Anti Afd Demo2 Konstanz 2024 02 25 © Pit Wuhrer

„Es ist zu spät für ein Verbot der AfD“

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Anti Afd Demo2 Konstanz 2024 02 25 © Pit Wuhrer


Viel zu lange wurde die AfD nicht ernst genommen als eine politische Kraft, die systematisch und durchdacht eine Strategie betreibt, um die Grundlagen der parlamentarischen Demokratie zu zerstören. Das sagt der Sozialforscher Horst Kahrs. Nun lasse sich das faschistische Milieu nicht einfach wieder klein kriegen, schon gar nicht mit einem Parteiverbot. Aber womit dann?

Wolfgang Storz: Alle fliehen. Die Grünen in die Arme eines neuen Vorstands, die FDP eventuell aus der Ampel, die SPD weg von ihrem Kanzler, die Grüne Jugend in eine neue linke Partei. Wenn Sie Kanzler Scholz beraten würden: Soll er in Neuwahlen fliehen?

Horst Kahrs: Ist Olaf Scholz beratungsoffen? Wer es gut mit ihm meint, würde ihm abraten: Er hätte nichts zu gewinnen, nur seine Kanzlerschaft zu verlieren.

Storz: Wenn Sie die Interessen der drei Regierungsparteien analysieren: Wird es zu Neuwahlen kommen?

Kahrs: Nein. Aber vielleicht verliert eine Partei ja die Nerven.

Storz: Welche Partei hätte davon den größten Vorteil?

Kahrs: Union und AfD würden noch stärker werden. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schaffte als weitere Anti-Altparteien-Partei rechtzeitig den Sprung in den Bundestag, bevor sie durch eine Machtbeteiligung in Sachsen, Thüringen und Brandenburg diesen Ruf ruinieren könnte. Es drohten also in ganz Deutschland ostdeutsche Verhältnisse. Damit meine ich, es drohte die nächste Zusammenarbeit aller demokratischen Parteien, allein um sich zusammen gegen AfD und BSW überhaupt behaupten zu können. Und das von Parteien, die sich zumindest im Bund eigentlich gegeneinander profilieren müssten. Und mit diesem neuerlichen Not-Bündnis böten sie Rohstoff für weitere Verschwörungserzählungen der AfD.

Horst Kahrs ist …
Horst Kahrs © Privat

Horst Kahrs ist Sozialwissenschaftler und Publizist. Von 1995 bis 2021 arbeitete er in verschiedenen Funktionen für die Partei Demokratischer Sozialismus (PDS), Die Linke und die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Heute betreibt er mit Tom Strohschneider den Blog »linksdings – Der Schlüssel steckt von innen«.

Storz: Können wir nicht mal die Kirche im Dorf lassen: In drei wirtschaftlich und machtpolitisch unbedeutenden Bundesländern mit etwa sieben Millionen Wahlberechtigten hat die faschistische AfD jeweils etwa 30 Prozent der Stimmen erreicht. (Mit-)Regieren wird sie nirgends. Und nun sieht sich die Republik wanken. Ist nicht das der eigentliche Sieg der AfD?

Kahrs: Sie haben mit Ihrer Frage einerseits recht. Und zugleich befördert Ihre Perspektive fahrlässig eine Verharmlosung dieser Partei. Richtig ist: Es zählt zweifelsohne zur medialen Aufmerksamkeitsökonomie, ständig Aufregung zu erzeugen. Und es spricht auch nicht unbedingt für die demokratische Debattenkultur, nun mal wieder tief erschrocken über ein gutes Wahlergebnis für die AfD zu sein. Genau das macht den Vorteil der AfD aus: Sie wird zum einen immer noch nicht ernst genommen als eine Partei, die mit ihrer systematischen Zersetzungs-Strategie wächst. Viel zu lange wurde sie verharmlost als „ostdeutsches“ Phänomen oder als „Protest“ von Abgehängten, Nichtgehörten, Verlassenen undsoweiter. Und zum anderen glaubte man viel zu lange, es würden WählerInnen abgeschreckt, wenn die AfD’ler als „Rechtsextremisten“ oder „Faschisten“ eingeordnet werden. Es ist nun an der Zeit, sich mit der Wirklichkeit zu konfrontieren.

Storz: Ich bin gespannt: Was ist denn Ihr wirklicher Blick auf die AfD?

Kahrs: Den Wählerinnen und Wählern der AfD sind deren rechtsextreme und faschistische Elemente kein Dorn im Auge. Viele nehmen sie hin, weil ihnen anderes wichtiger ist: der Autoritarismus und der Nationalradikalismus der AfD. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer spricht vom „autoritären Nationalradikalismus“ als ideologischem und affektivem Kern der AfD-Erfolge.

Rechtsextreme Graswurzelarbeit

Storz: Und das ist dann die sogenannte Normalisierung, weil das in anderen Ländern wie Frankreich, Italien oder Österreich schon seit langem so ist. Oder?

Kahrs: Richtig. Mit den Erfolgen der AfD erleben wir seit zehn Jahren eine europäische Normalisierung der deutschen Parteienlandschaft. Nationalismus und „Wir zuerst“-Denken droht in der Europäischen Union, aber auch global gegenüber den internationalen Institutionen hegemonial zu werden. Dieser Aufstieg wurde jahrelang strategielos quasi flankiert.

Storz: Deutschland ist also wie überall. Oder kommen noch Besonderheiten hinzu?

Kahrs: Es kommt in Deutschland noch eine zweite bedeutende Ursache hinzu: Denn die AfD ist zudem, vielleicht mehr im Osten als im Westen, Resultat einer systematischen Graswurzelarbeit von Rechten und Rechtsextremen. Ich erinnere an die „Baseballschläger“-Jahre in den frühen Neunzigern, an die Wahlerfolge von NPD und DVU bei jungen Wählern in den Nuller-Jahren. Diese Männer und Frauen sind ja nicht einfach weg, sie sind geblieben, haben Familien gegründet, sind in Vereinen, Elternräten, in der Zivilgesellschaft aktiv und haben Kinder, die jetzt selbst ins Wahlalter kommen. Und die von mir eben genannten politischen Aktiven dieser Zeit haben — in bester trotzkistischer Manier könnte man sagen — eine entristische Politik betrieben. Sie sind also seit 2015 wahlweise offen und konspirativ in diese Partei eingedrungen und haben die einstige Professoren-AfD von Bernd Lucke, Konrad Adam und anderen übernommen.

Storz: Dann ist die AfD gefährlicher als sie in der allgemeinen Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Ist das Ihr Befund?

Kahrs: Der „eigentliche Sieg“ der AfD, von dem Sie eingangs gesprochen haben, der besteht meines Erachtens darin, dass sie viel zu lange nicht ernst genommen wurde als eine politische Kraft, die systematisch und durchdacht eine Strategie betreibt, die Grundlagen der parlamentarischen Demokratie zu zerstören. Und aufgrund dieser bisherigen Fehleinschätzungen stehen heute die Parteien und AnhängerInnen der viel beschworenen „wehrhaften Demokratie“ ziemlich ratlos da. Es ist zu spät für ein Verbot der AfD – denn dafür ist sie schon viel zu stark. Und zugleich ist sie eben so stark, dass sie die Weiterentwicklung der europäischen und globalen Zusammenarbeit zu stören oder gar zu blockieren vermag.

Das Problem lässt sich nicht abschieben

Storz: In den beiden wohlhabenden Bundesländern Hessen und Bayern, in denen von Tristesse und Entrechtung wenig zu spüren ist, erreichte die AfD zuletzt jeweils beinahe 20 Prozent. Vor diesem Hintergrund die Frage: Signalisieren die drei ostdeutschen September-Wahlergebnisse, was in einem Jahr bei der Bundestagswahl auf uns alle zukommt? Ist Ostdeutschland politisch also Seismograph oder doch Ausreißer?

Kahrs: Gibt es einen qualitativen politischen Unterschied zwischen knapp 20 Prozent für die AfD in den westdeutschen „Musterländles“ und 30 Prozent in den „ostdeutschen Kolonien“? Genau diese Denke, zwischen beidem eine entscheidende Differenz zu behaupten, und damit das Ganze als ein Problem in den noch nicht so weit entwickelten östlichen „neuen“ Landesteilen zu betrachten, hat doch immer wieder verhindert, dass die demokratischen Parteien eine längerfristig angelegte politische Strategie entwickelten — gegen wachsenden Nationalismus, gegen die Diktatur einer neuen, vermeintlichen „deutschen“ Normalität und gegen die systematische Ausgrenzung von Menschen. Viel zu lange wurde nicht bedacht, dass Ostdeutschland politisch so etwas wie die Avantgarde sein könnte, dass dort also zuerst sich das entwickelt, was anschließend in ganz Deutschland sein wird.

Storz: Aber ist das parlamentarische System nicht geschmeidiger und damit leistungsfähiger denn je? Erst gründeten sich in den 1980er Jahren die Grünen, dann die Linke, 2013 die AfD, jetzt die Wagenknecht-Partei. Damit ist endlich auch der letzte latente Stammtisch-Faschismus und Digital-Populismus für den Urnengang präsent. Und die Wahlbeteiligung ging bereits bei der EU- und nun bei diesen Landtags-Wahlen fast durch die Decke. Wo bitte ist das Problem?

Kahrs: Das Problem sehe ich darin, dass die AfD eben keine Partei wie jede andere ist, sondern eine Partei, die die Grundlagen des demokratischen Systems aus den Angeln heben will. Sie will nicht, um ein Bonmot eines bayrischen Politikers aufzugreifen, wie Die Linke die Eigentumsverhältnisse mit den Mitteln des Grundgesetzes verändern. Nein, sie will die Grundfesten der Verfassung selbst aushebeln, etwa die Würde und gleichen Rechte eines jeden Menschen.

„Mit Brandstiftern paktiert man nicht“

Storz: Ihre Behauptung werden sicher viele bestreiten und sagen: Nein, so schlimm ist die AfD zumindest in Gänze nicht.

Kahrs: Jeder, der will, jede, die will, kann das ja im Original nachlesen und nachhören. Jede Analyse von Reden, Texten und Beschlüssen dieser Partei kommt zu dem Befund: Die AfD ist keine weitere Partei, die im parlamentarischen System reüssieren will. Weil die demokratischen Parteien das bereits seit längerem ahnten, deshalb bemühten sie sich ja, das Bild von der „Brandmauer“ zu popularisieren, gemeint als Schutz, als Selbstschutz, als Abwehr. 

Aber bereits das war ein Fehler. Bereits dieses Bild nutzte und nutzt der AfD mehr als den Demokraten. Denn dieses Bild ist ambivalent, besonders in Ostdeutschland, zwingt es doch geradezu zu der Assoziation mit dem Satz „Die Mauer muss weg“. Und noch eines: Es kann doch nicht nur darum gehen, einen Brand einzudämmen, wie das Bild von der „Brandmauer“ nahelegt, sondern darum, ihn zu verhindern. Das heißt, bereits die Sprache, die Bilder sind misslungen, die die Demokraten im Kampf gegen die AfD verwenden.

Storz: Was ist Ihr Vorschlag?

Kahrs: Besser wäre doch: „Mit Brandstiftern paktiert man nicht!“ Aber jenseits dessen, wie wichtig politische Begriffe sind und was sie auslösen können: Die AfD bestimmt doch mittlerweile in großen Teilen die politische Agenda und steht oft im Zentrum des Agierens aller anderen Parteien. Alles dreht sich um das Verhältnis zur AfD, fast alle steigen auf ihre Themen wie Migration ein, riskieren dafür sogar — siehe unter anderem die neuerlichen Grenzkontrollen — den guten Willen zur Zusammenarbeit in Europa. Es sieht nicht nur so aus, als kämen sie der AfD entgegen — sie kommen ihr in vielen Politikbereichen tatsächlich entgegen. Man kann so weit gehen zu sagen, die AfD regiert indirekt bereits mit. Eine bedeutende Folge dieser grundsätzlich falschen Strategie der demokratischen Parteien: In den Augen vieler WählerInnen geben sie der AfD damit recht und machen sie damit erst recht wählbar und attraktiv.

Storz: Meine Lieblingsthese war: Da die neue Wagenknecht-Partei den homogenen ausländerniedrigen Nationalstaat mag, ebenso das Deutschsoziale, eine waffenarme wehrlose Ukraine und eine möglichst rigide Flüchtlingspolitik, deshalb jagt sie der AfD Wähler:innen ab. Wagenknecht als Totengräberin von Höcke. Pech gehabt, ist das Ergebnis doch: starke Wagenknecht und starker Höcke. Warum entpuppte sich diese These als Rohrkrepierer?

Kahrs: Wir sollten bereit sein, es für möglich zu halten, dass es sich nicht um einen vollständigen Rohrkrepierer handelt. Es könnte ja sein, dass Wagenknecht zwar keine Wähler von Höcke abgezogen hat, aber immerhin verhindert hat, dass noch mehr Stimmen von anderen Parteien zur AfD gegangen sind. Diese Möglichkeit ist bisher empirisch nicht falsifiziert worden.

Storz: Aber Sie meinen trotz Ihrer Relativierung, die von mir vorgetragene These war im Kern von vornherein eine Illusion. Warum?

Kahrs: Generell basiert die These ja darauf, dass die AfD-Wähler eigentlich keine rechtsextreme und faschistische Partei wählen wollten, sondern dies quasi nur aus Notwehr, mangels Alternative getan hätten. Dass diese Annahme die Lebenslüge des BSW war und ist, das hat sich mit diesen Wahlergebnissen endgültig erwiesen. Das war von vornherein klar, aber jetzt ist es auch noch belegt.

Storz: Wer Wagenknecht und Lafontaine jetzt nicht nur Böses, sondern auch den tatsächlichen Willen unterstellt, die AfD schwächen zu wollen, dann ist das für sie eine politisch tragische Entwicklung.

Kahrs: Also, so weit reicht mein politisches Mitgefühl nun wieder auch nicht, um von deren Tragik zu sprechen. Aber es ist als wesentliches Ergebnis dieser Landtagswahlen festzuhalten: Wagenknecht und Lafontaine setzen ihr Zerstörungswerk im linken Lager fort, ohne die Rechten und Nationalradikalen zu schwächen.

BSW als Brückenbauer für die AfD

Storz: Wo sitzt der große Irrtum?

Kahrs: Wer jener These folgte, übersah, dass der AfD in außerordentlichem Maße eine „negative Milieubildung“ gelungen ist. Es ist ihr gelungen, eine Art „Anti-Milieu“ aufzubauen und zu festigen, in dem eigene Kommunikationswege und Wahrheiten gelten, wo „Mainstream“ und „Lügenpresse“ nichts mehr zu sagen haben und in dem die demokratischen Institutionen von den „Eliten“ und „Systemparteien“ manipuliert werden. Das wurde und wird von denen völlig unterschätzt, die diese Rohrkrepierer-These vertreten. Und damit nehmen sie in verhängnisvoller Weise nicht zur Kenntnis, dass viele Wähler, wie die Umfragen zeigen, Rechtsextremismus und Faschismus — sagen wir mal freundlich — in Kauf nehmen, sich davon nicht abschrecken lassen.

Und weil das so ist, deshalb blieb für die Wagenknecht-Partei nur noch das Klientel der stark nationalstaatlich orientierten Wähler im linken Parteienlager übrig. Die wurden vom BSW aus den vormaligen Bindungen an Linke, SPD oder aus der Wahlenthaltung herausgelöst und gewonnen. Das sind Wählerinnen und Wähler, die eben nicht auf die Idee gekommen waren, eine rechtsextreme Partei zu wählen, die womöglich Frau Wagenknecht immer noch für eine Linke halten. 

Das führt mich in der Analyse zu einer weiteren Gefahr, die vom BSW ausgeht: Indem das BSW ebenfalls auf die nationalistische und antiwestliche Karte setzt wie die AfD, könnte es auch zum Brückenbauer für die AfD werden. Sowohl die nationalistische Haltung des „Wir zuerst“ nach innen und außen als auch die Position, Deutschland müsse mit Putin-Russland zunächst seinen Frieden machen, sind in beiden Parteien weit verbreitet, beim BSW noch mit sozialstaatlichen Positionen verknüpft. Aber die nationalistische Dynamik ist in der Regel stärker als die sozialstaatliche, wie man an der Schwäche des linken Lagers sieht, so dass das BSW zur Durchgangsstation werden könnte.

Storz: Etwa die Hälfte der WählerInnen wählt die AfD aus Protest gegen aktuelle Regierungs-Politiken, ist also potenziell von demokratisch gesinnten Parteien noch erreichbar. Und die andere Hälfte wählt die AfD aus Überzeugung, weil sie selbst völkisch denkt und diese Demokratie abschaffen will. Gilt dieser empirische Befund des Halbe-Halbe immer noch?

Kahrs: Diese Unterscheidung in der Wählerschaft gilt schon länger nicht mehr und erfüllte von Anfang an nur den Zweck, sich selbst zu beruhigen. Protesthaltungen sind nie ideologisch beliebig, sie haben immer eine Tendenz und Nähe zu einem Gesellschaftsbild. Das kann zum Beispiel Gleichheit oder aber Nationalismus sein. Aber ja, es gibt Unterschiede im Grad der Bindung an eine Partei oder ideologische Ausrichtung. Deshalb sollte man immer davon ausgehen, dass manche Wählerinnen und Wähler auch der AfD ihre Wahlentscheidung ändern können. Beispielsweise wenn andere Parteien mehr darüber sprechen, was auf unsere Gesellschaft zukommt, mit welchem Kompass sie handeln wollen, was wir als reiche Gesellschaft alles gestalten könnten, wenn wir nur zuversichtlich und verantwortungsvoll handelten und so weiter. Aber: Damit würden der AfD vielleicht Ansatzpunkte für ihre Negativ-Kampagnen entzogen. Was aber trotzdem bliebe, das ist die im Kern nationalradikale und autoritäre Gesinnung der Wähler:innen der AfD, ihre bewusste Bereitschaft, Brandstifter mit ihrer Stimmabgabe zu unterstützen.

Storz: Wie dann ist die AfD kleinzukriegen? Man hat sie erst ignoriert, dann dämonisiert, aktiv überwacht und mit allen demokratischen Mitteln ausgegrenzt — sie wuchs und wuchs. Da bleibt doch nur noch, sie in Regierungsverantwortung einzubinden und damit zu entzaubern. Zu gefährlich?

Kahrs: Wir sollten als erstes davon ausgehen, dass man Faschisten nicht einfach wieder kleinkriegen, sie aber „kleiner“ machen kann, indem die demokratischen Parteien ihre Politik grundlegend ändern. Eben nicht die Themen in den Mittelpunkt stellen, welche die AfD stark machen wie Migration. Sondern die Themen in den Mittelpunkt stellen, die für AfD-Wähler auch von Belang sind: Wer soll in zehn Jahren, im Alter Eure Pflege übernehmen, wer die Bäder altersgerecht umbauen? Also die wirklichen Aufgaben, die sich für ein gutes Alltagsleben heute schon stellen, benennen und Lösungen zur Abstimmung stellen. Klar machen, dass der mittelfristige Erfolg der exportorientierten deutschen Wirtschaft, mithin der Arbeitsplatz von Millionen, von einer entschiedeneren Dekarbonisierung und Digitalisierung abhängig ist. Weil sonst die wirtschaftlichen Fortschritte in China, Japan, den USA bei uns, in der EU und in Deutschland, zu Firmenpleiten führen werden — Volkswagen liegt in vielen Bundesländern quasi vor der Haustür. Und dann vielleicht die Frage stellen: Wo wären wir ohne Einwanderung?

Das Verbotsverfahren nährt eine Illusion

Storz: Es geht im Kern also um eine andere Themensetzung, vor allem zugunsten von wirtschaftlich-materiellen Fragen.

Kahrs: Ja, schon, aber das reicht nicht. Es kommt zweitens eine wesentliche Erkenntnis hinzu, die Erkenntnis nämlich: Faschisten kann man nicht „entzaubern“. Denn Faschismus ist vor allem eine Bewegung von Anti-Demokraten zur Eroberung von politischer und institutioneller Macht und im nächsten Schritt zur Verteidigung erreichter Machtpositionen. So ist der Kampf gegen die AfD zwangsläufig ein Kampf um den Erhalt der parlamentarischen Demokratie. Egal wo Sie hinschauen, Sie sehen doch: Kaum an den Schalthebeln politischer Macht werden Institutionen umgebaut, die Rechte der Opposition eingeschränkt, das Vertrauen in Medien und Justiz untergraben, bürgerliche Rechte beschnitten. Wem der historische Verweis auf den Irrtum der deutschen Konservativen bezüglich der Nationalsozialisten zu weit hergeholt ist, der schaue nur nach Österreich, wo der FPÖ trotz aller Skandale, Stichwort Ibiza, und schlechten Ergebnissen ihrer Regierungsarbeit jetzt ein erneuter Wahlsieg gelungen ist. Oder nach Ungarn. Oder schauen Sie auf den Verfassungsumbau in Melonis Italien.

Storz: Sie haben angedeutet: Die AfD sei bereits zu stark, ihr Verbot verbiete sich. Dann sind in Ihren Augen alle Verbotsversuche der nächste große strategische Fehler der demokratischen Parteien?

Kahrs: Mit Wahlergebnissen von 20 bis 30 Prozent ist die AfD nicht nur bei Wahlen erfolgreich, sondern sie ist tief im sozialen Alltag und in sozialen Milieus verankert. Die Leute bleiben dort, auch bei einem Verbot. Sie sind gewieft genug, schnell eine neue Partei zu gründen. Den verbreiteten Wunsch nach einem autoritären Nationalradikalismus in der deutschen Innen- und Außenpolitik kann man nicht per Gerichtsbeschluss verbieten.
Schließlich: Die AfD war bereits so erfolgreich, dass sie ihren Anhängern ihre eigenen „Wahrheiten“ verkaufen kann, es gibt keine gemeinsame Öffentlichkeit mehr mit halbwegs geteilten Kriterien Vernunft, Erkenntnisgewinn und so weiter. Gemeinhin wird das als Vertrauensverlust der demokratischen Institutionen bezeichnet, wobei vergessen wird, dass Vertrauen in die „alternativen Wahrheiten“ entstanden ist.

Ein Verbotsverfahren nährte nur die Illusion, durch ein Machtwort des Bundesverfassungsgerichts käme die demokratische Welt wieder in Ordnung. Das wäre vielleicht noch vor fünf, sechs Jahren der Fall gewesen. Nun aber braucht man mehr: eine Strategie gegen den wachsenden radikalen Nationalismus und eine Strategie zur Wiederherstellung einer gemeinsamen demokratischen Öffentlichkeit. Erst wenn die greift, hat ein Verbotsverfahren vermutlich Sinn.

Diesen Beitrag konnten wir mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Storz dem Blog Bruchstücke entnehmen.
Fotos von den Anti-Rechts-Demos Anfang Jahr in Konstanz, Singen und Radolfzell: Pit Wuhrer 

26 Kommentare

  1. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    zu Herrn Haschker
    zum Faschismus der AfD hatte ich mich nicht geäußert. Hatten Sie meinen Kommentar gelesen?Nochmal um es klar zu stellen, sie ist eine in Teilen verfassungsfeindliche Partei, die ihre von der Verfassung garantierten Rechte dazu benutzt, unsere Grundordnung zu untergraben. Die Auseinandersetzung muss auf allen Ebenen geführt werden. Ich habe nichts gegen inhaltliche Auseinandersetzungen, nur allein reicht das nicht um unsere Demokratie zu verteidigen.

  2. Roland Becker

    // am:

    Ich frage mich ernsthaft, warum man sich mit Inhalten einer Partei auseinandersetzen soll, deren Auftritt in der Öffentlichkeit schon regelmäßig höchst peinlich ist und letztendlich alles über die Gesinnung der Führungsriege sagt. Der armselige Auftritt vor ein paar Wochen im Thüringer Landtag ist nur ein Beispiel.

    Die Auftritte hinter verschlossenen Türen sind ja schon in begrenztem Umfang in die Öffentlichkeit gekommen. Da gerät deren vorläufiges Parteiprogramm doch zur reinen Nebensache.

    Wenn diese Geschäftsgepflogenheiten zum Beispiel in einem Autohaus praktiziert werden würden, wäre eine Insolvenz wahrscheinlich nur eine Frage von Monaten.

    Wir brauchen da auch garnicht groß lamentieren, ob das nun Nazis, Reichsbürger, Faschisten oder nur Demokratieverächter sind, und wenn ja wieviele. Es fehlt unzweifelhaft an moralischen Grundwerten, unbestreitbar und das in erheblichem Ausmaß.

  3. Wolfgang Storz

    // am:

    Herr Haschker,
    nach Durchsicht der Beiträge meine ich: Niemand sagt, man solle sich mit der AfD NICHT inhaltlich auseinandersetzen.
    Wir beide unterscheiden uns nur in einem entscheidenden Punkt: Wenn Sie davon ausgehen, die meisten wählen die AfD, weil sie die Politik der Ampel schlecht finden, den können wir relativ leicht als Wähler einer demokratischen Partei zurückgewinnen. Wer die AfD dagegen aus Überzeugung, also gerade wegen ihrer Grundpositionen (Abschottung, Nationalismus, möglichst wenige Ausländer, weniger Emanzipation, möglichst starke deutsche Homogenität, statt Demokratie mehr Autokratie, das Volk steht gegen die abgehobenen Eliten, problematische Nähe zu Putin, Orban etc.) wählt, wie kann ich den für diese parlamentarische Demokratie zurückgewinnen? Das ist viel schwieriger. Ich befürchte inzwischen, wie Kahrs, die meisten AfD-WählerInnen sind Überzeugungs-WählerInnen. Das ist der Kern-Unterschied, um den sich unsere Diskussion dreht.

  4. Gunder Haschker

    // am:

    Sehr geehrter Herr Becker,
    hier eine Stimme zu Ihrer Frage bezüglich der „Kümmerer-Partei“:
    https://taz.de/Politischer-Raumgewinn/!5985837

  5. Norbert Faulhaber

    // am:

    Lieber Herr Haschker, Sie stehen hier nicht völlig allein mit Ihren Argumenten. Tatsache ist doch, dass die Dämonisierung dieser Partei sie letztendlich nur noch stärker gemacht hat. Ich denke, der sicherste Weg, sie auch bundesweit auf 30 Prozent zu bringen, ist, ein Verbotsverfahren anzustreben. Was der (Achtung, Polemik!) „hysterische Antifaschismus“ hierbei geflissentlich übersieht, sind die politischen Schnittmengen, die zu CDU und CSU bestehen (auch diese Parteien hatten – jahrzehntelang! – Nazis in ihren Reihen, einer davon, die Älteren werden sich noch daran erinnern können, war sogar baden-württembergischer Ministerpräsident). Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn wir in ein paar Jahren mit einen Bundeskanzler Merz aufwachen – und einer Vizekanzlerin Weidel…

  6. Janosch Tillmann

    // am:

    @Gunder Haschker,

    Was für eine Art der Auseinandersetzung ist es bitte, politische Prozesse und Prozesse der Willensbildung nicht in Dekaden, sondern quasi vom Heizungsgesetz bis zur Wahl in Thüringen zu denken.

    Sie wollen die AfD und Ihre Wähler ernst nehmen? Warum ignorieren Sie dann die Aussagen des Personals dieser Partei und tun so, als würden Wähler massenhaft so eine Partei wählen, weil ihnen quasi einfach ein Furz quer sitzt.

    Entschuldigung für die Polemik aber wenn Sie ernsthaft diskutieren wollen, dann tun Sie das auch. Die DDR hatte auch eine feine Verfassung aber am Ende zählt die Umsetzung. So ist es bei der AfD auch. Dass die AfD auf dem Papier am GG klebt, ist klar. Ihr Personal tut das aber – ganz offensichtlich – nicht.

  7. Gunder Haschker

    // am:

    Ich stehe hier offensichtlich alleine mit dem Argument, dass man sich mit der AfD inhaltlich auseinandersetzen muss.
    Frau Herbert-Fischer, Herr Storz, Herr Reile, Herr Becker, Herr Tillmann erklären mir, dass die AfD eine faschistische Partei ist. Bei aller Achtung kann ich dem so nicht folgen, wie ich schon versuchte darzulegen. Richtig ist, dass es in der AfD zweifelsohne Nazis gibt, das ist offensichtlich und diese gilt es mit aller Kraft zu zu bekämpfen, denn sie wollen unser Land zu einem anderen machen.
    Herr Mennecke schreibt: „Wer die AfD zu verharmlosen versucht, läutet den Anfang vom Ende unserer Demokratie ein.“ Dem folge ich und grade deswegen ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihr notwendig. Mir bleibt es unverständlich, dass immer nur über die AfD geredet wird, anstatt sie in direkter Auseinandersetzung zu stellen. Die Menschen suchen Orientierung und grade deshalb ist das aus meiner Sicht erforderlich. Wovor fürchtet man sich?
    Verbotsdebatten führen zu nichts außer zu noch mehr Zulauf zur AfD.

  8. Roland Becker

    // am:

    @Gunder Haschker

    Sie schreiben „Ferngesteuerte Unterhosen“ – das ist die Arroganz von Besserwissern.“

    Herr Haschker, das hat überhaupt nichts mit Arroganz und schon garnichts mit Besserwissen zu tun. Die Verbindungen, auch finanzielle, der AFD zu den Autokratien Russland und China sind durch Sachverhalte belegt.

    Schauen Sie sich die Biografie von Sahra Wagenknecht an und vor allem ihre äußerst einseitigen und einfältigen Positionen zum Angriffskrieg von Russland, frei nach dem Motto, wehrlos sind wir die besten Partner. Auch die Verteidigungsfähigkeit Europas: lieber zurückfahren als Anpassung. Sie haben weiter unten etwas von gesundem Menschenverstand geschrieben. Genau der darf bei solchen Positionen zu Recht in Zweifel gezogen werden.

  9. Roland Becker

    // am:

    @Gunder Haschker

    Sie schreiben „glauben Sie wirklich, dass in Brandenburg, Thüringen und Sachsen ca. 30% der Wähler und in anderen Bundesländern auch ca. 15-20% einer Nazi-Ideologie erlegen sind? Das ist doch absurd und weitab vom gesunden Menschenverstand.“

    Ich persönlich schätze unter den genannten 30% tatsächlich 5–10% als überzeugte Staatsfeinde, Demokratiefeinde, Verfassungsfeinde ein. Dazu liegen genug Sachverhalte vor, um das genau so beurteilen zu können. Zum Beobachtungsfall des Verfassungsschutz wird man nicht ohne weiteres. Selbst die Gründer der AFD haben sich ganz weit distanziert.

    Die restlichen 20% der AFD Wähler dürften der Gruppe der Mitläufer und dem Personenkreis angehören, die womöglich garnicht richtig verstehen, auf wen sie sich einlassen. Und wir alle wissen aus den Geschichtsbüchern, wie gefährlich gerade das Mitläufertum im 3. Reich war.

    Weiter schreiben Sie „ in den ländlichen Gegenden zumindest der neuen Bundesländer (ich habe keine Informationen wie es in den „alten“ diesbezüglich aussieht), wird sie als „Kümmerer-Partei“ beschrieben, weil sich die etablierten Parteien offensichtlich eben dort nicht genug um die täglichen Sorgen der Leute kümmern.“

    Was ist denn bei Ihnen unter Kümmern zu verstehen? Um was konkret kümmert sich denn Herr Höcke? Realpolitisch. Oder nennen Sie doch Beispiele, wie sich die AFD anders als Amtsträger anderer Parteien herausragend kümmert.

  10. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    zu Herrn Haschker
    Ich kann ihre Gedanken nachvollziehen, doch ich teile sie nicht. Ich respektiere deshalb ihre Person nicht weniger, als jeden anderen, der hier kommentiert.
    Ich sehe unsere Demokratie tatsächlich in Gefahr. Ich glaube wirklich nicht, dass die AfD Wähler alle beinharte Nazis sind, aber das waren die Wähler der Nazis damals eben auch nicht. Ich habe kein Problem mich inhaltlich mit den AfD Positionen auseinander zu setzten, doch es ist so, dass das leider nichts bewirkt. Hier geht eine jahrelang gestreute antidemokratische Saat auf und mit Argumenten erreicht man viele einfach nicht mehr.
    Ich denke, ein AfD-Verbot trocknet das, was da schon gewachsen ist, nicht mehr aus. Jeder Stein im Weg bindet jedoch Energien. Ohne jede Illusion, ich unterstütze das AfD-Verbot nach langem Nachdenken. Ich unterstütze es nicht, weil ich glaube, dass damit der Elefant im Raum verschwindet, sondern weil wir einfach alles tun müssen um es Ihnen schwerer zu machen unsere Demokratie zu kapern und das verhindern. Auf allen Ebenen, von inhaltlicher Auseinandersetzung bis hin zu juristischen Schritten, wir müssen für unsere Demokratie kämpfen.

  11. Gunder Haschker

    // am:

    Lieber Herr Storz, ja das gab es alles in der alten BRD und sicher findet sich da Etliches wieder in der AfD. Nun muss ich allerdings sagen, und das ist meine eigene Erfahrung, in der DDR gab es das alles nicht und auch die Erziehung war eine staatlich gewollte antifaschistische. Aber ausgerechnet in den neuen Bundesländern ist die AfD so stark, wie vereinbart sich das? Kommen Sie mir bitte jetzt nicht mit dem Argument der Unterdrückung, das zieht nur bei Leuten, die keine Ahnung vom damaligen Leben dort haben.
    Ich verharmlose nichts, ich will nur, dass man sich wirklich mit den Thesen der AfD auseinandersetzt und sie nicht bequemerweise einfach in eine Schublade steckt.
    Von fehlendem Nachdenken und Geschichtsvergessenheit kann bei mir keine Rede sein.

  12. Wolfgang Storz

    // am:

    Sehr geehrter Herr Haschker,
    Sie schreiben unter anderem: „Ich glaube a priori erstmal wenig, ich bemühe mich, zu sehen … .“
    Wenn Sie sich bemühen, sich von dem beeinflussen zu lassen, was ist und war, dann können Sie die Geschichte nicht einfach dort abschneiden, wo es Ihnen passt.
    Es gibt vor allem in einer Demokratie kein Recht auf ein geschichtsvergessenes Leben.
    Es gab vor der heutigen rechtsextremen AfD die Pegida-Bewegungen, es gab mit wechselnden Erfolgen in den vergangenen Jahrzehnten die DVU, die Republikaner, die NPD, es gab und gibt weit verbreitete rechtsextreme Netzwerke und Kampfsportgruppen, es gab und gibt viele Jahre Dutzende rechtsextrem motivierter Überfälle und Morde. Ich erinnere mich noch — abgesehen von den zahlreichen empirischen Heitmeyer-Studien über die Empfänglichkeit der sogenannten gesellschaftlichen Mitte für Rechtsradikalismus — an die renommierten Sinusstudien aus den siebziger Jahren in der alten Bundesrepublik. Deren Befund: etwa ein Fünftel der Bevölkerung teilen anhaltend rechtsradikale bis rechtsextreme, antisemitische und autoritäre Haltungen. Kahrs stellt die Frage, auch Ihnen, wo sind diese rechtsradikal bis rechtsextrem gesinnten Menschen geblieben? Seine erst einmal einleuchtende These: Sie haben mit der AfD eine sprachgewaltige Stimme und ihre politische Heimat gefunden. Das sollten Sie, ohne weiteres Nachdenken und um den Preis der Verharmlosung, nicht einfach zur Seite schieben.

  13. Gunder Haschker

    // am:

    Herr Tillmann, denken Sie wirklich, dass in Brandenburg, Thüringen und Sachsen ca. 30% der Wähler und in anderen Bundesländern auch ca. 15-20% einer Nazi-Ideologie erlegen sind? Das ist doch absurd und weitab vom gesunden Menschenverstand.
    Sie und andere bezeichnen die AfD als faschistische Partei. Was ist Ihrer Ansicht nach die Definition einer faschistischen Partei? Es gibt Leute wie Höcke, die als Faschisten bezeichnet werden dürfen und die sind auch gefährlich für die Demokratie. Aber ganz so einfach ist es nicht mit der AfD, in den ländlichen Gegenden zumindest der neuen Bundesländer (ich habe keine Informationen wie es in den „alten“ diesbezüglich aussieht), wird sie als „Kümmerer-Partei“ beschrieben, weil sich die etablierten Parteien offensichtlich eben dort nicht genug um die täglichen Sorgen der Leute kümmern.
    Es ist einfach, die AfD gesamthaft faschistisch zu nennen, so kann man sie in diese Schublade stecken und muss sich nicht mit ihr auseinandersetzen. Das ist nach meiner Auffassung ein großer Fehler, der noch Folgen haben kann.
    Ich wiederhole, was ich schon schrieb: „Das Parteiprogramm der AfD ist …, wenn man sich die Mühe macht, es mal zu lesen, a priori … nicht grundgesetzwidrig.“ Also Vorsicht an der Bahnsteigkante!

  14. Janosch Tillmann

    // am:

    @Gunder Haschker,

    die AFD war doch schon vor der Ampel eine Kraft. Heute wird häufig vergessen, dass die bereits 2013 fast in den Bundestag eingezogen wären. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass ihre Wähler sich früher auch bei CDU, FDP und in Teilen auch bei der SPD heimisch gefühlt haben und diese eben eine andere Politik betreiben. Nichts destotrotz ist es nicht angemessen, die AFD-Wähler zu Menschen zu erklären, die eben einfach eine faschistische Partei wählen, weil ihnen aktuelles Regierungshandeln missfällt.

    Da klingt es doch etwas logischer, dass die Saat von REPs, DVU und NPD dann auch irgendwann großflächig aufgegangen ist und dieses Phänomen mit der aktuellen Situation zusammentrifft. Es ist wirklich schwer sich darüber zu täuschen, was die AFD will. Und man wählt eine solche Partei nicht einfach nur, weil man den anderen eins auswischen will, sondern weil man ihr Angebot nachfragt.

    Ich halte, ganz ab von Herrn Haschker, das BSW für eine brandgefährliche Sache. Anders als die AFD wird es linken und auch bürgerlichen Kräften schwerer fallen diese Partei zu bekämpfen. Sie sind eben schon auch „Fleisch von unserem Fleische!“

  15. Helmut Reinhardt

    // am:

    @Peer Mennecke
    Nun bin ich kein Anhänger von Sahra Wagenknecht und bleibe dem Vers des berühmten Liedes „Es rettet uns kein höh’res Wesen, kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun(in)..“ treu, jedoch die AfD und das BSW sollten keinesfalls in einen Topf geworfen werden. So sind z.B. in keiner deutschen Partei so viele bekannte Vertreter mit Migrationshintergrund wie im BSW, sie repräsentiert in dieser Hinsicht die gelungene(?) Einwanderungsgeschichte unserer Gesellschaft in den letzten 60 Jahren, trotz aller Widrigkeiten, wie keine andere. Umso mehr laste ich ihr an, dass sie eine restriktive Politik gegenüber Geflüchteten und Asylsuchenden propagiert – diesen Kurs verfolgen allerdings inzwischen bis auf die Linke alle hiesigen Parteien.
    Nehme an, dass Sie in anderen Lebensbereichen nicht so pauschal, unkritisch und undifferenziert vorgehen und urteilen wie in Ihrem Kommentar, sonst wäre ein Scheitern an der Realität und den Tücken des Alltags angesagt, was Ihnen dort sicher nicht widerfährt.

  16. Gunder Haschker

    // am:

    @ Roland Becker
    Mal eine Frage an Sie: Glauben Sie, daß die große Zahl der Wahlberechtigten, die die AfD wählen, Nazis sind oder Nazis nahestehen?
    Zu ihren Fragen: Ich glaube a priori erstmal wenig, ich bemühe mich, zu sehen und mich weder von Links noch Rechts beeinflussen zu lassen.
    Ich kenne keinen Staat, „wo es scheinbar alles besser funktioniert“ und bin auch nicht auf der Suche nach einem „starken Mann“, ich möchte, dass in meinem demokratischen Staat alles möglichst gut funktioniert, das sehe ich aber zur Zeit nicht. Da bin ich sicher auch nicht der Einzige.
    Wer inhaltliche Auseinandersetzungen mit AfD und BSW von vornherein ablehnt, sollte sich nicht Demokrat nennen, beide Parteien wurden demokratisch gewählt und vertreten offensichtlich einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung.
    Die immer wieder angeführten Vergleiche mit den 30er Jahren sind nicht haltbar, ich gehe davon aus, dass wir im Gegensatz zur Weimarer Republik über eine gefestigte Demokratie verfügen, die es natürlich zu verteidigen gilt. Das funktioniert aber nicht mit Ausgrenzung mißliebiger Standpunkte und Ansichten.
    „Ferngesteuerte Unterhosen“ – das ist die Arroganz von Besserwissern.

  17. Roland Becker

    // am:

    @Gunder Haschker

    Sie sprechen Themen „Lebenshaltungskosten , Mieten, Arbeitsplatzabbau, Bürokratie, Verkehrspolitik, Zick-Zack-Kurs bei e-Mobilität, Schuldenpolitik, Ukrainehilfe, ganz zu Schweigen von dem unsäglichen „Heizungsgesetz“, also praktisch die ganze Palette…“ an.

    Ohne in Details dieser Themen, oder besser „Probleme des derzeitigen irdischen Seins“ zu gehen, Mal ein paar Fragen an Sie:

    -Glauben Sie tatsächlich, dass die derzeit aktiven Politiker die Probleme nicht kennen?
    -Glauben Sie tatsächlich, dass die Politiker sich nicht tagtäglich um Lösungen bemühen?
    -Glauben Sie tatsächlich, dass diese Probleme so mal eben mit links gelöst werden können oder tatsächlich ein starker Mann daher kommen muss, und schon sind alle happy?

    Zeigen Sie doch einen Staat, wo es scheinbar alles besser funktioniert.

  18. Roland Becker

    // am:

    @Peer Mennecke

    Volle Zustimmung. Der Versuch einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit AFD und BSW ist genau diese Falle, die der Demokratie gestellt wird und in einem endlosen Sprechblasenkarussel enden wird. „Ferngesteuerte Unterhosen“ ist das zutreffende Zitat (was in den Wänden eines Konstanzer Gymnasiums vor Jahrzehnten in anderem Zusammenhang regelmäßig zu hören war(-;)

  19. Norbert Faulhaber

    // am:

    Sehr geehrter Herr Mennecke, was an den politischen Positionen von Sahra Wagenknecht ist „antisemitisch“?

  20. Peer Mennecke

    // am:

    Wer die AfD zu verharmlosen versucht, läutet den Anfang vom Ende unserer Demokratie ein. Wer das nicht sieht, muss mit den Konsequenzen leben, dass Russland und seine Helfershelfer hier demnächst unser Land regieren. Gleiches gilt für Sahra Wagenknecht, die Rosa Luxemburg für Arme. Wer auf ihr fatal fremdgesteuertes Geschwafel reinfällt, hat ebenso den Schuss nicht gehört. Beide „Parteien“ bzw. Befehlsempfänger Putins vereint die absolute Russlandtreue wie auch den Antisemitismus. Ich schäme mich für Wähler solcher verblendeten Menschen und hoffe für meine Kinder und Enkel, dass uns diese empathiefreien Monster als Mitglieder jedweder Regierungen erspart bleiben.

  21. Christina Herbert-Fischerc

    // am:

    zu Herrn Haschker
    Die Probleme, die wir heute haben sind zum Teil, neben verschiedener Katastrophen, auch das Ergebnis der CDU-Regierungspolitik innerhalb der großen Koalition. Das was heute sichtbar wird, als Ergebnis einer völlig verfehlten Energie- und Klimapolitik, von Sanierungsstaus (Bahn, Brücken, Straßen, Büroktatie, …) ist wirklich nicht der jetzigen Regierung zuzuschreiben. Sie sind diejenigen, die das ausbaden müssen, was schon lang vorher verbockt wurde.
    Ansonsten stimme ich Holger Reile vollumfänglich zu. Auch in den 30ziger Jahren des letzten Jahrhunderts waren es übrigens zum allergrößten Teil unbescholtene Bürger, die die Nazis gewählt hatten.

  22. Gunder Haschker

    // am:

    Der „braune Mob… in der rechtsradikalen Szene“ ist das eine (wieviel Prozent der Bevölkerung umfasst der?), die Wählerschaft der AfD besteht aber zum allergrößten Teil, davon bin ich überzeugt, aus unbescholtenen Bürgern, die diese Partei nicht wählen, um einen neuen Nationalsozialismus zu etablieren, sondern wegen ihrer vollständigen Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik, und dabei ist die Zuwanderung nur ein Faktor von vielen: Lebenshaltungskosten , Mieten, Arbeitsplatzabbau, Bürokratie, Verkehrspolitik, Zick-Zack-Kurs bei e-Mobilität, Schuldenpolitik, Ukrainehilfe, ganz zu Schweigen von dem unsäglichen „Heizungsgesetz“, also praktisch die ganze Palette…
    Das Parteiprogramm der AfD ist ja, wenn man sich die Mühe macht, es mal zu lesen, a priori auch nicht grundgesetzwidrig. Insofern ist eine Verbotsdebatte überhaupt nicht „zielführend“, um mit einer ehemaligen Bundeskanzlerin zu sprechen. Mit der A´fD muss man sich endlich inhaltlich auseinandersetzen. Solange man das nicht tut, wird der Zulauf nicht enden.

  23. Holger Reile

    // am:

    @Gunder Haschker
    „Graswurzelarbeit des Nationalismus und Rassismus“ findet in der rechtsradikalen Szene seit langen Jahren statt. Und die braune Saat geht halt, nicht nur bei uns, leider auf. Dafür lediglich die Zuwanderung verantwortlich zu machen, ist allzu schlicht. Der braune Mob hat sich längst international vernetzt und das der Ampel, trotz ihrer Fehler, zuzuschieben, geht am Thema vorbei.

  24. Gunder Haschker

    // am:

    Was ist „Graswurzelarbeit des Nationalismus und Rassismus“? Wenn es die gegeben haben sollte, ist das eben auch auf das Versagen der Regierungspolitik zurückzuführen, insbesondere was Die Zuwanderung betrifft. Man kann es drehen und wenden wie man will…

  25. Wolfgang Storz

    // am:

    Zumindest was die AfD anbetrifft — eben nicht! Die These von Kahrs ist ja gerade, die AfD ist wesentlich Ergebnis einer langjährigen Grasswurzelarbeit des Nationalismus und Rassismus. Das ist ja das besonders Beunruhigende.

  26. Gunder Haschker

    // am:

    Man kann es auch in einem einzigen Satz ausdrücken: Wenn die Ampelregierung eine bessere, an den Interessen des Volkes ausgerichtete Politik gemacht hätte, wäre die AfD bei Weitem nicht so stark.
    Und das BSW gäbe es vielleicht gar nicht.

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