Rund 400 Menschen kamen am Montag abend auf den Münsterplatz, um gegen die geplanten Kürzungen im Kulturbereich zu demonstrieren, die den Fortbestand der Philharmonie und des Theaters gefährden. Die Entscheidung darüber fällt morgen Nachmittag im Konstanzer Rathaus. Hier die Rede von Thomas Fritz Jung (Schauspieler) und Saskia Heger (Technik Theater Konstanz) dazu im Wortlaut.
Vielen Dank für Ihr zahlreiches Erscheinen und vielen Dank für die Einladung an die Theaterfreunde und die Freunde der Philharmonie!
Was für ein Theater, was für eine Kultur wollen Wir in Unserer Stadt haben? Das entscheidet sich jetzt! Zur Abstimmung stehen am 26.10. im Gemeinderat der Stadt Konstanz drastische Einsparungen im Kulturbereich. Sogar die Schließung von Spielstätten steht zur Diskussion.
Wir wissen, dass Theater nur mit größter Leidenschaft und unter der Bereitschaft, sich diesem ganz und gar zu verschreiben, funktioniert.
Die 120 Mitarbeitenden des Theaters, vor und hinter der Bühne, haben ihre gesamte Lebensplanung und ihren Alltag auf die Bedürfnisse des Theaters hin ausgerichtet und nehmen dabei für sich und ihre Familien sowohl zeitlich als auch finanziell Opfer in Kauf.
Wir arbeiten täglichen bis in die Nacht hinein, haben kaum freie Wochenenden und nutzen auch unsere private Zeit zur Vorbereitung. Zum Text lernen, recherchieren, akquirieren, vernetzen usw…
Das tun wir gerne und voller Hingabe, aus Liebe zum Theater, aber auch weil wir wissen, wie wichtig und relevant unsere Arbeit ist, gerade in Zeiten von Krisen, politischer Verunsicherung und einer sich immer weiter polarisierenden Gesellschaft.
Am Theater wird gemeinsam gestritten, gelacht, geweint, geschimpft und genossen. Hier begegnet man sich, erlebt Utopien und Dystopien, erweckt Hoffnungen und Kreativität, und vieles mehr!
Dinge, die diese Stadt braucht und die für eine lebendige und demokratische Gesellschaft essenziell sind.
Wir haben in den letzten Jahren die Stadtgesellschaft auf unglaubliche und vielfältige Art bereichert und immer unseren Beitrag geleistet, wann immer wir gebraucht wurden. Angesicht dieser unfassbaren Sparszenarien fühlt es sich an, als ob all dieses Engagement, die buchstäbliche Selbstausbeutung der Mitarbeitenden, ihre brennende Leidenschaft für ihren Beruf mit den Füssen getreten wird. Man versucht mit den geplanten Sparmaßnahmen kurzfristig finanzielle Löcher im Haushalt der Stadt zu stopfen, für die das Theater noch nicht mal verantwortlich ist.
Lieber Gemeinderat, sie haben eine Verantwortung für Ihre Künstler*Innen in dieser Stadt, denn gerade wir brauchen einen, ihren, besonderen Schutz!
Wenn unsere hohe Flexibilität genutzt wird, um möglichst billig und leicht den Haushalt zu sanieren, ist das ein Verrat an den Mitarbeitenden des Theaters, die hier in dieser Stadt, mit ihren Familien und Freunden leben und sich engagieren.
Durch die diskutierten Kürzungen sind wir, unsere Arbeitsplätze, unsere Familien unmittelbar bedroht, denn es wird zwangsläufig Entlassungen und Nichtverlängerungen geben.
Leider droht auch die Schließung der Werkstattbühne, in der von zeitgenössischer Dramatik, über intime Liederabende bis hin zu partizipativen Projekten, die unterschiedlichsten Formate stattfinden.
Die Werkstatt ist ein Ort der Begegnungen. Auch durch Aufführungen von Schultheatergruppen, Kooperationen mit der Volkshochschule Konstanz, Zebra-Kino, HTWG und der Universität Konstanz. Die Werkstatt zu schließen hieße, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu nehmen, genau für sie gemachte Stücke zu sehen und mit professionellen Theaterpädagog*innen selbst zu spielen. Die Werkstattbühne zu schließen würde bedeuten, nicht in die Zukunft, nicht in junge Menschen zu investieren.
Mit diesen Kürzungen wird unser Publikum, werden die Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen und Senior*Innen verraten, die übrigens auch wählen gehen und genau hinschauen werden, wer im Gemeinderat am 26.11. wie abstimmen wird.
Als es um die Rettung des Scala Kinos ging, hieß es, die Stadt würde gerne helfen. Jetzt hat der Gemeinderat die Möglichkeit zu beweisen, dass er ein Interesse daran hat die Kultur in Konstanz zu erhalten.
Nein, nicht nur zu erhalten, er muss sie stärken!!!!
Wir machen Kultur für diese Stadt und nicht unserer selbst willen!
Konstanz braucht ein starkes, lebendiges Theater, mit den bestehenden drei Spielstätten. Denn nur so können wir unseren Kulturauftrag erfüllen.
Wir appellieren an den Gemeinderat, die finanzielle Unterstützung für den Kulturbereich aufrechtzuerhalten und zu stärken.
Die Schließung einer Spielstätte, eines Kulturortes oder die Entlassung eines Künstlers mag in ihren Papieren nur eine Zahl sein und kurzfristig ein paar Euro Einsparung bedeuten, aber sie zerstören damit Welten. Tausende Welten. Träume. Universen. Und das nicht nur einmal, sondern nachhaltig, täglich und immer wieder. Wenn es diesen Spielort nicht mehr gibt.
Investitionen in die Kunst sind nachhaltige Investitionen in die Zukunft.
In unserer Stadt. Und in unsere Gesellschaft. Und um Nachhaltigkeit geht es doch gerade.
Lasst uns gemeinsam für die Kultur in Konstanz kämpfen und jede Gelegenheit nutzen, die Gemeinderäte zu überzeugen. Im persönlichen Gespräch, oder am Donnerstagnachmittag 16:00 Uhr bei der entscheidenden öffentlichen Sitzung im Rathaus. Sprechen Sie ihre Gemeinderäte an und machen Sie deutlich, wie wichtig Ihnen der Erhalt der Kultur in Konstanz ist!
Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und ihre Unterstützung und wir hoffen auf eine positive Entscheidung zugunsten der Kultur in Konstanz!
Text: Thomas Fritz Jung und Saskia Heger
Bilder: H. Reile
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