Neujahrskonzerte haben mittlerweile – ausgehend von Wien – weltweit eine populäre Tradition mit einem speziellen Repertoire herausgebildet: vor allem Strauss-Walzer dürfen nicht fehlen, und auch der Rest des Programms ist eher zum Mitsummen und -schunkeln als zum Mitdenken und Einfühlen gedacht. Aus diesem Anlass gibt sich die Südwestdeutsche Philharmonie an mehreren Orten der Region die Ehre.
Hier die Einladung des Veranstalters:
Die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz lädt zum traditionellen Neujahrskonzert in die Stadthalle Singen – diesmal unter dem Motto „Tanz“. Das Konzert unter der Leitung des Chefdirigenten Gabriel Venzago findet am Samstag, den 13. Januar um 20 Uhr in der Stadthalle Singen statt.
Durch das schwungvolle Programm führt Venzago selbst. Gespielt werden u.a. Werke von Strauß, Liszt, Anderson, Lehár und Offenbach. Ganz ohne Wien geht es nicht, aber darüber hinaus bietet die Welt noch vieles mehr … Hier wird sich gedreht zum Kaiser-Walzer, zur Tik-Tak-Polka übers Parkett gehüpft. Schwungvoll und unbekümmert geht es zu beim „Sandpaper Ballet“, verträumt klingt der „Valse Triste“. Und wenn das Konzert mit der fulminanten Ouvertüre aus „Orphée aux enfers“ endet, weiß man: 2024 kann nur gut werden!
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Allerdings lohnt sich ein Blick in die spannende Geschichte der Mutter aller Neujahrskonzerte in Wien, denn die ist typisch wechselhaft.
Das erste dieser Konzerte fand 1939 statt und sollte Kraft durch Freude bringen. Es war allerdings noch ein Silvesterkonzert, dem ein Jahr und einen Tag später das erste Neujahrskonzert folgte. Seitens der Wiener Philharmoniker heißt es dazu. „Der Ursprung dieses Konzerts fällt in den düstersten Abschnitt der Geschichte Österreichs und des Orchesters. Inmitten von Barbarei, Diktatur und Krieg, in einer Phase ständigen Bangens um das Leben einzelner Mitglieder oder deren Angehöriger setzten die Philharmoniker am 31. Dezember 1939 einen ambivalenten Akzent: Der Reinertrag eines der Strauß-Dynastie gewidmeten außerordentlichen Konzerts unter der Leitung von Clemens Krauss wurde zur Gänze der nationalsozialistischen Spendenaktion ‚Kriegswinterhilfswerk‘ gewidmet. 1941 wurde die Philharmonische Akademie ‚Johann Strauss-Konzert‘ am 1. Jänner veranstaltet und inmitten des Krieges von vielen Menschen als ‚echt wienerisches Freudenfest‘ verstanden, aber auch von der nationalsozialistischen Propaganda im ‚Großdeutschen Rundfunk‘ vereinnahmt. Clemens Krauss betreute die neugeschaffene Institution bis Kriegsende. In den Jahren 1946 und 1947 stand Josef Krips am Pult, 1948 kehrte Krauss nach Aufhebung seines zweijährigen Dirigierverbotes durch die Alliierten zurück und leitete bis 1954 sieben weitere Neujahrskonzerte.“
Nun ist der Dirigentenwechsel Krauss–Krips–Krauss nicht ganz zufällig: Clemens Krauss (1893-1954) sah im Nationalsozialismus zumindest eine Karrierechance, wurde von Hitler und Goebbels gefördert und stand schließlich – ebenso wie Herbert von Karajan – auf der Gottbegnadetenliste (die rund 400 Namen umfasste), das heißt, er galt als eine der unersetzlichsten Gestalten der nationalsozialistischen Kulturscene. Josef Krips (1902-1974) hingegen war ein aufrechter Zeitgenosse, der unter den Nazis Berufsverbot hatte und in Wien als einer der wenigen unbelasteten Spitzenkünstler nach 1945 eine ansehnliche internationale Karriere startete. Seine unpathetischen Beethoven-Einspielungen können sich noch heute hören lassen.
Heute ist das Wiener Neujahrskonzert, an dem sich auch die Südwestdeutsche Philharmonie hörbar orientiert, eines der großen internationalen, multimedial ausgeschlachteten Klassikereignisse, oftmals ein Millionenseller, wahrscheinlich nur vergleichbar mit der „Last Night of the Proms“.
Mein liebstes Neujahrskonzert bleibt aber das „Chinese New Year Concert“ aus dem laut CD „Coldener Saal Musikerein Wien“, das das Chinese National Traditional Orchestra vor etwa 25 Jahren unter Chen Xieyang im legendären Musikvereinssaal gab. Zu Beginn gibt es die österreichische Nationalhymne sowie jene der Volksrepublik China zu hören, denen beiden beim warmen Klang der chinesischen Flöten alles Martialische abgeht.
Ein ganz und gar versöhnlicher Auftakt für ein neues Jahr, bei dessen Beginn man ja nie weiß, ob man das Ende noch erleben darf – oder muss.
Praktische Informationen
Mitwirkende
Südwestdeutsche Philharmonie, Gabriel Venzago (Chefdirigent)
Konzerte
– 01.01.2024, 19:00 Uhr, Graf-Burchard-Halle, Lippertsreuter Str. 12, 88699 Frickingen, Tel. 07554-1447, Ausverkauft.
– 02.01.2024, 19:30 Uhr, Milchwerk, Werner-Messmer-Straße 14, 78315 Radolfzell am Bodensee, Tel. 07732-81362, Vorverkauf hier.
– 05.01.2024, 19:30 Uhr, Konzil, Hafenstraße 2, 78462 Konstanz.
Vorverkauf:
1. Karten- und Abobüro, Fischmarkt 2, 78462 Konstanz, Telefon: 07531 900-2816. Fax: 07531 900-122816, Mail abo@konstanz.de, Öffnungszeiten Mo. bis Fr. 9–12.30 Uhr, www.philharmonie-konstanz.de.2. Theaterkasse im KulturKiosk, Wessenbergstr. 41, 78462 Konstanz, Telefon: 07531 900-2150, Mail Theaterkasse@konstanz.de, Öffnungszeiten Di. bis Fr. 10–18.30 Uhr, Sa. 10–13 Uhr.
3. Tourist-Information Konstanz, Bahnhofplatz 43, 78462 Konstanz, Öffnungszeiten April bis Oktober: Mo bis Fr. 9:00–18:30 Uhr, Sa. 10:00–16:00 Uhr, So. 10:00–13:00 Uhr; November bis März: Mo. bis Fr. 9.30–18 Uhr, Mail counter@konstanz-tourismus.de.
4. Ortsverwaltungen Dettingen-Wallhausen, Dingelsdorf und Litzelstetten (jeweils Schalterverkauf).
5. Internet: Vorverkauf hier.
– 06.01.2024, 17:00 Uhr, Graf-Zeppelin-Haus, Olgastraße 20, 88045 Friedrichshafen, Tel. 07541-2880, Vorverkauf hier.
– 13.01.2024, 19:00 Uhr, Stadthalle Singen, Hohgarten 4, 78224 Singen
Vorverkauf: Aboservice & Ticketing Stadthalle, Hohgarten 4, 78224 Singen, geöffnet Dienstag und Donnerstag, jeweils 11:00–13:00 Uhr sowie nach Vereinbarung.
Tel. 07731 85-504, Mail senden.
Bei allen Reservix-Vorverkaufsstellen und im Internet.
Quellen
– Rudolf Flotzinger, Art. „Neujahrskonzert‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 16.5.2004, abgerufen am 26.12.2023), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001db1c.
– Wikipedia, Artikel Neujahrskonzert, aufgerufen am 24.12.2023, 18.54 Uhr.
– Wiener Philharmoniker, Neujahrskonzert. Tradition und Geschichte, aufgerufen am 24.12.2023, 18.11 Uhr.
Text: Harald Borges und Medienmitteilung
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