von Teidelbaum ist zuletzt im Unrast-Verlag die Studie „Vom Querdenken zur Querfront? Corona-Proteste von rechts“ (2023) erschienen. Zuvor hat er im selben Verlag unter anderem Schriften über die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands („Pegida – die neue deutschnationale Welle auf der Straße“), die christliche Rechte sowie das Militär („Braunzone Bundeswehr – Rechtsum in der Männertruppe“) veröffentlicht.
Zur Veranstaltung laden ein die VHS Konstanz, der Gesamtelternbeirat Konstanz und das Fritz-Erler-Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung. Donnerstag, 22. Februar, 19:30 Uhr im Astoria-Saal, Katzgasse 7, Konstanz. Der Eintritt ist frei.
Anti-AfD-Demo in Rottweil
Wer nach diesem Vortrag Lust auf konkretes Handeln verspürt, hat am übernächsten Tag eine gute Gelegenheit dazu. Denn für Samstag, 24. Februar, bittet ein breites „Bündnis für Demokratie und Vielfalt“ in Rottweil um Mithilfe. Den dort soll am kommenden Wochenende der Landesparteitag der AfD stattfinden. Dem Aufruf zur Kundgebung haben sich mittlerweile Parteien, Verbände, Vereine und Gruppierungen aus Rottweil und der Region angeschlossen. Ihr Motto: „Rottweil bleibt bunt und vielfältig“.
Bisher geplant sind eine Kundgebung am Samstagvormittag vor dem Tagungsort der AfD. Sie beginnt am Samstagmorgen um 9.30 Uhr auf dem Festplatz neben der Stadthalle in Rottweil und dauert bis 12 Uhr. Später, ab 16 Uhr, zeigt die Rottweiler Bürger:innenschaft mit unterschiedlichen kulturellen Aktionen an verschiedenen Orten, wie bunt und vielfältig und lebendig sie ist. „Rassismus, Ausgrenzung und Hetze sollen bei uns keinen Platz bekommen, das wollen wir klar zum Ausdruck bringen“, sagen die Organisator:innen. Das bunte Kulturfest soll am Sonntag ab 11 Uhr fortgesetzt werden.
Eine Gefahr für uns alle
Wer dann noch genauer wissen will, was in der AfD steckt und wohin sie sich entwickelt, kann am Donnerstag, 29. Februar, in der VHS Konstanz die Ausführungen eines Experten hören. Hendrik Cremer referiert dort über eine Entwicklung, die angesichts der deutschen Geschichte lange Zeit nicht für möglich gehalten wurde: die wachsende Zustimmung zu einer Partei, die verharmlosend „rechtspopulistisch“ genannt wird und vor Gewalt nicht zurückschreckt.
„Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen: Wie gefährlich die AfD wirklich ist“, heißt sein neues Buch, erschienen am 1. Februar 2024 im Berlin Verlag. Cremer ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen, arbeitet beim Deutschen Institut für Menschenrechte und recherchiert zu Rassismus und Rechtsextremismus.
Die Vortragsveranstaltung mit dem Titel „Deutschland rechts außen – eine Gefahr für uns alle“ wurde von der VHS Konstanz und dem Konstanzer Bündnis „Klare Kante gegen gegen die AfD“ organisiert. Beginn 19:30 Uhr im Astoria-Saal, Katzgasse 7, Konstanz. Der Eintritt ist frei.
Text: MM/Pit Wuhrer / Bilder: Plakat auf der Radolfzeller Kundgebung gegen rechts am 31. Januar (Pit Wuhrer); Screenshot Website Unrast-Verlag; Foto Hendrick Cremer (Veröffentlichung genehmigt: Piper-Verlag)
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