Hanau Gedenken Anschlag 2024 Münsterplatz © Anna Blank

Fünf Jahre nach Hanau: Kein Vergeben, kein Vergessen

Hanau Gedenken Anschlag 2024 Münsterplatz © Anna Blank
Konstanzer Mahnmal mit Kerzen, Münsterplatz 2024

Alle reden von München, Aschaffenburg, Solingen. Aber von Hanau? Dort hatte am 19. Februar 2020 ein rechtsextremer Täter einen rassistisch motivierten Anschlag verübt, bei dem neun Menschen getötet wurden. Es war einer der schwersten rassistischen Terrorakte in der Geschichte der Bundesrepublik. Fünf Jahre später ist die Aufarbeitung noch immer nicht abgeschlossen.

Der Täter, ein 43-jähriger Deutscher mit verschwörungsideologischen und rassistischen Ansichten, eröffnete am Abend des 19. Februar 2020 in Hanau das Feuer. Innerhalb weniger Minuten tötete er neun Menschen: Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtovi´c, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz und Kaloyan Velkov.

Nach den Morden floh er in das Haus seiner Eltern, wo er seine Mutter und anschließend sich selbst erschoss. Die Ermittlungen ergaben später, dass der Täter seine Tat über Jahre hinweg geplant hatte. Er hatte bereits Monate zuvor ein rassistisches Manifest veröffentlicht und legale Waffen besessen – trotz psychischer Auffälligkeiten.

Das Versagen der Behörden

Fünf Jahre nach Hanau bleibt die Aufarbeitung unvollständig – und das Vertrauen in staatliche Institutionen erschüttert. Kritik gibt es vor allem an Polizei, Waffenrecht und dem Umgang mit rechtsextremen Gefahren.

Der aufgrund einer vorhergehenden Razzia von der Polizei geschlossene Notausgang verhinderte den Opfern in der Arena-Bar die Flucht vor dem Täter. Wäre der Ausgang frei zugänglich gewesen, hätten laut einer Analyse von Forensic Architecture mehrere der Anwesenden überleben können.

Während des Anschlags war die Notrufnummer 110 nicht erreichbar, da die Leitstelle technisch veraltet und unterbesetzt war. Zudem drangen Einsatzkräfte erst verspätet in die Wohnung des Täters ein, obwohl Hinweise auf seinen Aufenthaltsort vorlagen.

Fehlende Unterstützung für die Opferfamilien

Trotz verschwörungsideologischer Schreiben an Behörden durfte der Täter legal eine halbautomatische Waffe besitzen. Erst nach dem Anschlag wurde das Waffenrecht verschärft, doch eine konsequente Überprüfung von Extremisten auf Waffenbesitz fehlt bis heute.

Angehörige beklagen mangelnde Hilfe, hohe bürokratische Hürden und fehlende Transparenz. Erst nach öffentlichem Druck durch die von Angehörigen gegründete „Intitiative 19. Februar“ kam es zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss sowie in einem Gutachten der Recherche-Organisation „Forensic Architecture“.

Die Fehler von Hanau sind kein Einzelfall – die Frage bleibt, ob der Staat daraus gelernt hat.

Gedenken und Protest

Der Anschlag von Hanau löste deutschlandweit Betroffenheit aus, insbesondere in den migrantisierten Communities. Jedes Jahr versammeln sich Tausende, um der Opfer zu gedenken und ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.

Jährlich lädt die „Initiative 19. Februar“ zu einer zentralen Gedenkaktion in Hanau ein. Auch bundesweit finden zahlreiche Veranstaltungen statt, auch in Konstanz. So versammelten sich voriges Jahr, am 19. Februar 2023, rund 300 Menschen zu einer Gedenkkundgebung, zu der die Initiative für Solidarität aufgerufen hatte. Dieses Jahr rufen das BIPoC Kollektiv Konstanz und die Initiative für Solidarität erneut zur Demonstration und zum anschließenden Gedenken auf.

Hanau bleibt ein Mahnmal für die Gefahren des rechten Terrors – und ein Symbol für den Kampf gegen Rassismus in Deutschland.

Text: MM/pw; Fotos: Anna Blank

Demo am Mittwoch:

Demonstration am Mittwoch, 19. Februar 2025, 18 Uhr, Herosépark
Kundgebung am Mittwoch, 19. Februar 2025, 19:30 Uhr, Münsterplatz

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