Die Öffnungszeiten von Kneipen, gerade in der Innenstadt, erregen seit jeher die Gemüter wie wenige andere Themen. Jetzt hat es das Thema Sperrzeitverkürzung wieder einmal auf die Tagesordnung des Gemeinderates geschafft.
Wie nicht anders zu erwarten, ist die Ausgangslage nicht ganz einfach. Den Rahmen für die Sperrzeiten legt das Land mit seiner Gaststättenverordnung fest (die sich übrigens in gleich vier Paragraphen erstaunlich ausgiebig den von der Obrigkeit offenkundig argwöhnisch beäugten Straußenwirtschaften widmet).
Wenn es allerdings um die Sperrzeiten geht, steht vor allem §9 zur Debatte: „Die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten beginnt um 3 Uhr, in Kur- und Erholungsorten um 2 Uhr. In der Nacht zum Samstag und zum Sonntag beginnt die Sperrzeit um 5 Uhr. Sie endet jeweils um 6 Uhr.“ Ausnahmen gibt es an Silvester und in der Nacht zum 1. Mai.
Die bisherige Konstanzer Regelung
Die Stadt Konstanz hat aber zuletzt am 25.06.2015 eigene, deutlich restriktivere Regelungen als das Land beschlossen. Ziel war es, im linksrheinischen Bereich wie der dichtbesiedelten Niederburg den von Zecher*innen und Raucher*innen ausgehenden nächtlichen Lärm zu reduzieren. Deshalb wurde deutlich zwischen der Altstadt und Stadelhofen sowie den übrigen Teilen der Stadt unterschieden. Das sieht dann so aus:
Rechtsrheinisch: Die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten in rechtsrheinischen Stadtteilen einschließlich der Ortsteile beginnt um 2.00 Uhr, in der Nacht zum Samstag und zum Sonntag um 3.00 Uhr. Sie endet jeweils um 06.00 Uhr.
Altstadt und Stadelhofen: Abweichend […] wird der Beginn der Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten im linksrheinischen Stadtgebiet allgemein auf 1.00 Uhr, in der Nacht zum Samstag und zum Sonntag auf 3.00 Uhr festgesetzt. Die Sperrzeit im Hafengebiet östlich der Bahnlinie beginnt um 3.00 Uhr. Die Sperrzeit endet jeweils um 6.00 Uhr.
Außerdem gibt es Sonderregelungen für spezielle Anlässe wie Fasnacht und Feiertage.
Landesregelung auch für Konstanz?
Das Junge Forum hat jetzt (wie schon 2014) beantragt, die großzügigere Landesregelung für die Innengastronomie im gesamten Konstanzer Stadtgebiet auf ein Jahr zur Probe zu übernehmen. Das hieße also, dass die Gaststätten in der ganzen Stadt in Zukunft werktags erst um 3.00 Uhr, in den Ortsteilen um 2.00 Uhr, in der Nacht zu Samstag und zu Sonntag um 5.00 Uhr zusperren müssten. Mit anderen Worten: Es geht um längere Öffnungszeiten der Kneipen. Wobei daran erinnert werden muss, dass Gastronom*innen die Öffnungszeiten nicht voll ausschöpfen müssen, so dass auch in Zukunft etliche Etablissements früher als erlaubt schließen dürften, sei es aus Gäste-, sei es aus Personalmangel.
Für Gäste wie Gastronom*innen sieht das JFK bei seinem Vorschlag zahlreiche Vorteile: Die Gastronomie kann bei speziellen Anlässen flexibel länger öffnen, ohne dafür erst eine Sondergenehmigung einholen zu müssen, und in den immer wärmer werdenden Sommern werden die Menschen immer länger wach sein und ausschwärmen wollen: „In diesem Zusammenhang wird sich uns sicherlich auch bald in ganz Deutschland die Frage stellen, wie zeitgemäß die Nachtruheregelungen noch sind, oder ob man ganz bewusst an manchen Orten auch Freiluftkonzerte, kulturelle Veranstaltungen und geselliges Beisammensein auch nach 22 Uhr zulassen wird.“
Auch der Tourismus würde laut JFK davon profitieren, und Nachteile sieht es nicht: „Gäste, die sich ansonsten zur Schließzeit in Gruppen auf der Straße versammeln, würden auf diese Weise die Lokale vereinzelt über einen längeren Zeitraum verlassen, was einen geringeren Lärmpegel zur Folge hätte. Außerdem entstünden so auch Alternativen zum geselligen Aufenthalt im öffentlichen Freiraum während der Nachtruhe“, da diese verlängerten Öffnungszeiten ja nur für Kneipeninnenräume gelten sollen.
Wie gesagt: Das alles auf ein Jahr zur Probe, ehe dann eine endgültige Entscheidung getroffen wird.
Das meinen die anderen
Die Stadt hat im Vorfeld, einen Prüfauftrag des Gemeinderates abarbeitend, Stellungnahmen von mehreren Seiten eingeholt. Die Zustimmung und Ablehnung folgt dabei wie zu erwarten: Gastronomie, Studierendenvertretung, Stadtmarketing, Jugendvertretung und andere sind für die längeren Öffnungszeiten und versprechen sich eine Belebung und mehr Lebensfreude. Stadtseniorenrat, Lärmschützer*innen und ähnliche Institutionen sind gegen die längere Kneipenöffnung, weil sie eine höhere nächtliche Lärmbelästigung gerade auch in Sommernächten fürchten, in denen die Menschen bei offenem Fenster schlafen müssen. Die Bürgergemeinschaft Petershausen bringt es so auf den Punkt: „Mehr Lärm, Müdigkeit auf dem Heimweg, Unfallgefahren, mangelnde Konzentration am Arbeitsplatz.“
Keine Freinacht mehr am Schmotzigen?
Das Polizeirevier Konstanz legt in seiner Stellungnahme noch nach und kritisiert eine Sonderregelung: „Ergänzend ist noch auf bestehende Besonderheiten der aktuellen Rechtsverordnung der Stadt Konstanz hinzuweisen. Die vollständige Aufhebung der Sperrzeit („Freinacht“-Regelung insbesondere am Schmutzigen Donnerstag) ist aus hiesiger Sicht nicht mehr zeitgemäß. Hier wäre an eine Angleichung der Verkürzung (z. B. bis maximal 05:00 Uhr) nachzudenken.“
Eine harte Nuss also, die am morgigen Donnerstag im Haupt-, Finanz- und Klimaauschuss öffentlich vorberaten wird, ehe der Gemeinderat in der nächsten Woche endgültig darüber befinden soll.
Quellen: Sitzungsvorlage der Stadt Konstanz, Landesrecht.
Text: O. Pugliese, Bild: Harald Borges
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