Letzten Montag fand auf dem Münsterplatz die einstündige Gedenkveranstaltung „Ein Jahr 7. Oktober. Gedenkkundgebung für die Opfer des Hamas-Terrors“ statt, die vom Konstanzer „Bündnis gegen Antisemitismus“ organisiert wurde. Wir veröffentlichen dazu einen Kurzbericht von Petra Quintini, Mitorganisatorin der Veranstaltung.
Musikalisch umrahmt von zwei Musikern der Philharmonie, wurde bei diesem Anlass auf Reden politischer Vertreter:innen verzichtet. Etwa 200 Personen nahmen an der einstündigen Kundgebung teil. Es sprachen Mitglieder der jüdischen Gemeinden und Israelis, die am See leben. Auch in Israel lebende Freunde junger Konstanzer:innen hatten kurze Redebeiträge und Gedichte geschickt, die verlesen wurden. In einer emotionalen Rede drückte Dr. Ori Harel die Gefühle von vielen aus (siehe unten).
Das Ende der Veranstaltung gestaltete Rabbiner Radbil mit einem eindrücklichen Redebeitrag, einem Psalm, dem Trauergebet El Male Rachamim und dem Kaddisch, dem jüdischen Totengebet.
Redebeitrag von Ori Harel
„I stand here with layers of sadness. The grief for what has happened. The loss of our belief in the natural goodness of humanity. The sorrow for every soul still suffering, and the uncertain future that holds even more pain. Emotions which lead to difficult feelings – vengeful, destructive hatred – which bring us to another, more personal battle: the battle over what emotions we allow to shape us.
Here in Germany, I see a dangerous rise in extremism. The growth of AfD and rising racism frighten me. I am the third generation of Auschwitz survivors, and myself a survivor of a terror attack in Jerusalem.
I know how fragile peace is. People here have been fortunate not to experience war for 80 years, but I, who’ve lived through wars my whole life, know how delicate peace can be. Today – 7th of October, marks one year since the war began in Israel – each of us must ask: what is my response? What is mine to do? What is my moral duty in these times?
For answering, I’m inspired by Hermann Hesse, who lived by our lake:
„Fühle mit allem Leid der Welt, aber richte deine Kräfte nicht dorthin, wo du machtlos bist, sondern zum Nächsten, dem du helfen, den du lieben und erfreuen kannst“.
So let’s direct our strength where we can. Let’s reach out to our neighbors, reject hatred, stand against racism, and protect the peace we cherish.
Now, I invite you to join me in a moment of unity. If you can, hold the hand of the person next to you. Let’s take three deep breaths together—one for hope, one for healing, and one for our commitment to change.
Preparation breath. Slow inhale, deep exhale.
In deep prayer for healing,
In deep prayer for the return of the hostages,
In deep prayer for peace,
From heart to heart.
In Hebrew:
Oseh shalom bimromav, hu ya’aseh shalom aleinu v’al kol Yisrael, ve’imru amen.“
Hier die deutsche Übersetzung des Redebeitrags:
Ich stehe hier mit Schichten von Traurigkeit. Trauer über das, was geschehen ist. Der Verlust unseres Glaubens an die natürliche Gutartigkeit der Menschheit. Die Sorge um jede Seele, die noch immer leidet, und die ungewisse Zukunft, die noch mehr Schmerz mit sich bringt. Emotionen, die zu schwierigen Gefühlen führen – rachsüchtigem, zerstörerischem Hass –, die uns zu einem weiteren, persönlicheren Kampf führen: dem Kampf darum, welchen Emotionen wir erlauben, uns zu formen.
Hier in Deutschland sehe ich einen gefährlichen Anstieg des Extremismus. Das Erstarken der AfD und der zunehmende Rassismus machen mir Angst. Ich bin die dritte Generation Auschwitz-Überlebender und selbst Überlebende eines Terroranschlags in Jerusalem.
Ich weiß, wie zerbrechlich der Frieden ist. Die Menschen hier hatten das Glück, 80 Jahre lang keinen Krieg zu erleben, aber ich, die ich mein ganzes Leben lang Kriege miterlebt habe, weiß, wie verletzbar Frieden sein kann. Heute – am 7. Oktober, ein Jahr nach Beginn des Krieges in Israel – muss sich jede:r von uns fragen: Was ist meine Antwort? Was ist meine Aufgabe? Was ist meine moralische Pflicht in diesen Zeiten?
Als Antwort darauf lasse ich mich von Hermann Hesse inspirieren, der an unserem See lebte:
„Fühle mit allem Leid der Welt, aber richte deine Kräfte nicht dorthin, wo du machtlos bist, sondern zum Nächsten, dem du helfen, den du lieben und erfreuen kannst“.
Lasst uns also unsere Kraft dorthin lenken, wo wir können. Gehen wir auf unsere Nachbar:innen zu, lehnen wir Hass ab, stellen wir uns gegen Rassismus und schützen wir den Frieden, den wir wertschätzen.
Ich lade Sie nun ein, sich mir für einen Moment der Einheit anzuschließen. Wenn Sie können, halten Sie die Hand der Person neben Ihnen. Lassen Sie uns gemeinsam drei Mal tief einatmen – einen für die Hoffnung, einen für die Heilung und einen für unsere Verpflichtung zur Veränderung.
Vorbereitungsatem. Langsam einatmen, tief ausatmen.
Im tiefen Gebet um Heilung,
Im tiefen Gebet für die Rückkehr der Geiseln,
Im tiefen Gebet für den Frieden,
Von Herz zu Herz.
[Übersetzt mit Hilfe von DeepL.com, red]
Text und Bild: Petra Quintini
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