Die schweizerischen Physiotherapeuten sehen sich durch das Scheitern der Tarifverhandlungen mit den Krankenversicherern und einen Vorschlag des Bundesrates in ihrer Existenz bedroht. Sie haben deshalb eine Petition gegen die aktuellen Tarifpläne gestartet.
Hier eine Medienmitteilung von Physioswiss:
Der Bundesrat hat beschlossen, eine Anpassung der Tarifstrukturen der Physiotherapie in die Vernehmlassung zu schicken. Der Schweizer Physiotherapie Verband Physioswiss ist über den angekündigten Eingriff in die Tarifstruktur zutiefst enttäuscht. Dieser wird sich negativ auf den bereits seit Jahren stark unterfinanzierten Bereich auswirken und schliesslich die physiotherapeutische Patientenversorgung stark gefährden: Mit diesem Tarifeingriff werden keine Probleme gelöst, sondern neue verursacht.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 16. August 2023 entschieden, von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch zu machen: Er hat beschlossen, die Änderung der Verordnung über die Festlegung und die Anpassung von Tarifstrukturen in der Krankenversicherung in die Vernehmlassung zu schicken. Die neue Tarifstruktur in der ambulanten Physiotherapie soll per 1. Januar 2025 eingeführt werden.
Klare Ablehnung – Gefahr von noch grösserer Schieflage
Physioswiss lehnt diesen Schritt vollumfänglich und ausdrücklich ab. «Wir können einen Eingriff in die Tarifstruktur nicht akzeptieren. In jedem Fall wird sich dieser negativ auf die bereits seit Jahren stark unterfinanzierte Physiotherapie auswirken. Das wird unsere Branche und die Patient:innenversorgung in eine noch grössere Schieflage bringen», sagt Mirjam Stauffer, Präsidentin von Physioswiss. Sie ergänzt: «Die Physiotherapie hat eine zentrale Rolle in der medizinischen Grundversorgung und eine grosse kostendämpfende Wirkung auf das Gesamtsystem. Trotzdem werden Physiotherapieleistungen seit Jahren mit zu tiefen Tarifen abgegolten.»
Physioswiss hat im letzten Jahr alles Notwendige getan, um die gesetzlichen Anforderungen für eine Tarifrevision zu erfüllen und die Tarifpartner an Bord zu holen. Im Rahmen einer Leistungsdatenstudie in der Physiotherapie konnte der Verband beweisen, dass die Physiotherapeut:innen bereits heute nicht kostendeckend arbeiten können. Mit dem aktuellen Tarif kann ein:e Physiotherapeut:in rund 60 Franken Umsatz pro Stunde generieren. Hinzu kommt, dass sich diese Situation durch die laufende Teuerung verschärft.
Durch den Tarifeingriff würden die von Physioswiss umgesetzten Bemühungen nach Leistungs- und Kostentransparenz in den letzten zwei Jahren hinfällig.
Zutiefst enttäuscht über möglichen Eingriff
Physioswiss ist über den Inhalt des möglichen Eingriffs zutiefst enttäuscht:
- Der Bundesrat stellt mit dem Eingriff den Charakter der Tarifstruktur in Frage, in dem er eine Einführung einer Zeitkomponente vernehmen lässt, ohne den Gesamtkontext zu berücksichtigen.
- Bei der Abrechnung für aufwändige Physiotherapie handelt es sich um eine notwendige und unerlässliche Abgeltung der Leistung für Patient:innen mit spezifischen gesundheitlichen Situationen. Diese lösen einen höheren Aufwand bei der physiotherapeutischen Behandlung aus. Wird die Behandlung dieser Personen nicht mehr kostendeckend entschädigt, ist damit die Versorgung für diese vulnerablen Patientengruppen akut gefährdet.
Physioswiss hatte die Hoffnung, dass sich der Eingriff positiv auf die Patient:innen sowie die Physiotherapie auswirkt. Nach einer ersten Analyse der noch nicht vollständigen Fakten zum Eingriff ist jedoch von einer deutlichen Verschlechterung – also nicht von einer «minimalen Anpassung» gemäss dem Bundesrat – auszugehen.
Über Physioswiss
Physiotherapie erhöht die Lebensqualität von Menschen und bezweckt die Behebung von körperlichen Funktionsstörungen und Schmerzen. Sie kommt zur Anwendung in der Therapie, der Rehabilitation, der Prävention, in der Gesundheitsförderung und der Palliativbehandlung.
Der Schweizer Physiotherapie Verband Physioswiss vertritt die Interessen von rund 10‘000 Mitgliedern. Für die Menschen in der Schweiz gestaltet der Verband gemeinsam mit 16 Kantonal- und Regionalverbänden die Zukunft des Gesundheitswesens mit.
Die Petition können Sie hier unterzeichnen.
Text & Bild: Physioswiss
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