
Einem Aufruf von Grünen, SPD und der Linken Konstanz folgend, kamen am 30. Januar hunderte Menschen im Konstanzer Pfalzgarten zusammen, um dagegen zu protestieren, dass der Unionsantrag über eine Verschärfung der Migrationspolitik einen Tag zuvor mit den Stimmen der AfD verabschiedet worden war. Ihre Botschaft, die sich auch explizit an die Wahlkreis-Abgeordneten Andreas Jung und Ann-Veruschka Jurisch richtete, war klar: Mit der AfD macht man keine gemeinsame Sache.
Die Linke Konstanz schreibt dazu in einer Pressemitteilung:
Es gibt Tage in der Geschichte, die etwas verändern. Der 29. Januar 2025 könnte so eine Zäsur gewesen sein. Union und FDP haben zusammen mit der AfD Politik gemacht, willentlich und ohne Scham. Viele Menschen in diesem Land sind nun tief verunsichert, Juden und Jüdinnen ebenso wie Muslime und Muslima, Migrant:innen ebenso wie Menschen mit einem Namen, der „irgendwie anders“ klingt. Die Volte der Union hinterlässt schon jetzt ihre Spuren – es besteht die berechtigte Sorge, dass dies nur der Anfang einer unsäglichen Entwicklung ist.
Sicher lässt sich streiten, ob sich am Mittwoch tatsächlich etwas geändert hat, oder ob nur eine Verschiebung offensichtlich wurde, die schon lange anhält. Wichtiger ist aber, dass am 30. Januar. viele Menschen zusammenkamen, um ein Zeichen zu setzen und sich dieser Entwicklung entgegenzustellen. Gegen den Menschenhass, gegen den Rechtsruck, gegen das Vergessen. Sie versammelten sich, um zu mahnen: An die deutsche Geschichte, ihre Irrwege und ihre Barbarei.
Vor ein paar Tagen erst erinnerten wir uns an die Befreiung von Ausschwitz vor achtzig Jahren. Keine Worte, keine Bilder oder Geschichten können dem unendlichen Grauen dieser Stätte des Todes Ausdruck verleihen. Und an dem Tag, an dem der Bundestag der Schrecken der Shoa gedachte, nur wenige Stunden nach einer Rede eines der letzten Überlebenden und Zeitzeugen der industriellen Massenmorde, paktieren die Christsozialen und Liberalen offen mit den Kräften, für die Teile der deutschen Geschichte nur ein „Vogelschiss“ sind. Nein, beides geht nicht. Die Normalisierung rechtsradikaler Parteien und ihrer politischen Inhalte steht jeder ernstgemeinten Erinnerungskultur entgegen. Die Toten mahnen uns: Das ist kein leerer Auftrag der deutschen Geschichte. Nie wieder!
Der Rechtsruck in Politik, Medien und Öffentlichkeit ist seit geraumer Zeit unübersehbar. Verunsicherung und Ausgrenzung nehmen zu: von den Diffamierungskampagnen gegenüber Bürgergeldempfänger:innen und Arbeitslosen bis hin zu den unsäglichen Vorwürfen an Migrant:innen. Das Gift rechtspopulistischer Stigmatisierungen und Pauschalisierungen ist bis weit in die bürgerliche Mitte vorgedrungen. Die Suche nach vermeintlichen Schuldigen, nach Schmarotzern und Menschen, die aus irgendwelchen Gründen nicht hierher passen, führt immer weiter in eine sich selbst verstärkende Dynamik der Mechanismen von Revanchismus, Chauvinismus und Fremdenfeindlichkeit. Die Saat der Missgunst, der Häme und Verachtung ging langsam auf und nun haben wir ihre erste Blüte vor uns.
Das Abstimmungsergebnis am 29. 1. war kein „Unfall“: Die Union wusste um das Abstimmungsverhalten und hat bewusst mit der AfD gestimmt – und will es bei der Verabschiedung des „Zustrombegrenzungsgesetzes“ wieder tun. Auch Andreas Jung und Ann-Veruschka Jurisch tragen diesen Kurs mit. Wenn sich Jung damit verteidigt, dass aus seiner Sicht eine innere Brandmauer noch Bestand hätte, fragt man sich, wen diese Mauer zu schützen vermag. Wenn schon einmal mit der AfD Mehrheiten für „pragmatische“ Lösungen gesucht und gefunden wurden, was sollte die Union noch daran hindern, mit den Rechtsextremen gar zu koalieren? Die Brandmauer, schon vorher eine Ruine, ist nun vollständig weg. Und Jung und Jurisch waren und sind ein Teil davon.
Aber es geht nicht nur um die Kooperation mit den Rechtspopulist:innen, sondern auch um die rechte Politik, die Union und FDP hier zusammen mit der AfD umsetzen. Vor einem Jahr demonstrierten Massen von Menschen gegen den Rechtsruck und die Remigrationspläne. CDU und FDP waren damals bei den Protesten dabei. Lippenbekenntnisse. Heute stehen diese Parteien für Positionen, die sich kaum von denen der AfD unterscheiden. Mehr Abschiebungen, Haftlager und die Aushebelung grundlegender Menschenrechte: Nur wenige Punkte einer Politik, die sich noch in der Mitte wähnt. Sie laden die Schuld für verschiedene Miseren bei den Schwächsten ab – das ist gefährlich und hilft rechten Narrativen weiter vorzudringen.
Die Linke Konstanz ist der Überzeugung, dass dem Rechtsruck nur mit einer konsequenten Politik sozialer Gerechtigkeit und Solidarität begegnet werden kann. Wir müssen den Menschen die Angst nehmen – vor dem Fall in Armut, vor der Zukunft, vor den „anderen“. Das geht nur, indem die tatsächlichen Probleme – und davon gibt es wahrlich genug – endlich politisch angegangen werden. Es ist das Gefühl der Ohnmacht und des Kontrollverlustes, das viele Menschen in die Arme der Rechtspopulist:innen treibt und deren Sündenbock-Politik attraktiv erscheinen lässt. Dagegen helfen Protest und Zusammenhalt. Aber es ist ebenso notwendig, politisch zu liefern.
Wir brauchen soziale Sicherheit für alle, funktionierende Schulen und Infrastruktur, ausfinanzierte Kommunen, eine zukunftssichere Wirtschaft, für die der Klimawandel eine Chance und keine Bedrohung ist, und Mieten, die man sich leisten kann. Kurz: Wir brauchen eine andere, eine bessere Politik. Die Linke steht dafür bereit!
(Der Text beruht in weiten Teilen auf der Rede von Linke-Bundestagskandidat Lars Hofmann, die er am 30. Januar bei der Mahnwache hielt).
MM/Bild: ©Harald Borges
Siehe auch: https://www.seemoz.de/mahnwache-heute-nachmittag-die-brandmauer-darf-nicht-fallen
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