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Genug Geld von der Stadt für ein paar Joints?

Cannabis in Konstanz, Bild von O. Pugliese mit einem Cannabis-Symbol von Pixabay

So manche Themen, über die unsere Stadtmütter und -väter im Gemeinderat debattieren, berühren die Gemüter der Konstanzer*innen kaum. Anders dürfte es bei der morgigen Ratssitzung werden, wenn es um die probeweise Freigabe von Cannabis in Konstanz geht – und um die Rückerstattung von Parkgebühren, die sich ja vielleicht in Joints umsetzen ließen.

Am Sonntag, dem 3. Juni 1928, hat Deutschland zum letzten Mal ein Fußball-Länderspiel gegen Uruguay verloren, und zwar deutlich mit 1:4, um genau zu sein. Trotzdem will es jetzt den Urus schleunigst nacheifern, wenn auch auf einem Gebiet, auf dem der Fußball-Bundestrainer vermutlich keine oder nur wenig Erfahrung hat: Bei der Legalisierung von Cannabis, das in Uruguay bereits seit 2013 straflos weggequarzt werden darf, weshalb es am Rio de la Plata so qualmt, dass die Schifffahrt den Cannabis-Rauch gar nicht mehr von den gefährlichen Nebelbänken unterscheiden kann.

So könnte es am Bodensee auch bald kommen, zumindest wenn der Gemeinderat mitspielt.

Den ersten Joint zünden

Deutschland will also Uruguay nacheifern. Ganz Deutschland?

Nein, nicht ganz Deutschland, sondern nur einige ausgewählte Modellkommunen, die ihre Nase in den rauen Wind des Zeitgeistes zu stecken wagen, auch wenn der in Zukunft vielleicht etwas süßlicher riechen könnte als bisher: Wenn es nach dem Jungen Forum JFK geht, soll Konstanz, unser hübscher Popel im Bodensee, die Nase bei der Legalisierung des edlen Krautes ganz vorn dabeihaben. Daher haben die wackeren Jungen am 3. Juli 2023, also exakt 95 Jahre und 1 Monat nach dem letzten Sieg der Urus über Deutschland, einen entsprechenden Antrag in den Gemeinderat eingebracht.

Darin heißt es unter anderem: „Um den Cannabis-Schwarzmarkt langfristig trockenzulegen, hat die Bundesregierung eine Reform beschlossen, die aus zwei Säulen besteht: Die 1. Säule erlaubt Volljährigen den privaten Anbau und Besitz von kleineren Mengen Cannabis, Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner können sich auch in Clubs zusammenschließen. In der 2. Säule wird in einigen Modellregionen eine kontrollierte Abgabe an registrierte Kundinnen und Kunden, verbunden mit Beratungsangeboten und unter wissenschaftlicher Begleitung getestet. […] Wir denken, dass Konstanz als Modellstadt nicht nur aufgrund der überschaubaren Größe gut geeignet ist, sondern sich durch eine Teilnahme auch besser auf eine absehbare allgemeine Legalisierung vorbereiten könnte. Auch die besondere Lage mit der Nähe zur Schweiz und der dortigen liberaleren Drogenpolitik stellt ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den anderen interessierten Städten dar.

Das Junge Forum Konstanz beantragt daher, dass sich die Stadt Konstanz als Modellkommune für die kontrollierte und lizenzierte Abgabe von Cannabis wie von der Bundesregierung geplant bewirbt.“

Badisches Gras, von der Sonne verwöhnt?

Dieser Antrag wird morgen im Gemeinderat behandelt, aber es ist abzusehen, dass das JFK dem gesellschaftlichen Fortschritt in unserer Konzilstadt ein wenig zu sehr voraus ist und mit seinem Antrag auf die Nase fallen wird.

Zumindest der Verwaltung kommt das Ansinnen, Konstanz als Modellstadt der deutschen Kiffer weltweit zu Ruhm zu verhelfen, nämlich deutlich zu früh, und sie erteilt diesem wagemutigen Vorstoß eine klare Absage, da bisher völlig unklar ist, was es überhaupt heißt, eine Modellstadt zu sein: „Für eine fachlich fundierte Erörterung eines möglichen Projektes ‚Konstanz als Modellregion‘ fehlen grundlegende Rahmenbedingungen hinsichtlich z.B. von
– Notwendigem, bedarfsgerechtem Personal- und Ressourceneinsatz
– Finanzierung des Projekts; insbes. finanzielle Eigenleistungen
– Konzept und Umsetzung der Evaluation
– Vorgaben und Erwartungen an die Modellregion
– Voraussetzungen für die Bewerbung sowie Vergabekriterien.

Die Verwaltung empfiehlt, die Entscheidung über eine Bewerbung der Stadt Konstanz für ein Regionales Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten zurückzustellen, bis ausreichende und verbindliche Erkenntnisse zu den Rahmenbedingungen vorliegen.“

Der Gemeinderat (einschließlich des eben noch so forsch auftretenden Jungen Forums) dürfte sich in seiner morgigen Sitzung aller Erfahrung nach dieser Empfehlung anschließen und die Verwaltung bitten, den Gemeinderat doch bei Gelegenheit irgendwie auf dem Laufenden zu halten, damit man irgendwann mal weitersehen kann.

Und so wird es wohl vorläufig nichts mit einem Joint- statt Fahrkartenverkauf auf der Linie 2, so dass man sich die Fahrt über den trostlosen Zähringerplatz nach Wollmatingen schönkiffen könnte.

Immerhin, das Geld dafür, sich eine Handvoll Joints zu kaufen und einen durchzuziehen, bis das innere Gaspedal ständig freie Fahrt signalisiert, dürften zumindest etliche Konstanzer Autofahrer*innen dieser Tage von der Stadt zurückerhalten, es geht um immerhin 170.614,50 Euro. Wie das funktionieren soll, wenn der Gemeinderat wohl oder übel mitspielt, erfahren Sie morgen auf seemoz.

Text & Bild: O. Pugliese unter Verwendung eines Cannabis-Symbols von nneem auf Pixabay.

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