Organisationen Logos Appell Flüchtlingsschutz

„Flüchtlingsschutz ist Teil unserer demokratischen Werte“

5 Kommentare

Organisationen Logos Appell Flüchtlingsschutz


Endlich gibt es auch andere Stimmen: Mit einem dringenden Appell an die Bundesregierung warnen 27 zivilgesellschaftliche Organisationen vor einer Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte, zu der inzwischen offenbar (fast) alle Parteien bereit sind.

Wir alle wollen in einer Gesellschaft leben, die uns schützt, unterstützt und in der wir respektiert werden. Deswegen sind die Säulen unserer Gesellschaft Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Sie schützen jeden von uns und wir müssen sie schützen. Die Vielfalt unserer Gesellschaft – von Ideen zu Gedanken, von Herkunft zu Identität – ist unsere Stärke. Für die Rechte aller Menschen in unserer Gesellschaft einzutreten, stärkt auch unsere eigenen Rechte. Die aktuellen Debatten um asylrechtliche Verschärfungen widersprechen diesem Selbstverständnis.

Das Recht, in Deutschland und Europa Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu suchen, gehört nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs zur DNA unserer Demokratie. Nach Deutschland geflüchtete Menschen sind Teil unserer Gesellschaft: Sie arbeiten und engagieren sich hier, ziehen ihre Kinder hier groß und gehören hierher. Fehlverhalten einzelner darf niemals dazu führen, dass pauschal bestimmte Gruppen von Menschen stigmatisiert, rassifiziert und als nicht zugehörig markiert werden. Wir lassen uns nicht spalten.

Damit stellen wir uns gegen politische Kräfte, die ein Interesse an Spaltung und Verunsicherung haben. In verschiedenen Ländern der EU haben wir den Fahrplan autoritärer Politiker*innen gesehen: Mit einem „Wir gegen die Anderen“ wird gegen bestimmte gesellschaftliche Gruppen Stimmung gemacht. Gehetzt wird gegen queere Personen, eingewanderte oder rassifizierte Menschen, Arbeitslose, Menschen mit Behinderung und andere gesellschaftliche Gruppen. Gewalt an den Grenzen – selbst gegen Kinder – wird normalisiert. Gleichzeitig werden die Institutionen des Rechtsstaats angegriffen – von der Unabhängigkeit der Justiz bis zur Arbeit von Anwält*innen. Eine solche Entwicklung lassen wir in Deutschland nicht noch einmal zu. Demokratische Parteien müssen hierfür an einem Strang ziehen, um den Versuchen der Spaltung den Zusammenhalt der Gesellschaft entgegenzustellen.

Das Asylrecht dient als erstes Ziel einer Politik, die zunehmend Menschenrechte infrage stellt. Dies zeigt sich an der aktuellen Debatte. Vorschläge wie Zurückweisungen von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen verstoßen eindeutig gegen europäisches Recht und menschenrechtliche Grundprinzipien. In vielen EU-Ländern droht Asylsuchenden ein Leben auf der Straße, Verelendung und willkürliche Haft. Aus diesen Gründen verbieten deutsche Gerichte immer wieder entsprechende Abschiebungen. Das macht deutlich: Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Abschiebung rechtens ist. Das gehört zu unserem Rechtsstaat und kann nicht ad hoc an der Grenze entschieden werden. Es gibt auch keine nationale Notlage, die ein Hinwegsetzen über diese Grundsätze rechtfertigen könnte.

Handlungsfähigkeit beweist sich durch realistische, wertegeleitete und rechtskonforme Politik. Anstatt sich zu stets neuen Verschärfungen treiben zu lassen, muss die Bundesregierung für ein Europa der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte einstehen. Für alle Menschen.

Unterzeichnende Organisationen (Stand 09.09.2024, alphabetisch):

Amnesty International Deutschland e.V.
Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein
AWO Bundesverband e.V.
BAfF – Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
Bundesarbeitsgemeinschaft PRO ASYL e.V.
Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel – KOK e.V.
Der Paritätische Gesamtverband
Deutsches Kinderhilfswerk e.V. (DKHW)
Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
Handicap International e.V.
HÁWAR.help
Internationaler Bund (IB) – Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.
IPPNW – Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V.
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland
JUMEN e.V. – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland
Kindernothilfe e.V.
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Landesflüchtlingsräte der Bundesländer
LeaveNoOneBehind
LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt e. V.
Moving Cities
Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) e.V.
Save the Children Deutschland e.V.
Terre des Hommes Deutschland e.V.

5 Kommentare

  1. Thomas Leba

    // am:

    @Christina Herbert-Fischer, ich hatte schon mit mehreren jungen Menschen in meiner Firma aus den Flüchtlingsländern zu tun. Sie hatten einen guten Ausbildungsplatz zum Fachinformatiker. Nach ein paar Monaten hatten sie gekündigt um in Restaurants, Shisa-Bars….. zu arbeiten. Ich denke die jungen Leute werden intensiv von anderen in D vorhandenen Gruppen beeinflusst.

  2. Werner Volk

    // am:

    Remigration heißt kreiert
    „Migrations Wende“

  3. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    Wir haben einen Fachkräftemangel, viele gehen in Rente. Das ist ein Problem. Wie kann es sein, dass Menschen, die hier her kommen, die Ausbildung oder einer Anerkennung derselben erschwert wird? Arme Staaten sollen unsere Fachkräfte ausbilden, wir geben fast nichts dafür aus? Geht es noch? Die Menschenrechte werden mit Füßen getreten und letztltich werden wir, unsere Alten und das Handwerk die Zeche zahlen.

  4. michael philips

    // am:

    Schön, dass endlich dem unisono Schreien nach immer mehr Repression gegen Geflüchtete und dem Ruf nach“Grenzen dicht und mehr abschieben“ sich doch durch diese nicht unbedeutenden Organisationen eine Stimme der Menschlichkeit erhebt. Statt immer weiter in Menschen ,die aus Not fliehen und hier ein besseres Leben suchen nur eine Bedrohung zu sehen,sollte mal der Bogen zu dem tollen Artikel hier auf Seemoz zur“Tax me now“ Initiative gezogen werden.Nämlich eben der Tatsache, dass immer mehr Vermögen sich in den Händen weniger Superreicher befindet ,und durch eine Besteuerung dieser Vermögen immense Summen für soziale und Infastrukturmassnahmen zur Verfügung stehen würden. Statt über solche Massnahmen auf breiter gesellschaftlicher Ebene zu diskutieren ,werden wieder die Schwächsten in der gesellschaftlichen Hierarchie so eben Geflüchtete aber eben auch Bürgergeldbeziehende als Hauptproblem stigmatisiert. Und ,so schrecklich die Messerattacken durch durchgeknallte islamistische Fundamentalisten sind: die meisten Messerattacken finden laut Statistiken in den eigenen vier Wänden als häusliche Gewalt vornehmlich von Männern gegenüber Frauen statt ………

  5. Dr. Peter Krause

    // am:

    Ich teile die polischen und rechtlichen Positionen, die hier dargelegt werden, nicht.
    Jeder Staat hat das Recht, seine Grenzen zu schützen und zu entscheiden, wen er ins Land lässt und wen nicht. Ein Staat hat sogar die Pflicht, dieses Recht auszuüben, um seine eigene soziale und gesellschaftliche Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten.
    Es ist ein überaus moralisch anmutende Positionen, alle, die Schutz und Hilfe suchen, aufnehmen zu wollen. Aber ist eine unbegrenzte Aufnahme von Menschen wirklich moralisch oder gar moralisch und rechtlich geboten? Ich habe hier meine Zweifel. Kann eine Überforderung unserer Gesellschaft – und die stetige Zuwanderung von Flüchtlingen ist nach meiner Ansicht eine solche Überforderung – moralisch und rechtlich zwingend geboten sein?
    Der damalige Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner Ansprache am 3.Oktober 2015 u.a. gesagt:
    „Und dennoch spürt wohl fast jeder, wie sich in diese Freude Sorge einschleicht, wie das menschliche Bedürfnis, Bedrängten zu helfen, von der Angst vor der Größe der Aufgabe begleitet wird. Das ist unser Dilemma: Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“
    (Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/bulletin/ansprache-von-bundespraesident-dr-h-c-joachim-gauck-805466)

    Diese Gedanken von Joachim Gauck halte ich für durchaus bedenkenswert.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert