Krankenhaus, Symbolbild von Dominique auf Pixabay

Die (nicht ganz so) feinen Unterschiede

Ein Kommentar

Krankenhaus, Symbolbild von Dominique auf Pixabay

Das Landratsamt Konstanz hat dieser Tage den Basisgesundheitsbericht 2023 für den Landkreis vorgelegt. „Der Bericht zeigt einmal mehr, dass Armut ein Gesundheitsrisiko ist“, sagt Sibylle Röth, Fraktionssprecherin der Linken im Konstanzer Kreistag und Mitglied des Sozialausschusses. „Das betrifft schon die Kleinsten und ist schlicht und einfach nicht hinnehmbar.“

Der Bericht zeigt eine klare Korrelation zwischen Sozialgruppenzugehörigkeit und Gesundheit. Beispielsweise leiden Kinder mit niedrigem Sozialstatus deutlich öfter an Übergewicht oder Adipositas, sie haben häufiger sprachliche und motorische Einschränkungen und nehmen ab U4 seltener an Frühuntersuchungen teil als Gleichaltrige aus anderen Schichten. „Erschreckend ist, dass sich diese – offenkundig sozial bedingten – Einschränkungen bei Kindern in Konstanz sogar häufiger finden als sonst in Baden-Württemberg“, so Linke-Mitglied Florian Vogel, der den Bericht genauer unter die Lupe genommen hat. „Die feinen Unterschiede sind so fein eben doch nicht: Wir sehen hier eine Klassengesellschaft, in der sich nicht nur wirtschaftliche, sondern vielfältige Nachteile von Generation zu Generation vererben.“

Über die weitergehenden Auswirkungen der sozialen Ungleichheit auf die Gesundheit im Erwachsenenalter macht der Bericht keine Angaben. Sieht man sich jedoch an, dass das vorgeblich so reiche Konstanz offenkundig doch nicht so reich ist – der durchschnittliche Monatsbruttoverdienst liegt etwa 400 Euro unter dem Landesdurchschnitt, die Zahl der Beschäftigten ohne Berufsabschluss leicht darüber – steht jedoch einiges zu befürchten. „Wir müssen von einem Anteil verdeckter Armut bei uns im Landkreis ausgehen, die die Politik schlicht nicht im Blick hat – inklusive der damit einhergehenden Gesundheitsrisiken. Dass die Konstanzer Bevölkerung offenkundig seltener ins Krankenhaus geht als der Landesdurchschnitt, stimmt mich in dieser Perspektive skeptisch. Eventuell wird hier zu wenig Vorsorge betrieben und erst zu spät Hilfe in Anspruch genommen“, so Röth. Dafür würde sprechen, dass bei einigen Krebserkrankungen eine überdurchschnittliche Zahl von Neuerkrankungen mit einer unterdurchschnittlichen Zahl von Krankenhausfällen einhergeht und der Bericht zumindest bei Lungenkrebs explizit eine überdurchschnittlichen Zahl von „vermeidbaren Sterbefällen“ ausweist.

Für Die Linke Konstanz steht fest, dass dem Bericht auch Taten folgen müssen. „Gerade bei der Förderung von Familien mit geringem Einkommen sehen wir den Landkreis sowie die Kommunen in der Pflicht nachzusteuern, um vor allem die Startvoraussetzungen junger Menschen zu verbessern sowie allen ein würdevolles Leben im Alter zu ermöglichen“, ist Vogel überzeugt.

Text: MM/red., Symbolbild: Dominique auf Pixabay

Ein Kommentar

  1. Ingeborg Heidl

    // am:

    Im BASIS-GESUNDHEITSBERICHT 2023 für den LK Konstanz wird etwas NICHT KORREKT wiedergegeben:
    Das Krankenhaus Radolfzell (seit 117 Jahren bestehend) wurde am 01.07.2023 vom GLKN-Verbund, vertreten durch OB Burchhardt Konstanz, OB Häusler Singen, GF Sieber Singen und LR Danner Konstanz, geschlossen, ohne dass die Radolfzeller Bevölkerung und die Verwaltung je ein Mitspracherecht hatten.
    Dass es bis zum 30.06.2023 ein Krankenhaus Radolfzell gab, wurde schlichtweg „vergessen“ bzw. unterschlagen. Es gibt infolgedessen außerhalb der normalen Arztsprechzeiten, nachts und am Wochenende, in Radolfzell und auf der Höri seit ca. 11 Monaten keine adäquate medizinische Notfall- und Bereitschaftsversorgung mehr! Für ein Einzugsgebiet von ca. 43.000 EW !
    Es ist nicht akzeptabel, dass man von den Verantwortlichen gesagt bekommt: Gehen Sie im Notfall doch einfach nach Singen oder Konstanz in die Ambulanz…. Ein akut erkrankter und verunsicherter Mensch kann nicht „gehen“ – er braucht Betreuung, Fürsorge und ein funktionierendes medizinisches Notfall-und Bereitschaftsmanagement (mit Transport) vor Ort.
    Hier zeigt sich wieder die soziale Ungleichheit: Wie kommen erkrankte Alte, sozial Benachteiligte und Kinder, ohne Fahrzeug oder Transportmöglichkeit, z.B. nachts in eine 20 km entfernte Ambulanz nach Singen oder Konstanz ? Das Notruf-Callcenter mit der 116117 in Stuttgart ist meist überlastet, also wählt man die Rettungsleitstelle 112 = eigentlich für lebensbedrohliche Fälle und Unfälle. Das DRK kommt dann. Es sind nicht hinnehmbare Zustände. Hauptsache die Radolfzeller Klinik ist geschlossen und einige Millionen sind eingespart!
    Die Verantwortlichen fühlen sich für die Konsequenzen nicht zuständig: LR Danner lächelt es weg (ohne Gesundheit ist alles nichts, steht im Bericht – ich setze mich aktiv für die Gesundheit aller im Landkreis ein), OB Häusler schiebt es auf die Stadt Radolfzell, OB Burchhardt + OB Häusler träumen weiter von einem „Zentralklinikum“ im Autobahndreieck für 400 Millionen mit 2-Klinik-Standort in Singen und Konstanz…
    Liebe LINKE KN: Bitte thematisieren Sie dies im Kreisrat ! Es braucht ein funktionierendes medizinisches Notfall- und Bereitschaftsmanagement für Radolfzell und Umgebung!

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