Drache Rüstung

Friedensinitiative befragt Bundestagswahlkandidat:innen

11 Kommentare

Drache Rüstung

Die Friedensinitiative Konstanz wollte im Vorfeld der Wahlen von den Bundestagskandidat:innen im Kreis Konstanz wissen, wie sie sich zum Thema „Krieg, Rüstung und Frieden“ positionieren. Kein unnützes Unterfangen, denn laut ZDF-Politbarometer vom 14. Februar nannten 45% der Befragten „Frieden und Sicherheit“ als wichtigstes Thema für ihre Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl, gefolgt vom Thema Wirtschaft (44%).

Den Fragenkatalog erhielten laut Friedensini auch Andreas Jung (CDU) und Ann-Veruschka Jurisch (FDP), geantwortet haben (trotz mehrfacher Nachfrage) nur Rosa Buss (GRÜNE), Dr. Lina Seitzl (SPD) und Lars Hofmann (Die Linke). Wir veröffentlichen in leicht gekürzter Form die Fragen und jeweiligen Antworten, die ungekürzte Version des Fragebogens mit zusätzlichen Informationen kann am Ende des Textes aufgerufen werden. Lina Seitzl antwortete mit einem Statement auf alle Fragen, das hier nachgelesen werden kann.

Prozentuale Übereinstimmung Mit Den Positionen Der Friedensini
Prozentuale Übereinstimmung der Kandidierenden mit der Friedensinitiative

Hier nun die Fragen der Friedensini und die Antworten von Rosa Buss (RB) und Lars Hofmann (LH):

Frage 1: Stellen Sie sich prinzipiell gegen die Stationierung der hochgefährlichen US-amerikanischen landgestützten Mittelstreckenraketen und Überschallraketen sowie Marschflugkörpern oder setzen Sie sich zumindest dafür ein, diese mit Hilfe von Verhandlungen und neuen Abrüstungsverträgen zu verhindern?

RB: Ein neues Wettrüsten macht Europa nicht sicherer. Deshalb setze ich mich für Verhandlungen und Abrüstungsverträge ein – aber Abrüstung kann nur gemeinsam gelingen. Einseitige Schritte ohne verbindliche Vereinbarungen würden Russland ermutigen, seinen aggressiven Kurs fortzusetzen. Sicherheit bedeutet, Bedrohungen ernst zu nehmen und gleichzeitig diplomatische Wege offen zu halten. Unser Ziel muss eine europäische Verteidigungspolitik sein, die Sicherheit schafft, ohne neue Eskalationen zu riskieren.

LH: Als Linke stehen wir konsequent für Frieden, Diplomatie und Abrüsten. Dementsprechend lehnen wir auch die Stationierung neuer gefährlicher Waffen in Deutschland ab. Trotz der Gefahr, die derzeit von Russland ausgeht, halten wir ein gegenseitiges Wettrüsten für den falschen Weg. Die Geschichte zeigt, wie solche Maßnahmen Spannungen erhöhen, anstatt Frieden zu fördern. Stattdessen fordern wir Verhandlungen und eine Rückkehr zu Abrüstungsverträgen.

Auch Donald Trump halten wir nicht für einen verlässlichen Partner. Die Sicherheit Deutschlands und Europas in dessen Hände zu legen, erscheint uns unverantwortlich. Deutschland darf nicht zum Spielfeld und damit potenziellen Opfer der Großmachtphantasien beider Seiten werden. Im Sinne des Friedens, unserer historischen Verantwortung, des Wohlergehens und des Klimas setzten wir uns für eine neue Entspannungspolitik ein: Den Frieden Europas können wir nur durch ein Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands gewährleisten.

Frage 2: Die NATO-Staaten geben pro Jahr etwa zehnmal so viel Geld für ihr Militär aus wie Russland (Greenpeace-Studie von 2024). In allen nichtnuklearen Waffensystemen verfügt die NATO über wenigstens dreimal so viele Waffensysteme wie Russland. Sind Sie angesichts dieser Zahlen dafür, die angekündigten Erhöhungen für Rüstungsausgaben abzulehnen?

RB: Diese Zahlen zeigen nur einen Teil der Realität. Ein Großteil der NATO-Ausgaben stammt aus den USA, deren Verlässlichkeit als Bündnispartner unter Trump infrage stand – Europa muss also selbst handlungsfähig sein. Zudem wurden viele europäische Armeen nach dem Kalten Krieg umstrukturiert und müssen nun angesichts der Bedrohung aus Russland wieder verteidigungsfähig gemacht werden. Gleichzeitig braucht es eine effizientere europäische Sicherheitsstrategie, um Doppelstrukturen abzubauen und Ausgaben gezielter einzusetzen. Ziel muss sein: Sicherheit ohne unnötige Aufrüstung, aber mit einer starken, eigenständigen europäischen Verteidigung.

LH: Auf jeden Fall! Diese Zahlen verdeutlichen ja, dass die NATO-Staaten bereits jetzt ein überwältigendes Übergewicht an militärischen Ressourcen besitzen. Es gibt keinen rationalen Grund, dieses Ungleichgewicht weiter zu vergrößern. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, die immensen Gelder, die in Rüstung fließen, sinnvoller einzusetzen – für Bildung, soziale Sicherung, den Klimaschutz und internationale Zusammenarbeit.

Die immer weiter steigenden Rüstungsausgaben führen nicht zu mehr Sicherheit, sondern erhöhen das Risiko von Spannungen und Konflikten. Anstatt auf Wettrüsten zu setzen, sollten wir die Spirale der Aufrüstung durchbrechen und uns für Abrüstungsverhandlungen, Vertrauensbildung und Diplomatie einsetzen. Gerade in Zeiten, in denen soziale Ungleichheit wächst und die Klimakrise dringende Maßnahmen erfordert, ist es moralisch und politisch unverantwortlich, noch mehr Geld in Waffen zu investieren. Deutschland sollte hier ein Zeichen setzen und die Mittel in den Aufbau einer friedlichen und gerechten Welt investieren. Sicherheit wird nicht durch Panzer und Raketen erreicht, sondern durch stabile Gesellschaften, starke internationale Institutionen und eine Politik, die sich auf Kooperation statt Konfrontation stützt.

Frage 3: Der Bundeswehretat stieg in den letzten zehn Jahren von 34 auf 53 Milliarden Euro. Stimmen Sie zu, dass es jetzt an der Zeit wäre, die Etats für Gesundheit, Bildung und Soziales in diesem Ausmaß zu erhöhen?

RB: Ja. Investitionen in Gesundheit, Bildung und Soziales sind genauso entscheidend für unsere Sicherheit wie die Bundeswehr. Eine gerechte Finanzpolitik – inklusive einer Reform der Schuldenbremse sowie einer fairen Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften – würde ermöglichen, in diese Bereiche stärker zu investieren. Denn eine widerstandsfähige Gesellschaft braucht nicht nur eine starke Verteidigung, sondern auch soziale Sicherheit und Chancengerechtigkeit. Dafür setze ich mich ein.

LH: Ja, ich stimme dem voll und ganz zu. Der Anstieg des Bundeswehretats in den letzten zehn Jahren zeigt, wie politische Prioritäten gesetzt wurden – zugunsten von Aufrüstung und militärischer Stärke, während zentrale Bereiche wie Gesundheit, Bildung und Soziales vielfach unterfinanziert geblieben sind. Wir erleben eine wachsende soziale Ungleichheit, einen Pflegenotstand, überlastete Bildungseinrichtungen und eine zunehmende Unsicherheit im Alltag vieler Menschen. Die Coronakrise hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, wie wichtig ein gut ausgestattetes Gesundheitssystem ist, und dennoch werden dringend benötigte Mittel für Krankenhäuser, Pflegepersonal und die Bekämpfung von Armut weiterhin zurückgehalten.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bildungssystem, wo Lehrkräftemangel, marode Schulen und ungleiche Bildungschancen den Alltag prägen. Jetzt ist es an der Zeit, umzudenken: Statt Milliarden in Rüstung zu stecken, sollten wir diese Mittel nutzen, um die soziale Infrastruktur zu stärken, in Klimaschutz zu investieren und Bildung für alle zugänglich und qualitativ hochwertig zu machen. Sicherheit bedeutet für die Menschen, Zugang zu guter Gesundheitsversorgung, bezahlbarem Wohnraum, Bildungschancen und sozialer Gerechtigkeit zu haben – nicht mehr Panzer oder Raketen.

Frage 4: Stimmen Sie zu, dass die Angstmache, wir seien durch einen konventionellen Angriff Russlands bedroht, endlich aufgegeben werden muss? Und dass wir nicht kriegs- sondern angesichts der (r)echten Gefahr doch eher „demokratietüchtig“ werden müssten?

RB: Sicherheit und Demokratie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Russland ist eine reale Bedrohung – nicht nur militärisch, sondern auch durch Desinformation und die Unterstützung rechter Kräfte in Europa. Gleichzeitig ist klar: Eine starke Demokratie ist unsere beste Verteidigung. Das bedeutet, in unsere Wehrfähigkeit zu investieren, aber genauso in einen starken Sozialstaat, gesellschaftliche Teilhabe und neue Demokratieformate. Nur so können wir unsere Gesellschaft zusammenhalten und gegen autoritäre Angriffe widerstandsfähig machen.

LH: Unsere Gesellschaft sollte vieles werden: demokratietüchtig, friedenstüchtig, klimatüchtig, gerechter, solidarischer, weltoffener, nachhaltiger. Aber kriegstüchtig?! Dafür sehe ich keinen Bedarf, diese Rhetorik macht mir eher Angst: Unserer Geschichte warnt uns laut genug, nicht in eine Militarisierung der Gesellschaft zurückzufallen. Dem Vaterland „dienen“ oder „Führung“ übernehmen, wie es in der Werbung der Bundeswehr propagiert wird – ich kriege da Beklemmungen. Und ich will auch nicht, dass Offizier*innen dieses Programm in unsere Schulen tragen. Die ständige Angstmache vor einer angeblichen konventionellen Bedrohung durch Russland dient nur dazu, hohe Rüstungsausgaben zu rechtfertigen und der Rüstungsindustrie fette Gewinne zu sichern.

Aber Angst ist nie ein guter Ratgeber: Statt immer neue Milliarden in Panzer und Kampfflugzeuge zu investieren, sollten wir uns darauf konzentrieren, unsere Demokratien zu stärken und die gesellschaftlichen Probleme zu lösen, die tatsächlich unsere Stabilität gefährden. Dazu gehören soziale Ungleichheit, die Klimakrise, rechte Gewalt und der zunehmende Einfluss von Antidemokraten. Eine „demokratietüchtige“ Gesellschaft bedeutet, dass wir die Werte von Freiheit, Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit hochhalten und sicherstellen, dass alle Menschen daran teilhaben können. Sicherheit entsteht nicht durch mehr Waffen, sondern durch Vertrauen, Dialog und soziale Stabilität. Deshalb fordere ich, dass wir die Spirale der Militarisierung durchbrechen und stattdessen in Bildung, soziale Gerechtigkeit und den Ausbau demokratischer Strukturen investieren.

Frage 5: Sind Sie dafür, den Krieg in der Ukraine möglichst schnell durch Verhandlungen zu beenden, statt endlos neue Waffen zu liefern?

RB: Ja, dieser Krieg muss enden – um menschliches Leid zu verhindern. Aber ein Diktatfrieden nach russischen Bedingungen ist keine Lösung, sondern eine Einladung zu weiteren Angriffskriegen. Frieden bedeutet mehr als die Abwesenheit von Waffen – er muss gerecht, nachhaltig und sicher sein. Deshalb braucht es beides: Waffenlieferungen, damit sich die Ukraine verteidigen kann, und diplomatische Initiativen, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. Nur so kann echter Frieden entstehen.

LH: Ja, ich bin dafür, den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich durch Verhandlungen zu beenden, anstatt ihn durch die Lieferung immer neuer Waffen weiter zu verlängern. Nicht erst der Krieg in Afghanistan hat uns gelehrt, dass militärische Konflikte nicht durch endlose Gewalt gelöst werden können. Stattdessen kosten sie unzählige Menschenleben, führen zu unermesslichem Leid und verbrauchen Ressourcen, die dringend für andere Herausforderungen benötigt werden. Zurück bleibt ein zerstörtes Land und eine traumatisierte Bevölkerung.

Die Aussage, dass der Krieg in der Ukraine militärisch kaum zu gewinnen ist, unterstreicht die Notwendigkeit, eine Verhandlungslösung zu suchen. Nicht, weil wir uns nicht alle wünschen, dass die Ukraine die Gewalt Russlands erfolgreich zurückschlagen könnte, sondern einfach weil wir sehen, dass es so wie bislang nicht gehen wird: jedes der geforderten Waffensysteme wurde als der „Gamechanger“ vorgestellt, aber keines hat die Entscheidung gebracht. Stattdessen kamen immer neue Forderungen nach immer neuen Waffen und absolut nichts wurde für die Menschen in der Ukraine besser. Die internationale Gemeinschaft hat die Verantwortung, diesen Prozess aktiv zu unterstützen und alles daran zu setzen, eine weitere Eskalation zu verhindern.

Ich setze mich für eine Politik ein, die Frieden und Diplomatie priorisiert. Sich für Verhandlungen auszusprechen bedeutet dabei nicht, von der Ukraine eine bedingungslose Kapitulation zu fordern. Wir müssen aber sämtliche diplomatischen Kanäle nutzen, um Verhandlungen zu unterstützen und Kompromisse zu fördern. Frieden wird nicht durch Bomben erreicht, sondern durch Dialog, Vertrauen und den Willen aller Parteien, eine nachhaltige Lösung zu finden. Jeder weitere Tag Krieg hingegen verlängert das Leid, kostet Menschenleben, zerstört Städte und erhöht das Risiko einer weiteren Eskalation. Das zu verhindern, ist jede Anstrengung wert.

Frage 6: In den letzten Jahrzehnten waren alle Versuche, Menschenrechte, Demokratie und Freiheit mit militärischen Mitteln zu erkämpfen – wie z. B. in Somalia, dem Irak, in Libyen in Syrien oder in Afghanistan – erfolglos. Sind Sie angesichts dieser Erkenntnisse dafür, weniger auf militärische Gewalt zu setzen, sondern Strategien des zivilen Widerstands zu entwickeln und zu trainieren?

RB: Ja, wir müssen aus den Fehlern vergangener Militärinterventionen lernen –Demokratie lässt sich nicht mit Gewalt aufzwingen. Gleichzeitig dürfen wir Menschenrechtsverletzungen nicht einfach ignorieren. Deutschland hat eine Verantwortung, sich international für Freiheit und Demokratie einzusetzen. Ziviler Widerstand kann eine starke Strategie sein, doch er ersetzt nicht den Schutz vonMenschen vor Aggression, wie wir es aktuell in der Ukraine sehen. Jede Situationbraucht eine kluge, verantwortungsvolle Antwort – mit Diplomatie, zivilem Widerstand und, wo nötig, auch mit Schutzmaßnahmen.

LH: Auf jeden Fall. Wer nur in militärischer Logik denkt, dem fällt halt auch nichts anderes ein, wie mit Konflikten umzugehen ist. Die Forschung von Chenoweth zeigt aber: es gibt nicht nur Alternativen, sie funktionieren auch besser und sind nachhaltiger. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte – von Afghanistan bis Libyen – haben gezeigt, dass selbst bei dem besten Ziel, dem Versuch, Demokratie und Menschenrechte zu verbreiten, militärischer Zwang der falsche Weg ist. Das ist katastrophal gescheitert!

Deutschland und die internationale Gemeinschaft sollten daher ihre Ressourcen nicht in militärische Konflikte investieren, sondern in die Förderung von Bildung, zivilgesellschaftlichem Engagement und gewaltfreien Widerstandsstrategien. Dies umfasst die Unterstützung von Initiativen, die zivile Konfliktlösungen, Dialog und Friedensbildung vorantreiben, sowie die Ausbildung von Mediatoren und die Stärkung lokaler Strukturen, die Gewalt verhindern können. Eine Welt, die auf Dialog, Zusammenarbeit und zivile Lösungen setzt, ist nicht nur gerechter, sondern auch sicherer. Dies ist der Weg, den ich unterstütze und für den ich mich einsetze.

Frage 7: Sind Sie der Ansicht, dass Putin so berechenbar ist, dass ein Angriff mit konventionellen Waffen nicht zu befürchten ist und es keiner weiteren Aufrüstung der Nato bedarf oder sind Sie mit der Friedensinitiative der Ansicht, dass man nicht sicher sein kann, ob Putin auf den Einsatz atomarer Waffen verzichten wird und deshalb die Erhöhung der Atomkriegsgefahr durch die Stationierung neuer Mittestreckenraketen auf jeden Fall vermieden werden muss?

RB: Putins Drohungen sind ernstzunehmen, aber sie dürfen uns nicht zu überhasteten Entscheidungen treiben. Die NATO ist Russland in konventionellen Waffen klar überlegen, und ein russischer Atomwaffeneinsatz bleibt äußerst unwahrscheinlich. Trotzdem ist es unsere Verantwortung, jedes Risiko eines Atomkriegs weiter zu minimieren. Das bedeutet: eine besonnene Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die auf Abschreckung setzt, ohne eine neue nukleare Aufrüstung voranzutreiben. Gleichzeitig müssen wir diplomatische Wege offenhalten und langfristig auf Abrüstung und Stabilität in Europa hinarbeiten.

LH: Die Widersprüchlichkeit in der Argumentation derer, die eine weitere Aufrüstung der NATO rechtfertigen, ist offensichtlich. Einerseits wird Putin als so unberechenbar dargestellt, dass selbst irrationale Angriffe befürchtet werden, andererseits wird behauptet, er sei berechenbar genug, um den Einsatz atomarer Waffen zu vermeiden. Beide Aussagen schließen sich gegenseitig aus und zeigen, dass die Aufrüstungspolitik nicht auf kohärenten Überlegungen basiert, sondern auf der Schaffung von Angst, um militärische Investitionen zu rechtfertigen. Nun bin ich selbst natürlich kein Militärstratege.
Aber am Ende ist es auch nicht der entscheidende Unterschied, ob Menschen in einem konventionellen oder einem Atomkrieg sterben. Beides müssen wir nach Kräften verhindern.

Eine nachhaltige Sicherheitsstrategie – hinsichtlich atomarer oder konventioneller Kriegsgefahren – beruht nicht auf Provokation und Wettrüsten, sondern auf Diplomatie und Abrüstungsverträgen. Die Erfahrungen des Kalten Krieges haben gezeigt, dass nur durch Dialog und klare Regeln – wie etwa den INF-Vertrag – das Risiko eines Atomkriegs effektiv gesenkt werden kann. Ich bin daher der festen Überzeugung, dass die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen und damit die Erhöhung der (Atom-)Kriegsgefahr unbedingt vermieden werden muss. Unsere Politik sollte darauf abzielen, Frieden zu sichern und nicht die Welt durch unnötige Militarisierung noch gefährlicher zu machen.

Der ungekürzte Fragenkatalog der FI mit weiteren Informationen kann hier aufgerufen werden.

Bild/Grafik: Friedensinitiative Konstanz

11 Kommentare

  1. Petra Gutenthaler

    // am:

    @Norbert Faulhaber
    Das sind halt alles Spekulationen. Aber wie Gorbatschow sagte, die Frage stellte sich damals nicht.
    Geschichtlich gab es viele Wendungen und Wirrungen. Einerseits haben wir den Westen und Russland die sich angenähert hatten. Andererseits die ehemaligen Ostblock- und Warschauer Pakt Staaten, welche sich Richtung Westen und NATO wendeten.
    Die Schwierigkeit lag/liegt darin einen Ausgleich der Interessen zu finden. Eine Annäherung an Russland und gleichzeitig das Recht der ehemaligen Ostblockstaaten auf eine freie Bündniswahl.
    Die freie Bündniswahl wurde ihn mehreren Verträgen von beiden Seiten bekräftigt.

    – Schlussakte von Helsinki 1975 (Hauptsächlich auf Initiative der Warschauer Pakt Staaten entstanden)
    – Charta von Paris für ein Neues Europa 1990
    – NATO Russland Grundakte 1997
    Die freie Bündniswahl war schon lange Thema.
    2005 bekräftigte der russische Außenminister Lawrow noch die Souveränität Georgiens und der Ukraine und deren freie Bündniswahl. (https://www.handelsblatt.com/politik/international/interview-mit-aussenminister-lawrow-russland-oeffnet-ukraine-den-weg-in-die-nato/2460820.html)

    Im Budapester Memorandum von 1994, welches die Rückgabe der Nuklearwaffen an Russland als Nachfolgerstaat der Sowjetunion regelt, werden den drei abgebenden Staaten Belarus, Kasachstan und der Ukraine Souveränität und Unverletzlichkeit der Grenzen zugesichert.
    In Artikel I des Budapester Memorandums wird auch noch mal explizit auf die oben genannte Schlussakte von Helsinki verwiesen. 2009 bei den START Verträgen bekräftigen die USA und Russland nochmals die Gültigkeit des Budapester Memorandums.

    Daher ist mir ihre Aussage zu einfach gefasst alles auf die 2+4 Verträge zu schieben und was dort wie auch immer versprochen wurde. Dies wird sich leider nicht mehr zweifelsfrei Rekonstruieren lassen.
    Dies ist aber auch irrelevant, da die Geschichte zeigt, es gibt weit mehr als nur dies wie auch immer geartete Versprechen von 1990 bei den 2+4 Verhandlungen

    Ihre Frage nach dem wie hätten die USA reagiert, wenn Kuba und Mexico dem Warschauer Pakt beigetreten wären, ist im aktuellen Kontext irrelevant. Sie sind nicht beigetreten. Wie hätte die Sowjetunion reagiert, wäre in den 60er, 70er oder 80er Jahren Finnland der NATO beigetreten, könnte man genauso fragen. Wird aber nichts bringen für die Beurteilung der aktuellen Lage.

  2. Norbert Faulhaber

    // am:

    Wenn die damalige sowjetische Regierung 1990 geahnt hätte, dass sich die NATO in den darauffolgenden 20 Jahren bis an die russische Grenze heranrobben würde, hätte sie wohl nie einer deutschen Wiedervereinigung zugestimmt. Entgegen aller Dämonisierung, die heute in den deutschen Mainstreammedien so populär ist, war auch Putin – (einst der Kronprinz von Präsident Jelzin) ursprünglich ein durchaus prowestlicher Politiker – bis ihm, Medwedew und anderen dämmerte, dass sie vom Westen nach allen Regeln der Kunst aufs Kreuz gelegt worden waren. Wie hätte denn die amerikanische Regierung reagiert, wenn in den 60er, 70er oder 80er Jahren Kuba und Mexiko dem Warschauer Pakt beigetreten wären? Schauen wir doch mal, wie lange es dauern wird, bis die deutsche Regierung ihren panischen Widerstand gegen den neuen Realismus, der jetzt offenbar in Washington vorherrscht, aufgibt…

  3. Petra Gutenthaler

    // am:

    @Herr Schluroff

    Ihre Darstellung ist historisch nicht ganz korrekt.
    Und das Thema, wer was wo Russland versprochen hat, ist nicht ganz nachvollziehbar.
    Es sieht aber so aus, als hätte sich das Ganze nur auf das Gebiet der DDR bezogen.
    Zum Zeitpunkt der 2+4 Verhandlungen stellte sich die Frage einer NATO-Osterweiterung noch nicht. „“Der Warschauer Pakt existierte doch noch. Die Frage stellte sich damals gar nicht.“ – Gorbatschow (https://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/nato-osterweiterung-gorbatschow)
    1997 wurde die NATO Russland Grundakte verabschiedet. Damals war allen klar, dass eine Osterweiterung der NATO nur mit Russland zusammen funktionieren kann.
    Die erste Osterweiterung fand dann 1999 statt.
    Russland bekam eine Ständige Vertretung im NATO-Hauptquartier und wurde bei allen Entscheidungen mit eingebunden.
    Es gab auch Bemühungen, Russland mit in die NATO aufzunehmen.
    Daher kann ich Ihr Fazit: „Das dürfte kaum zum Abbau der Spannungen zwischen NATO und Russland beigetragen haben.“ so nicht einfach stehen lassen.

  4. Maik Schluroff

    // am:

    @Peter Krause
    Der NATO kann ein Staat nicht einfach beitreten, vielmehr müssen sämtliche NATO-Mitglieder dem Beitrittsgesuch zustimmen. In Deutschland sind dafür Bundestag und Bundesrat zuständig.
    Die deutsche Wiedervereinigung und der Verbleib des vereinten Deutschland in der NATO – samt Abzug des sowjetischen Militärs — war nur möglich, weil „der Westen“ Gorbatschow versprochen hatte, die NATO würde „keinen Zoll“ nach Osten ausgedehnt.

    Diese Zusicherung wird immer wieder bezweifelt. Das staatliche US-amerikanische „National Security Archive“ hat 2017 bis dahin geheime Akten veröffentlicht. Diese bestätigen die Kritik an der NATO-Osterweiterung in den 1990er-Jahren durch den damaligen CIA-Direktors Robert Gates: Gorbatschow und andere seien glauben gemacht worden, es werde keine NATO-Osterweiterung geben.

    Das war der Preis für die deutsche Wiedervereinigung.

    Die Zusicherung „keine NATO-Osterweiterung“ stand nicht im Einigungsvertrag, jedoch in zahlreichen Memoranden auf höchster Ebene. Dazu zählten unter anderen: US-Präsident George H.W. Bush, Hans Dietrich Genscher (deutscher Außenminister), Helmut Kohl, deutscher Bundeskanzler), James Baker (US-Außenminister), Francois Mitterand (Ministerpräsident Frankreich), Margaret Thatcher (Premierministerin Großbritannien), John Major (britischer Premier), und Manfred Woerner (NATO-Generalsekretär).

    Entgegen diesen Versprechungen stimmte unsere Regierung wie alle anderen NATO-Staaten für die Aufnahme von Polen, Tschechien und Ungarn (1999), Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien (2004), Montenegro (2017) und Nordmazedonien (2020).

    Das dürfte kaum zum Abbau der Spannungen zwischen NATO und Russland beigetragen haben.

    Übrigens: „Ob Abschreckung funktioniert, wissen wir nicht.“ Prof. Dr. Carlo Masala, Universität der Bundeswehr München

  5. Dr. Peter Krause

    // am:

    Sehr geehrter Herr Faulhaber,
    die NATO ist nicht in ein Vakuum gestoßen, sondern eigenständige und freie Staaten sind der NATO beigetreten. Und diese Staaten sind der NATO beigetreten, weil sich ihre Völker von der NATO Sicherheit und Schutz vor einer imperialen Macht erhofft haben. Und diese imperiale Macht ist Russland.
    Die Völker und Nationen in Mittel- und Osteuropa haben ihre Erfahrungen mit dem russisch-sowjetischen Imperialismus gemacht, und diese Erfahrungen waren derartig schrecklich, dass man dort bis heute fürchtet, dass Russland erneut einmarschieren könnte. Und dass nicht zu Unrecht, wie das Beispiel der Ukraine zeigt. Die Ukraine hat nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auf die auf ihrem Gebiet gelagerten sowjetischen Atomwaffen verzichtet, für die Garantie, dass die Ukraine ein unabhängiger Staat wird, dessen Grenzen von Russland anerkannt werden. Russland hat 2014 die Ukraine angegriffen und die Krim annektiert, und seit nunmehr drei Jahren überzieht Russland die gesamte Ukraine mit Krieg. Die Ukraine ist nicht in der NATO und war damals auf sich allein gestellt.
    Bei meinen Besuchen in verschiedenen Ländern in Mittel- und Osteuropa konnte ich wiederholt erleben, wie dankbar man dort ist, Mitglied der NATO zu sein. Die Angst vor Russland ist überaus real in diesen Ländern.
    Nun gilt es, gemeinsam militärische Stärke aufzubauen und die Abschreckung zu stärken – und dies sehr schnell!
    Und zur Erinnerung: Die gemeinsame Abschreckung hat Europa 50 Jahre lang den Frieden gesichert und überhaupt die Abrüstung erst ermöglicht.

  6. Norbert Faulhaber

    // am:

    Ja, ja, schon klar – wenn „wir“ nicht die Ukraine bis an die Zähne bewaffnen, stehen die Russen demnächst in Berlin. Zur Erinnerung: Die Russen standen schon einmal 45 Jahre in (Ost-)Berlin, nämlich von 1945-90 und sind dann friedlich abgezogen – immerhin über 300 000 Mann. Aber kaum waren sie weg, stiess die Nato in das dadurch entstandene Vakuum. DAS ist der Ursprung des Kalten Krieges 2.0 (der ja nun seit drei Jahren jetzt auch ein heisser Krieg ist)…

  7. Dr. Peter Krause

    // am:

    In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren hat „die“ Friedensbewegung dafür demonstriert, dass die USA ihre Rakten und Atomwaffen aus der Bundesrepublik abziehen sollen.
    Nun könnte es sein, dass der neue US-Präsident diesen Wunsch erfüllt.
    Aber ich glaube kaum, dass hier bei uns in Europa darüber so richtig Freude aufkommen wird – auch nicht bei der Friedensbewegung.
    Ohne die militärische Stärke der USA stehen die Deutschen – und auch Europa – verteidgungspolitisch nackt da. Frankreich und England können froh sein, über eigene Atomwaffen und über eine einigermaßen gut ausgerüstete Armee verfügen zu können.
    Deutschland hat es – ich bitte um Verzeihung für die Ausdrucksweise – einfach „verkackt“! Immer über die „Amis“ schimpfen, aber selbst nichts, aber wirklich gar nichts auf die Kette zu kriegen, ist nicht nur erbärmlich, sondern für uns alle überaus gefährlich.
    Man kann sich natürlich auch wie ein Hund vor Putin auf den Rücken rollen und darauf hoffen, dass er einem lieb den Bauch streichelt, während er sich das alte sowjetisch-russische Kolonialreich zurückholt.

  8. Janosch Tillmann

    // am:

    Ich finde der Fragenkatalog liest sich eher wie eine Reihe von Parolen. Das ist aber meine persönliche Meinung und muss nicht zwingend von anderen so gesehen werden. Vermutlich kann man sich darüber trefflich streiten. Ich habe aber zu zwei der Fragen bzw. Teilen davon Anmerkungen und würde diese gerne ausführen:

    „Sind Sie dafür, den Krieg in der Ukraine möglichst schnell durch Verhandlungen zu beenden, statt endlos neue Waffen zu liefern?“

    Es sollen also deutsche Bundestagsabgeordnete darüber entscheiden, was mit der Ukraine zu passieren hat? Sollen das nicht die Ukrainer selbst entscheiden? Das wirkt jetzt erstmal kontraintuitiv.

    „In den letzten Jahrzehnten waren alle Versuche, Menschenrechte, Demokratie und Freiheit mit militärischen Mitteln zu erkämpfen – wie z. B. in Somalia, dem Irak, in Libyen in Syrien oder in Afghanistan – erfolglos.“

    Ich würde das gerne nachvollziehen. Ist die Friedensinitiative Konstanz der Ansicht, man hätte gar nichts machen sollen, angesichts von 350.000 verhungerten Somalis und einem eskalierenden Bürgerkrieg in dem Land?

    Der Irak hat 2006 seine ersten freien Parlamentswahlen durchgeführt. Ist es das kein Erfolg? Seit 19 Jahren ist der Irak eine, wenn auch prekäre, Demokratie. Wie lange gab es die Weimarer Republik? 15 Jahre. Es Deutschland hat zwei Weltkriege angefangen, große Teile seines Gebiets eingebüßt und dann hat es bis 1990 gedauert, bis das ganze Land eine parlamentarische Demokratie war.

    Ist es kein Erfolg, dass Menschen in Syrien aus dem Saidnaya-Gefängnis freigekommen sind, im Dezember 2024? Das der Baathismus endlich final beerdigt wurde, den Deutsche Nazis als arabischen NS gefeiert haben? Ist es kein Erfolg, dass afghanische Mädchen 20 Jahre lang Schulen besuchen konnten?

    Wenn das alles keine Erfolge waren, bedeutet das dann umgekehrt, dass es richtig von den Franzosen und den Engländern war, die Republik Spanien nicht mit Waffen zu beliefern, weil das den Bürgerkrieg ja nur verlängert hätte? War es die richtige Entscheidung das Sudetenland 1938 aufzugeben, weil das den Frieden verlängert hat?

    Bedeutet es, dass es Falsch von den Nordstaaten der USA war, wegen der Sklavenbefreiung einen Krieg mit dem Süden zu beginnen?

    Ich finde, es war Falsch, das Sudetenland Hitler zu überlassen, es wäre richtig gewesen, Spanien Waffen zu liefern und es war richtig, dass die Nordstaaten bereit waren gegen die Sklaverei Krieg zu führen. Aber vermutlich kommen wir zu unterschiedlichen Einschätzungen, was sich daraus für die Fragen der Gegenwart ableiten lässt.

  9. Robert Becker

    // am:

    Das Thema Landesverteidigung zu einem tiefgründigen Wahlkampfthema zu machen, ist meiner Meinung nach recht gewagt und wahrscheinlich eher ungeeignet, wenn man tatsächlich seriös die Bedrohungslage analysiert und ernst nimmt. Da sitzt auf gut deutsch ein Mann im Kreml, ehemaliger Top Agent des KGB, sozusagen mit allen Wassern gewaschen, greift völkerrechtswidrig ein freies Land an und kommuniziert weitere imperialistische Ziele völlig unverhohlen. Motivation ist geopolitisches Machtstreben, Gier nach Rohstoffen usw. Wer sich da noch keine Sorgen macht, hat den sprichwörtlichen Schuss wahrscheinlich noch nicht gehört.

    Zur Erinnerung, es gab da in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts schon mal einen Österreicher, der der Welt schon lange vorher erklärt hat, was er militärisch alles vor hat, es hat nur keiner ernst genommen. Überspitzt gesehen, hat der Rest der Welt wahrscheinlich intellektuell zu viel drüber sinniert und dabei vergessen, die notwendigen Maßnahmen zur Verhinderung der späteren Tragödie zu ergreifen.

  10. Thomas Jonasson

    // am:

    Guten Tag Frau Buss,
    ich habe Ihre Stellungnahme auf die Fragen der Friedensinitiative an die Kandidaten zur Bundestagswahl gelesen und möchte Ihnen darauf antworten.
    In Ihrer Aussage zur ersten Frage suggerieren Sie, dass Europa wie in den 1980 er Jahren beim sogenannten Nato-Doppelbeschluss eine Doppelstrategie aus Aufrüstungsandrohung bei gleichzeitigem Verhandlungsangebot fährt und „übersehen“ dabei, dass der zweite Teil diesmal einfach fehlt. Während die ehemals pazifistische Partei der Grünen in der Regierung war, wurde Deutschland so militaristisch, dass in der offiziellen Politik die Stationierung ohne Beschluss des Bundestags und ohne Verhandlungsangebot einfach nur angekündigt wird.

    Ihre Antwort auf die zweite Frage ist sehr enttäuschend. Sie schreiben: Ein Großteil der NATO-Ausgaben stammt aus den USA, deren Verlässlichkeit als Bündnispartner unter Trump infrage steht – Europa muss also selbst handlungsfähig sein.
    Nun differenziert die Greenpeacestudie allerdings zwischen Europa und den USA. Das heißt, Sie haben die Ergebnisse der Studie nicht zur Kenntnis genommen und beurteilen trotzdem deren Ergebnisse. Wenn man nun befürchtet, dass Sie mit Daten immer so umgehen, ist das Vertrauen in ihre Aussagen stark erschüttert.

    Zu Frage 3 und zu Frage 4: Die gerechtere Verteilung der Güter und Werte in dieser Gesellschaft ist zur Erhaltung von Demokratie und Freiheit in der Tat essenziell, denn es sind zum großen Teil Menschen, die sich sozial benachteiligt, die sich abgehängt fühlen, die dann zu Wählern der AFD werden und unsere Freiheit bedrohen. Die Grünen haben bereits bei Regierungsbeginn in der Ampel einem Koalitionsvertrag zugestimmt der auf eine höhere Besteuerung der Vermögenden verzichtet – und jetzt kündigt der grüne Minister Habeck die Verdoppelung der Rüstungsausgaben an. Das heißt, das in ihrer Antwort postulierte „sowohl soziale Gerechtigkeit als auch Rüstung“ ist Lippenbekenntnis, das Sie im Ernstfall hintenrunterfallenlassen, da sie die Bedrohung von außen fälschlicherweise (siehe Frage 2) viel größer einschätzen als die Gefahren, die aus der sozialen Ungerechtigkeit in unserem Land erwachsen, obwohl sie doch das Erstarken der Rechten nicht nur bei uns beobachten mussten, sondern auch sehen, dass sich diese in den USA schon durchsetzen konnten und deren Machtergreifung auch in anderen europäischen Ländern droht. Den Sündenbock für Probleme im Inneren in dem bösen Feind draußen zu sehen, war früher das Prinzip der Rechten, jetzt wurden die Grünen von diesem Denkmuster infiziert.

    Zu Frage 5: Ihre Argumentation, dass es beides braucht, suggeriert doch, dass man mit militärischer Gewalt eine Verbesserung erringen kann. Den jetzigen „Frieden“ in Afghanistan können Sie doch aber selbst auf keinen Fall für eine Verbesserung halten. Ergo waren die Opfer sinnlos. Und das gilt doch auch für die Ukraine: Die Verhinderung eines Diktatfriedens – also eines Waffenstillstands im April 2022 und das Inkaufnehmen der vielen Opfer der letzten 3 Jahre wäre doch allerhöchstens zu rechtfertigen, wenn ein deutlich besserer Waffenstillstand rauskäme, sprich wenn militärisch ein Sieg möglich wäre. Nun waren es aber die westlichen Militärexperten (wie z.B. der Chef des US-Militärstabs) die erklärten, dass dieser Krieg mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit nicht zu gewinnen sei. Das heißt, es droht, dass am Ende ein Waffenstillstand steht, der genauso schlecht ist – oder so wie es heute aussieht, vielleicht noch schlechter ist – als der, den sie als Rechtfertigung für diesen Krieg nehmen. Man kann doch nicht sagen, ich wünsche mir eine bessere Welt und dafür opfere ich hunderttausende wenn man dann hinnehmen muss, dass die Welt durch dies Opfer kein bisschen besser, sondern nur noch gewalttätiger, noch militaristischer wird. Wenn am Ende nur Tote, Verletzte, Traumatisierte, Zerstörung, mehr Hass und eine gigantische Vergeudung dringend benötigter Ressourcen rauskommt, lässt sich dieser Krieg doch genauso wenig rechtfertigen wie die vielen Kriege davor, in denen der Westen vergeblich versuchte, Demokratie, Freiheit und Menschenrechte mit Waffengewalt zu verbreiten.
    .
    Bei der Frage 6 will ich Ihre Antwort mal Satz für Satz betrachten:
    „Ja, wir müssen aus den Fehlern vergangener Militärinterventionen lernen“ – und machen in der Ukraine deshalb dasselbe wie in Afghanistan – nur mit noch mehr Power, den jetzt erhöhen wir die Militärausgaben extrem
    „Demokratie lässt sich nicht mit Gewalt aufzwingen“ – und deshalb versuchen wir es unentwegt immer wieder.
    „Gleichzeitig dürfen wir Menschenrechtsverletzungen nicht einfach ignorieren.“ Das fände ich auch schrecklich. Sie können doch wohl auch nicht annehmen, dass die Friedeninitiative Menschenrechtsverletzungen einfach ignorieren würde. Und wenn Sie dies nicht vermuten, an wen richten Sie dann diesen Satz?
    „Deutschland hat eine Verantwortung, sich international für Freiheit und Demokratie einzusetzen.“ Auch diesem Satz stimmen ich natürlich voll zu – aber dies schlösse z.B. Waffenlieferungen an Länder wie die Türkei, die einen Krieg gegen die Kurden in Rojava führt und Waffenlieferungen an Israel, dessen Regierung vom Europäischen Gerichtshof wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt wurde, genauso selbstverständlich aus wie Waffenlieferungen an despotische und frauenfeindliche Regime wie z.B. Saudi-Arabien. Die Grünen hatten dies zu Beginn der Ampel noch erklärt und dann zugelassen, dass die Waffenlieferungen in all diese Länder extrem ausgeweitet wurden.
    „Ziviler Widerstand kann eine starke Strategie sein, doch er ersetzt nicht den Schutz von Menschen vor Aggression, wie wir es aktuell in der Ukraine sehen. Jede Situation braucht eine kluge, verantwortungsvolle Antwort – mit Diplomatie, zivilem Widerstand und, wo nötig, auch mit Schutzmaßnahmen.“
    Diese Sätze suggerieren erstens, dass die Grünen in diesem Konflikt einen zivilen Widerstand massiv unterstütz haben – wo war dies denn der Fall?
    Weiter wird suggeriert, dass man von Anfang an entschlossen war, die Ukraine zu schützen. Das ist – nett gesagt – eine Geschichtsklitterung, denn zu Beginn im Februar 2022 waren die Grünen gemeinsam mit allen großen Parteien der Ansicht, dass man sich in diesen Krieg nicht hineinziehen lassen dürfe und keine Waffenliefern dürfe. Die erste Lieferung diente dann ja auch noch dem „Schutz“: Deutschland lieferte Schutzhelme.
    Zum dritten wird suggeriert, dass wir die Ukraine in den letzten 3 Jahren geschützt hätten. Allerdings ist sie heute sehr viel mehr zerstört, als sie es bei einem Waffenstillstand vor 2 ¾ Jahren gewesen wäre und Russland ist nicht friedlicher geworden.
    Das Sterben von Hundertausenden mit dem Begriff „Schutzmaßnahmen“ zu beschönigen, hätten die Gründungsmütter und Gründungsväter ihrer Partei noch als besonders zynische Form von Demagogie gebrandmarkt.
    Nein, wir sollten daraufsetzen, dass man Demokratie und Freiheit erkämpft, indem man die Menschen dafür gewinnt, dass man um ihre Meinung kämpfen muss, hier in Deutschland und auch in der Ukraine und selbst in Russland und erst recht in den USA. Wenn die USA tatsächlich wie von ihrem Präsidenten angekündigt Grönland besetzt, dann sollten wir nicht auf die Idee kommen Dänemark mit militärischen Mittel zu schützen und gegen die USA in den Krieg ziehen, selbst wenn dann die Gefahr droht, dass Trump nach Grönland und Panama auf die Idee käme, auch noch Kanada zu annektieren.
    Zur Frage 7:
    Sie schreiben: „Trotzdem ist es unsere Verantwortung, jedes Risiko eines Atomkriegs weiter zu minimieren. Das bedeutet: eine besonnene Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die auf Abschreckung setzt, ohne eine neue nukleare Aufrüstung voranzutreiben.“
    Dies hieße dann ja, dass Sie sich gegen die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen aussprechen. Denn deren Stationierung ist nicht besonnen, setzt nicht nur auf Abschreckung, sondern strebt eine Erstschlags-Fähigkeit an (oder wird zumindest von Russland so interpretiert), die den Zweitschlag unmöglich machen will, erhöht deshalb das Risiko eines Atomschlags gerade gegen Deutschland, da die Waffen ja hier stationiert sind und treibt dadurch die Aufrüstung voran – was Sie ja beides nicht wollen – und ist gar nicht mehr mit dem Angebot zu neuen Verhandlungen verknüpft – was sie ja unbedingt wollen. Allein der Gedanke, dass es sich um amerikanische Waffen handelt und der für seine Besonnenheit bekannte amerikanische Präsident Donald Trump in den nächsten Jahren den Finger auf dem Drückknopf hat, schließt es aus, die Stationierung als besonnene Reaktion zu sehen. Also ich verstehen das so: Wenn Sie Ihre Argumentation ernst nehmen, sollten Sie und ihre Partei sich in Zukunft wieder – wie in den 1980 er Jahren – gegen die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen positionieren. Das war damals schon richtig und ist es heute mehr denn je.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Jonasson

  11. Maik Schluroff

    // am:

    Die vollständigen Antworten der Kandidat.innen: Dr. Lina Seitzl, SPD, Lars Hofmann, Die LINKE, und Rosa Buss, Die GRÜNEN.
    FDP und CDU haben auf die Fragen der Friedensinitiative nicht geantwortet. Was die Wahlprogramme der Parteien zu Frieden, Verteidigung und Atomwaffen beinhalten, ist HIER aufgelistet.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert