Ganesha © Pexels Auf Pixabay

Endlich wissen statt immer nur glauben

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Während Politiker*innen das christliche Abendland und seine angebliche moralische Überlegenheit hochleben lassen, versuchen einige aufrechte Menschen, endlich mit der Aufklärung zu beginnen und Staat und Religion zu trennen. Deutschlands bekanntester Vorkämpfer für die Freiheit von der Religion, Michael Schmidt-Salomon, liest am Samstag in Konstanz aus seinem neusten Buch.

Angeblich veredelt er ja den Menschen, macht ihn hilfreich und gut: Der Glaube, zumal wenn er der richtige ist. Da mag ein laues Lüftchen den Qualm der Scheiterhaufen vorbeiwehen, da mögen Geistliche jahrhundertelang Kinder prügeln und vergewaltigen, da mag die Kirche erst bei den Massenmorden der Nazis wegschauen und anschließend die übelsten Nazi-Verbrecher in ein sicheres Exil schmuggeln. Es hilft alles nichts: Viele Menschen sind noch immer der längst widerlegten Meinung, Religion sei „eigentlich“ gut oder bewirke zumindest viel Gutes. Selbst der sonst oft so knauserige Staat schaufelt bekanntlich die Steuergelder aller Menschen, selbst jene der Un- und Falschgläubigen, großzügig in die Christensäckel, denn „Gott hat hohe Nebenkosten“ (Eva Müller).

Wissenschaft contra Religion

Gegen diesen Wahnsinn treten in Deutschland, wo der eiserne Arm der Christen bis tief ins Parlament reicht, nur wenige an, und so werden die Kirchen zwar erfreulicherweise immer leerer, aber der Einfluss und die Kassen der Kirchenoberen schrumpfen noch lange nicht in wünschenswertem Maße.

Gegen all diese Erscheinungen, die man eher im angeblich finsteren Mittelalter vermuten würde, engagiert sich die Giordano-Bruno-Stiftung (GBS), die sich ein an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiertes Weltbild sowie Selbstbestimmung, Freiheit und soziale Gerechtigkeit aufs Panier geschrieben hat. „Evolutionärer Humanismus“ nennt sie das, die den Namen jenes Philosophen und Forschers angenommen hat, der nach einem langen Inquisitionsverfahren am 17. Februar 1600 in Rom verbrannt wurde.

Eine elegante Hypothese

Die GBS ist der verlängerte Arm einer Aufklärung, deren Beginn zwar schon vor langer Zeit – etwa von Kant und Voltaire – verkündet wurde, die aber bis heute noch nicht richtig in Gang gekommen ist. Sie kritisiert alle Religiosität, nicht nur die christliche, will den irrationalen Glauben durch vernunftbasierte Erkenntnisse ersetzen und verspricht am Ende „Heidenspaß statt Höllenqual“. Der evolutionäre Humanismus vertritt nach eigenen Angaben „(bis zum Beweis des Gegenteils!) die ‚elegante‘ Hypothese, dass es im Universum ‚mit rechten Dingen‘ zugeht, dass also weder Götter noch Dämonen, weder Hexen noch Kobolde in die Naturgesetze eingreifen“.

Michael Schmidt Salomon © Udo Ungar, Piper Verlag
Michael Schmidt-Salomon © Udo Ungar, Piper Verlag

Das bekannteste Gesicht dieser Bewegung ist der streitbare Publizist Michael Schmidt-Salomon, der in der Presse gern auch mal als „Deutschlands Chef-Atheist“ bezeichnet wird. In seinem aktuellen Buch „Die Evolution des Denkens: Das moderne Weltbild – und wem wir es verdanken“ porträtiert der promovierte Philosoph 10 wichtige Denker*innen, die unsere westliche Geisteswelt mitgeprägt haben: Von Epikur über Marx, Nietzsche, Darwin, Einstein und Marie Curie bis hin zu Alfred Wegener, Carl Sagan, Karl Popper und Julian Huxley geht die Reise.

„Es ging mir in dem Buch nicht darum“, so der Autor, „eine Liste der ‚10 größten Genies der Menschheit‘ zu präsentieren. Eine solche Liste sähe wohl von Kultur zu Kultur unterschiedlich aus. Mein Ziel war es vielmehr, ein Team zusammenzustellen, das uns dabei helfen kann, die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Im Grunde war meine Aufgabe als Autor vergleichbar mit der eines Fußballtrainers, der nicht unbedingt die genialsten Einzelspieler nominiert, sondern diejenigen, die auf dem Platz am besten miteinander harmonieren. Mag sein, dass ein anderer ‚Trainer‘ eine etwas andere Mannschaft für das ‚Anthropozän-Turnier‘ aufgestellt hätte, aber ich denke, dass diese ‚Weltauswahl‘ nur schwer zu schlagen wäre …“

Was: Michael Schmidt-Salomon präsentiert sein neues Buch „Die Evolution des Denkens“.
Wann: Samstag, 09.03.2024, um 15 Uhr.
Wo: Bürgersaal Konstanz, Sankt-Stephans-Platz 17, 78462 Konstanz.
Wer: Eine Veranstaltung der GBS Bodensee e.V.

Text: MM, O. Pugliese, Bilder: oben von Pexels auf Pixabay, unten von Udo Ungar / Piper Verlag

6 Kommentare

  1. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    Obwohl ich ein glaubender Mensch bin, bekennende Christin, kann ich den Unmut teils verstehen und ich danke trotzdem Ralph Braun für seinen Kommentar. Ich war als junger Mensch aus der römisch katholischen Kirche ausgetreten, Gemeinschaft im Glauben war mir trotzdem wichtig. Ich habe eine neue Heimat in der alt-katholischen Kirche gefunden, die synodal organisiert ist, katholisch vom Glaubensverständnis her ist, jedoch nicht Rom untersteht, ohne Zölibat, Frauen können Priesterinnen werden und die Menschen mitreden. Ich „glaube“ nicht an die Wissenschaft, ich erkenne sie an. Ich engagiere mich für Ökumene und respektiere auch Glauben anderer Religionen und genauso dass Menschen nicht glauben. Ich denke, bei aller berechtigten Kritik, dass wir uns als Menschen in unserem Sein respektieren können, dort wo wir stehen , wenn wir die Menschenrechte respektieren, wenn wir aufeinander zugehen und für eine gerechtere Welt eintreten.

  2. Gunder Haschker

    // am:

    Die Juden und Christen haben denselben Gott, der Islam mit Allah auch, der ist allerdings weniger personenhaft, die Hindus haben Brahma, Vishnu und Shiva, die Buddhisten haben Buddha, den Erleuchteten, der allerdings nicht als Gott gilt, die Konfuzianer und Taoisten haben keinen und lehren das ständige Lernen und das universelle Prinzip, die Atheisten, die in Deutschland immerhin über 40% der Bevölkerung ausmachen, lehnen übernatürliche Mächte ebenfalls ab. Darüber hinaus gibt es tausende von Glaubensgemeinschaften und Naturreligionen auf dieser Welt. Doch noch niemand hat es geschafft, diese Erde frei von Kriegen, Eroberungen und Unterdrückung zu machen. Ich habe längst jegliche Hoffnung aufgegeben, daß sich diese Menschheit irgendwann zu gemeinsamem vernünftigen Denken aufschwingt. Der Mensch ist einfach eine Fehlkonstruktion der Natur, auch wenn er der Gipfel der Evolution ist. Speziell wir Deutschen sollten aufhören mit unserer ständigen Nabelschau. Von Indien und Asien aus gesehen ist Deutschland nur ein Klecks auf der Weltkarte. Falls sich die Menschheit nicht vorher selbst vernichtet, was wahrscheinlich ist, verschwindet sie spätestens dann, wenn es auf der Sonne kalt wird und das Licht ausgeht… dauert aber noch paar Jahre…:-).

  3. Wolfgang Klosterhalfen

    // am:

    Zum schädlichen christlichen Unsinn gehört auch der staatlich organisierte und bezahlte – in Bayern sogar dreistündige – Religionsunterricht. Warum auch der voller leerer Versprechungen ist, habe ich hier beschrieben: https://reimbibel.de/religionsunterricht .

  4. Wolfgang Daub

    // am:

    @Leber : Nicht „nur“ Artikel 4 sondern auch die Präambel gehört zum Grundgesetz, also: „Im Bewusstsein vor Gott und den Menschen, …. dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.“

  5. Ralph R. Braun

    // am:

    Glaube und Spiritualität scheinen seit den Anfängen des Menschseins, gewiss aber seit der Steinzeit, untrennbarer Teil menschlicher Kultur. Er stiftet vielen Hoffnung, Kraft und moralischen Kompass. Das wird so bleiben. Und wer’s nicht braucht, der kann ja ausscheren und zum Agnostiker werden.
    Und was die organisierten Kirchen mit all ihren dunklen Seiten angeht: Wenn ich versuche, mir unsere derzeitige Gesellschaft ohne die Kirchen vorzustellen, so wäre diese keinen Deut humaner und menschenfreundlicher. Eher das Gegenteil.

  6. Andreas Leber

    // am:

    Vielen Dank für diesen klaren Artikel!

    Es ist ein seltsamer Widerspruch – eigentlich haben sich Humanismus und Aufklärung schon mit der Verabschiedung des Grundgesetzes längst durchgesetzt, und zwar auf breiter Linie – oder welche „christlichen“ Werte stehen denn im GG? Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Gleichheit (aller Bürger, aber insbes. von Mann und Frau: der Grund für Bayern als einzigem Bundesland, damals das GG abzulehnen!), Republik statt Monarchie, Freiheit von Wissenschaft und Kunst, Religionsfreiheit, usf. – nicht einer dieser Werte, der nicht gegen erbitterten Widerstand der Kirchen und der weltlichen, autoritären Obrigkeit durchgesetzt werden musste! –

    Und dennoch müssen wir uns von (angeblich) christlichen Politikern immer wieder anhören, wie christlich unser Land doch sei … und der promovierte Jurist Söder lässt in öffentlichen Gebäuden das Kreuz aufhängen! Glaubt dem eigentlich auch nur einer, dass er wirklich ans Christkindle glaubt? Ich nicht eine Sekunde: Alles nur Show, für ein offensichtlich für dumm gehaltenes Wahlvolk!

    Entzieht dem die Basis! Austreten – jetzt!

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