Podiumsdiskussion Südkurier Podium Links 14.12.23 (c)ralphbraun

Mit dem Südkurier gegen die Klimakrise

Ein Kommentar

Podiumsdiskussion Südkurier Podium Links 14.12.23 (c)ralphbraun

Zum Stadtgespräch über den Konstanzer Klimaschutz lud der Südkurier seine Abonnent:innen und in letzter Minute auch andere Interessierte ins Stadttheater ein. Etwa 150 Gäste durften am vergangenen Dienstag zunächst einer vom Chef der Lokalredaktion Jörg-Peter Rau moderierten Talkshow lauschen. Und dann selbst was sagen.

Das Konzept des neuen Formats erinnert an die Leitidee des inzwischen eingestellten Karla-Magazins, nämlich Community Building. Diese Technik zielt mit Appellen an den Gemeinsinn auch darauf ab, starke und dauerhafte Beziehungen zwischen Kund:innen und Unternehmen aufzubauen. So versprach der Südkurier auf einer an die Gäste verteilten Postkarte: „Wir sind einer von euch“, und Banner appellierten: „Hier diskutiert die Stadt. Macht mit!“

Vier Experten und eine Expertin

Auf dem Podium diskutierten Claudius Marx, Jurist und langjähriger Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, und Gordon Appel, der nach seinem Engagement im Verein Ingenieure ohne Grenzen und in der Energiekonzeption für den Stadtteil Hafner zum Chef des Geschäftsbereichs Energiedienstleistungen der Stadtwerke Konstanz befördert wurde.

Mit dabei war zudem Maike Sippel, Professorin an der HTWG mit Fachgebiet Nachhaltige Ökonomie, hier spezialisiert auf – so ihre Projektbeschreibungen im Internet – „telling regional stories of successful climate action“, nämlich „it is people like you and me who are starting to take action“. Also aufs „Erzählen regionaler Geschichten über erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen, umgesetzt von Menschen, die wie du und ich aktiv werden“. Ein Ansatz also, der sich zumindest fragen lassen muss, ob er die Verantwortung für die Klimawende nicht allzu sehr in den Bereich des persönlichen Verhaltens verschiebt.

Weiter auf dem Podium saßen Niklas Becker von Fridays for Future, einst Stipendiat der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung und aktuell Unistudent und männlicher Spitzenkandidat der FGL für die kommende Gemeinderatswahl. Und schließlich Philipp Baumgartner. Er ist seit einem halben Jahr Chef des städtischen Klimaschutzamts und war zuvor als Regionaldirektor Südliches Afrika für Entwicklungsprojekte einer UN-Unterorganisation verantwortlich.

Wohin mit den Autos?

Große Kontroversen waren bei dieser Besetzung nicht zu erwarten. So war sich das Podium etwa im Ziel einer autofreien Innenstadt einig, die gleichermaßen dem Klimaschutz wie der Lebens- und Aufenthaltsqualität zugute komme. Für Claudius Marx braucht’s deshalb rund um die Altstadt Parkhäuser, speziell und nun endlich auch auf dem Döbele. Niklas Becker hingegen plädierte dafür, die Auswärtigen sollten nicht nur auf den letzten paar Metern, sondern komplett auf die Autofahrt verzichten und stattdessen mit Bus und Bahn anreisen. Wozu es außer Überzeugungsarbeit allerdings auch ein entsprechendes Angebot öffentlicher Verkehrsmittel braucht, das ja in Konstanz gerade reduziert wurde und auf der Schiene immer unzuverlässiger wird.

Podiumsdiskussion Südkurier (c) RalphBraun
Die Südkurier-Runde: Claudius Marx, Gordon Appel, Jörg-Peter Rau, Maike Sippel, Niklas Becker, Philipp Baumgartner (von links)

Neuigkeiten gab es nur am Rande. Gordon Appel schätzte die Kosten für die von den Stadtwerken geplanten Wärmenetze auf insgesamt 550 Millionen Euro. Man darf vermuten, dass es dabei nicht bleiben wird. Von Philipp Baumgartner erfuhr das Publikum, warum es in Konstanz auch zukünftig keine Tiefengeothermie geben wird: Die Gefahr sei zu groß, dabei artesisches, also unter Druck stehendes Grundwasser anzubohren, das sich wohl unter weiten Teilen der Stadt befindet.

Das Bürgertum kommt zu Wort

Nach der Diskussionsrunde auf der Bühne war dann das Publikum dran. Zu Wort meldeten sich vorwiegend Gewerbetreibende, Hausbesitzer:innen und Akteur:innen von Vereinen, also das Konstanzer Bürgertum und gewiss kein repräsentativer Querschnitt der Einwohnerschaft.

Aufhorchen ließ gleich der erste Beitrag. Michael Simon, Gründer und Chef von Sunny Solartechnik, wandte sich direkt an den Veranstalter Südkurier. Das Medienhaus, mit seiner Druckerei einer der größten Stromverbraucher der Stadt, müsse selbst mehr für die Energiewende tun. Nämlich eine Solaranlage auf seinen Dächern installieren und zudem positiver über dem Klimaschutz dienliche Pläne und Maßnahmen berichten.Dazu passend ein Bonmot von Claudius Marx: Wenn nur jeder vor seiner Tür kehren würde, wäre die Welt auch sauber. Es blieb offen, ob eine weltweite Kehrwoche nicht auch verlässliche Rahmenbedingungen bräuchte, wie sie Marx fürs Wohlergehen der Unternehmen von der Politik einforderte.

Konschtanz bleibt optimistisch

Wie schon zu Anfang der Veranstaltung durften die Besucher:innen auch zum Abschluss ihre Meinung per Abstimmung kundtun. Bei der Eingangsfrage, wer denn persönlich vom Klimawandel betroffen sei, hob etwa die Hälfte der Anwesenden ihr Stimmkärtchen. Die andere Hälfte, also die gefühlt Nicht-Betroffenen, gehen vermutlich nie in den Wald, haben keinen Gemüsegarten oder erfahren das Wetter nur noch per App.

Am Schluss durften sich die Anwesenden mit überwältigender Mehrheit gegenseitig versichern, dass Konstanz auch in Zukunft eine lebenswerte Stadt sein wird – komme, was da wolle. Geht so gesellschaftlicher Dialog, wie ihn Gordon Appels Schlusswort als wichtiges Element unserer Demokratie beschwor? Oder war der Abend nicht eher ein Versuch, mittels gefühlsmäßiger Vergemeinschaftung den Klimaschutz und auch ein bisschen den Südkurier voranzubringen?

Text und Fotos: Ralph-Raymond Braun

Ein Kommentar

  1. Wolfgang Daub

    // am:

    Das Südkurier-Forum scheint ja ähnlich „erfolgreich“ gewesen zu sein, wie die letzte COP!?

    Wer ist diesbezüglich eigentlich auf die drollige Idee gekommen, 100.000 Menschen an einen unwirtlichen Ort zu fliegen, und zu glauben, dabei käme irgendetwas Sinnvolles raus!?

    Die COP ist wohl eine Erfindung der Tourismus- & Luftfahrtbranche, so eine Art „Mekka für selbsternannte Gut-Menschen“?

    Tatsache ist doch: für das Weltklima sind primär drei Männer verantwortlich!

    Der alte weis(s)e Mann in Washington, der Hindu-Nationalist in Indien und der nationalkommunistische Diktator in Peking!

    Warum also nicht weltweiter Druck auf die „Drei von der fossilen Krankstelle“?

    Wenn sich die schmutzigen 3 nicht in die richtige Richtung bewegen, wird die Welt komplett an die Wand gefahren, egal was wir hierzulande tun!

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