Die katholischen Bischöfe haben sich vorgewagt und auch die Evangelische Kirche zeigt klare Kante gegen rechts. Völkischer Nationalismus und Christentum sind danach grundsätzlich unvereinbar. Deshalb sei die AfD für Christ*innen nicht wählbar und könne kein Ort politischer Betätigung sein.
Hier ein stark gekürzter Vortrag Franz Segbers, den er kürzlich in Konstanz hielt:
Wer Rassismus oder Antisemitismus das Wort redet, hat in einem kirchlichen Amt nichts zu suchen. Auch die EKD-Synode hatte sich bereits im November ebenso klar positioniert. Es gibt also eine breite Übereinstimmung der Kirchen in Deutschland gegen den Rechtsextremismus und die AfD als seine parlamentarische Vertretung.
Die Zeiten unsäglicher bischöflicher Wahlempfehlungen sind Gott sei Dank schon lange vorbei. Dass die Kirchen sich jetzt aber so deutlich zu Wort melden und sich von den völkisch-nationalistischen Positionen der AfD abgrenzen, hat einen wichtigen Grund: Es geht um die Verteidigung von Menschenwürde, Bürger- und Menschenrechten und um die Aufrechterhaltung einer demokratischen Gesellschaftsordnung.
Die christliche Ethik steht in einem klaren Widerspruch zu den Ideologien von der Ungleichwertigkeit der Menschen. Der Rechtsextremismus verleugnet und verletzt die wesentlichen ethischen Grundsätze des Christentums: die Gleichheit aller Menschen als Geschöpfe Gottes, die Verpflichtung gegenüber Bedürftigen, zu denen die Fremden gehören, und die bleibende Erwählung des Volkes Israel.
Bei der Suche nach den Gründen für das Erstarken der neurechten Bewegungen wird viel zu wenig in Blick genommen, welche entscheidende Rolle die Instrumentalisierung des Christentums für die Neue Rechte spielt. War die extrem-rechte Szene bis 2015 eher neuheidnisch und kirchenfeindlich geprägt, so gibt sie sich jetzt ganz bewusst christlich. So konnte man immer wieder schwarz-rot-gold lackierte Kreuze bei den PEGIDA-Demonstrationen sehen. Mit dem Bezug auf das Christentum versucht die neue Rechte, das Christentum für einen Kreuzzug gegen den Islam zu kapern. Heimatglaube, Feindbild Islam und Christentum – das sind zentrale Begriffe für eine diffuse Inanspruchnahme der christlichen Religion. Die neue Rechte macht aus dem Christentum eine Art deutscher Stammesreligion.
Teile des konservativen Bürgertums, zu dem auch das betont fromme Milieu gehört, sind nicht nur wie in den USA an Trump, sondern auch in Deutschland an das Gedankengut der Neuen Rechten anschlussfähig.
Die Auseinandersetzung mit der AfD ist für die Kirchen nicht nur ein Streit mit fremden Gegnern, sondern auch mit eigenen Kirchenmitgliedern. Denn Lebensschutz, Verbot der Abtreibung, Ehe von Mann und Frau, die Ablehnung der Homosexualität oder der Schutz der Familie sind konservative Themen und werden gern als konservative christliche Anliegen propagiert. Sie wirken wie ein Scharnier zu christlichen und konservativen Positionen. Doch die AfD entkernt die christliche Ethik. Sie ist nicht aus ethischen Gründen gegen Abtreibung, sondern will, dass deutsche Kinder geboren werden. Das ungeborene Leben oder gar das geborene Leben von Migranten ist ihr egal!
Der zentrale Unterschied zwischen einem legitimen konservativen Denken und dem neurechten Denken ist der völkische Nationalismus. Das Volk wird als Blutsgemeinschaft von ethnisch und kulturell Gleichen verstanden. Doch dann wird die Gesellschaft zwischen Menschen erster und zweiter Klasse gespalten. Das ist inhuman und zerstört die die Demokratie an ihrer Wurzel. Die EKD zieht in ihrem Synodenbeschluss deshalb eine klare Grenze: „Die Synode verurteilt insbesondere die gegen Geflüchtete, Menschen mit Migrationshintergrund, queere Menschen, Menschen mit besonderen Förderbedarfen oder Menschen mit Behinderung gerichtete Menschenfeindlichkeit von amtierenden AfD-Politiker:innen. Völkisch-nationale Gesinnungen sowie demokratiefeindliche bzw. demokratiezersetzende Äußerungen und Verfahrensweisen weiter Teile der AfD stehen ebenfalls im Gegensatz zu zentralen christlichen Inhalten und sozialethischen Positionen der Evangelischen Kirche in Deutschland.“
Auch die katholischen Bischöfe haben aus der Unvereinbarkeit von völkischem Nationalismus und christlicher Ethik klare Konsequenzen gezogen: Wer ein Parteiamt in der AfD innehabe, darf kein kirchliches Amt innehaben. Dieser Unvereinbarkeitsbeschluss der katholischen Kirche ist vorbildlich. Ich wünschte mir, dass auch andere Organisationen wie die Gewerkschaften diesem Vorbild folgen würden.
Es handelt sich beim Widerstand gegen rechts nicht um eine Sache, die für die Kirchen nebensächlich sein könnte. Denn Rechtspopulismus und Rechtsextremismus bestreiten den Kern der christlichen Ethik: Alle Menschen sind als Gottes Ebenbilder und in gleicher Würde von Gott geschaffen. Deshalb sind die Kirchen gefordert, Widerstand zu leisten, wenn dieser Kern bedroht ist: die gleiche Menschenwürde aller, die Menschenrechte und die demokratische Gesellschaft.
Text: Franz Segbers, Sozialethiker. Bild: H. Reile
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