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Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (27)

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Die Sendungsbewusste

„Seitdem ich das englische Proletariat kenne, ist die Sklaverei in meinen Augen nicht mehr das schlimmste Unglück, was dem Menschen widerfahren kann“, hielt die französische Schriftstellerin 1839 fest. Während ihre Untersuchungen über die Zustände in britischen Fabriken, Bordellen, Zuchthäusern und Elendsvierteln in England totgeschwiegen wurden, stießen sie in Frankreich auf breites Interesse. Bereits zuvor hatte die 1803 in Paris geborene Tochter eines peruanischen Adligen von sich reden gemacht: Nach einer (betrüblichen) Reise zu ihren reichen lateinamerikanischen Verwandten – nach dem frühen Tod des Vaters war die Familie verarmt – , hatte sie einen Bericht veröffentlicht, in dem sie unter anderem die Lebensbedingungen der Sklaven, Dienstbotinnen und Tagelöhner beschrieb. Und zwar so eindrücklich, dass das Buch in Peru verboten und die Autorin symbolisch verbrannt wurde.

Aus dem frühkapitalistischen England – „dem Spiegelbild unserer eigenen Zukunft“, wie die Kontinenaleuropäerin meinte –  kehrte sie aber nicht nur empört zurück, sondern als glühende Verfechterin eines (selbst)befreiten Proletariats. Innerhalb kurzer Zeit verfasste sie „L’Union ouvrière“,  ihr wichtigstes Werk, in dem sie erstmals einen weltweiten Zusammenschluss der ArbeiterInnen forderte, unabhängig des Berufs und des Geschlechts. Nur so, war sie überzeugt, bekäme die Bewegung die notwendige politische Schlagkraft. Das war 1843 – fünf Jahre bevor Karl Marx und Friedrich Engels das „Kommunistische Manifest“ veröffentlichten. Wenn zudem jedeR ArbeiterIn pro Jahr auch nur 2 Franc in eine Kasse einzahle, rechnete sie vor, besäße diese Union allein in Frankreich vierzehn Millionen Franc und damit genügend Geld für eigene Bildungseinrichtungen, Invaliden-, Kranken- und Altenheime.

Der engagierten Sozialistin blieben aber nur noch wenige Monate, ihre Ideen unter die Lese-Unkundigen zu bringen. Dazu reiste sie zehn Monate lang quer durch Frankreich und besuchte die ArbeiterInnen in ihren Werkstätten und in den Wirtshäusern, wo sie meist ehrfürchtig empfangen wurde. Am 14. November 1844 starb sie schließlich erschöpft, aber im festen Glauben, dass der Fortschritt nicht mehr aufzuhalten sei.

Wie heißt die von der Polizei bespitzelte Ur-Gewerkschafterin und Großmutter Paul Gauguins, die einen Mordversuch durch ihren Mannes nur knapp überlebte?

Text: Brigitte Matern

Auflösung des Rätsels

Diesmal fragten wir nach der französischen Schriftstellerin, Sozialistin und Frauenrechtlerin Flora Tristan (1803–1844). Der Titel ihres Buches über die Arbeits- und Lebensbedingungen der ArbeiterInnen in England lautet „Im Dickicht von London“. In ihrem Buch „Meine Reise nach Peru – Fahrten einer Paria“ schildert sie ihre Erlebnisse als alleinreisende Frau und die Lage des einfachen Volkes in Südamerika nach dem Ende der spanischen Herrschaft. Die Biografie „Aufruhr einer Paria“ von Gerhard Leo (1990) und der Roman „Das Paradies ist anderswo“ des peruanischen Schriftstellers Mario Vargas Llosa (2004) erzählen vom beeindruckenden Leben der Schriftstellerin und Gewerkschafterin Flora Tristan (Vargas Llosa schildert zudem das Treiben ihres Enkels Paul Gauguin). brm

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