Bus, Hotel Halm, 28.06.2020 © Harald Borges

Mehr Nachtschwärmer

2 Kommentare

Bus, hotel halm 28.06.2020 © harald borges

Mit einem offenen Brief wenden sich die Studierendenvertreter*innen von HTWG und Universität mit einer Bitte an die lokalen Entscheidungsträger*innen. Sie wünschen sich ein dichteres und billigeres Netz von Nachtschwärmer-Bussen.

Hier das Schreiben:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Burchardt,
Sehr geehrter Herr Reuter,
Sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderats,
Sehr geehrte Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher,
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der Stadtwerke,

Zunächst einmal möchten wir die Gelegenheit nutzen, uns im Namen der Studierenden beim Gemeinderat zu bedanken. Mit Spannung haben wir den jüngsten Beschluss zur Lockerung der Sperrstundenregelung erwartet. Erfreut konnten wir zur Kenntnis nehmen, dass sich immerhin bezüglich der rechtsrheinischen Gastronomie eine Mehrheit für eine Anpassung an die landesweit geltenden Regelungen finden ließ. Um diese neugewonnene Freiheit nun auch allen Konstanzer Bürgerinnen und Bürgern zugänglich machen zu können, wollen wir mit diesem Schreiben noch ein paar weitere Maßnahmen anstoßen.

Sobald um kurz nach eins der letzte Bus der Linie 4/13 den Zähringerplatz verlässt, ist das städtische Nachtleben weitgehend auf den Fuß- und Radverkehr beschränkt. Vom öffentlichen Nahverkehr bleiben zu dieser Uhrzeit nur die beiden vereinzelt fahrenden Nachtschwärmerbusse, deren Benutzung – auch bei Besitz einer Abokarte wie des Studitickets – nur gegen einen Aufpreis von 4 Euro (bzw. 3,50 Euro mit Ermäßigung) möglich ist.

Für viele Anwohnerinnen und Anwohner der zentraleren Stadtteile ist der nächtliche Heimweg zu Fuß oder mit dem Rad problemlos zu bewältigen. Anders ist das für alle, die aus unterschiedlichen Gründen nicht gut zu Fuß sind oder weiter auswärts wohnen. Bereits für diejenigen, die Wollmatingen oder Allmannsdorf ihr Zuhause nennen, wird es schwierig. Ganz zu schweigen von den äußeren Teilorten. Der Weg nach Litzelstetten beispielsweise führt entweder durch den Wald oder umständlich über die Mainau. Beide Wege sind gar nicht oder nur spärlich beleuchtet, und an ein Gefühl von Sicherheit kann hier auf dem nächtlichen Heimweg kaum gedacht werden.

Besonders die Anwohnerinnen und Anwohner dieser äußeren Teilorte leiden demnach unter der schlechten Nahverkehrsanbindung. In der Folge sparen sich viele das nächtliche Konzert im Kulturladen, fahren mit dem Auto zur Weihnachtsfeier oder verlassen die Bar früher als Freunde oder Kolleginnen.

Gerade für uns Studierende ist die Teilhabe am Kultur- und Nachtleben auch etwas, das die Studienzeit hier in Konstanz besonders und lebenswert macht. Wir tragen bereits heute über den Semesterbeitrag solidarisch zur Finanzierung des städtischen Busverkehrs bei. Die meisten von uns nutzen Abo-Angebote wie das Semesterticket oder das Jugendticket BW (inzwischen umbenannt in D‗Ticket.Jugend.BW). Umso unverständlicher ist für viele von uns, wie wenig ausgebaut der Nachtbusverkehr in Konstanz ist und dass der Nachtschwärmer denen vorbehalten ist, die sich den Extrabeitrag für das Ticket leisten können.

Die Teilhabe am Nachtleben bleibt damit denjenigen vorbehalten, die in der Stadt wohnen und gut zu Fuß sind oder sich den Nachtschwärmer leisten können. Dieser Zwei-Klassen-Zugang ist einer kulturell lebendigen Stadt wie Konstanz unwürdig.

Wir fordern daher die Aufnahme der Nachtbuslinien in die allgemeine Tarifstruktur sowie einen Ausbau des nächtlichen Busbetriebes in Anpassung an das nächtliche Kulturangebot.

Gezeichnet
Verfasste Studierendenschaft der HTWG Konstanz
Verfasste Studierendenschaft der Universität Konstanz

Text: MM, Symbolbild: Harald Borges

2 Kommentare

  1. Dr. Peter Krause

    // am:

    Es ist keine neue Erkenntnis: Das Angebot des ÖPNV in Konstanz ist suboptimal. Nicht nur ist es im Vergleich zu anderen Städten sehr teuer, sondern die Tatsache, dass der Fahrplan in den Abendstunden und in den Semesterferien sehr ausgedünnt ist, führt zu Unbehagen. So ist es doch befremdlich, dass man z.B. nach einem Theaterbesuch nur noch schwer mit dem Bus heimwärts fahren kann. Ist nicht weiter schlimm für das „kulturelle Oberzentrum“, das Konstanz so gerne sein will.
    Auch die Reduzierung der Verbindungen in Richtung Universität während der Semesterferien ist sehr bedauerlich. Arbeiten doch in dieser Einrichtung auch in den sogenannten Semesterferien sehr, sehr viele Menschen, die auf den Transport zu ihrem Arbeitsplatz angewiesen sind.
    Macht ja nix, ist doch die Universität nur einer der größten Arbeitgeber in dieser Stadt.
    Den Studenten, die sich darüber beklagen, dass sie nach dem nächtlichen Besuch in einer „Bar“ nicht mehr in die angrenzenden und umliegenden Dörfer und Vororte kommen, möchte ich den Rat geben: Wenn Ihnen das Nachtleben so wichtig ist, sollte evtl. ein anderer Studienort in Betracht gezogen werden. Auf Änderungen hier Vorort zu hoffen, erscheint mir eine wenig erfolgsversprechende Option.
    Nichts für ungut, aber so sieht’s wohl aus….

  2. Walter Faber

    // am:

    Diese Gesellschaft würde enorm profitieren, wenn diese Anspruchshaltung nicht so verbreitet wäre, oder um es mit den Worten von John F. Kennedy zu sagen: „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“
    Seid dankbar, dass Ihr hier studieren könnt, leistet erst einmal etwas, bevor Ihr Ansprüche stellt und ruht euch nicht auf dem aus, was die Generationen vor euch erschaffen haben.

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