Eine kurdische Schülerin und ihre Großmutter aus dem Iran sollen heute noch vom Flughafen Berlin-Brandenburg in die Türkei abgeschoben werden, obwohl ihnen von dort die Kettenabschiebung in den Iran droht. Die Schülerin war im Iran an den Frauenrechtsprotesten an ihrer Schule beteiligt. Pro Asyl ist entsetzt und fordert das Bundesinnenministerium auf, die Abschiebung zu stoppen.
Hier die Pressemitteilung:
„Es ist einfach zynisch, wenn Politiker in Deutschland die iranische Frauenrechtsbewegung mit Worthülsen unterstützen, aber eine junge Frau und ihre Großmutter genau diesem Regime wieder ausliefern wollen. Dabei sind es gerade die jungen kurdischen Frauen, die den Mullahs die Stirn geboten haben. Sie verdienen unseren Respekt, Unterstützung und Schutz. Über die Türkei droht den Frauen die Abschiebung in den Iran. Diese Rückführung muss sofort gestoppt werden!“, so Daniela Sepehri, Aktivistin für Frauenrechte im Iran, mit der Pro Asyl eng zusammenarbeitet.
Die 17-jährige Schülerin und ihre 70-jährige Großmutter flogen im Juni von der Türkei nach Deutschland und stellten am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) einen Asylantrag. Da sie keine Pässe beziehungsweise Visa vorlegten, wurden sie dem sogenannten Flughafenasylverfahren zugewiesen. Dies ist ein besonderes Schnellverfahren, während dem die Asylsuchenden als nicht eingereist gelten und den Transitbereich des Flughafens nicht verlassen können. Erschwerend kommt am BER hinzu: Es gibt dort keine unabhängige Rechtsberatung oder andere Unterstützung während des Asylverfahrens. Die dort festsitzenden Schutzsuchenden sind von der Außenwelt isoliert und auf sich allein gestellt.
Ablehnung des Asylantrags trotz Beteiligung an Frauenrechtsprotesten
Obwohl die Schülerin vortrug, an den Frauenrechtsprotesten an ihrer Schule und auf der Straße beteiligt gewesen zu sein, wurde ihr Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt.
„Es kann einfach nicht sein, dass das BAMF trotz all der bekannten Unterdrückung und der staatlichen Gewalt gegen Protestierende einen Asylantrag einer minderjährigen Iranerin als ‚offensichtlich unbegründet‘ ablehnt. Da ist offensichtlich ein Fehler im System, der in diesem Fall den Frauen ihre Sicherheit, ihre Freiheit oder gar ihr Leben kosten könnte. Denn wie das BAMF den Iran für die Frauen für sicher halten kann, ist uns schleierhaft. Dieser Fall wirft auch ein Schlaglicht auf die unerträgliche Situation am Flughafen BER. Niemand sollte unter solchen Bedingungen ein Asylverfahren durchlaufen müssen“, so Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl.
Auch ein Eilantrag gegen die Ablehnung war erfolglos, denn der Rechtsschutz ist bei solchen Entscheidungen eingeschränkt. Aufgrund der Besonderheiten des Flughafenverfahrens droht nun die Abschiebung an den Abflugsort in der Türkei. Dort haben die Frauen jedoch keinen rechtmäßigen Aufenthalt und ihnen droht die weitere Abschiebung in den Iran. Die Abschiebung in die Türkei ist für heute, Freitagnachmittag (12. Juli 2024), vom BER aus geplant. Daniela Sepehri ist vor Ort am Flughafen.
Bei der letzten Innenministerkonferenz sollte eigentlich der dringend notwendige Abschiebungsstopp für den Iran diskutiert werden, der Abschiebungsstopp schaffte es aber nach den hitzigen Abschiebungsdebatten der letzten Wochen nicht auf die Tagesordnung. Im vergangenen Jahr 2023 wurden sieben Personen in den Iran abgeschoben, im ersten Quartal 2024 waren es vier Menschen.
Text: Pro Asyl
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