CO2-Schnellcheck, Screenshot verfertigt von Harald Borges

Verkehrskadetten fast doppelt so teuer, Klimafonds kein Renner

2 Kommentare

Der Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss des Gemeinderates (HFK) hat als eine Art Ausschuss für alles, was in keinen anderen Ausschuss passt, eine ungewöhnliche Themenbreite. So wird er in seiner Sitzung am Donnerstag über die Entgegennahme von Spenden und Sachzuwendungen ebenso diskutieren wie über überplanmäßige Ausgaben für Verkehrskadetten.

Nicht nur die Konstanzer:innen sind es längst gewohnt: Alles wird am Ende immer wesentlich teurer als geplant, und so kommt es auch dieses Mal: Der HFK soll dem Amt für Stadtplanung und Umwelt (ASU) überplanmäßige Aufwendungen in Höhe von 125.000,– Euro für Verkehrsplanungen bewilligen.

Verkehrskadetten kosten

Der mit 110.000 Euro größte Brocken des Nachschlags sind die Verkehrskadetten, im Verwaltungsdeutsch das „manuelle Verkehrsmanagement (mVM)“. Wer an Einkaufswochenenden wider alle Vernunft in die Stadt fährt, kennt diese engagierten jungen Menschen in ihren bunten Westen, die sich – oft unter Einsatz ihrer Gesundheit oder gar ihres Lebens – ins Verkehrsgetümmel stellen und den ausartenden Autoverkehr in leidlich zivilisierte Bahnen zu lenken versuchen. Die für sie im Haushalt vorgesehenen 130.000 Euro reichten gerade einmal für das erste Halbjahr, deshalb muss jetzt nachgeschossen werden.

Natürlich ist das alles aber nicht das Ergebnis einer verfehlten Verkehrspolitik, die im Interesse von Handel und Gastronomie möglichst viele Autos in die Stadt locken will („freie Fahrt für freie Konsumenten“), sondern es gibt nach Meinung der Verwaltung einen anderen Grund: „Diese Mehrausgaben für das mVM resultieren aus den Verkehrsbehinderungen, die sich aus der Baumaßnahme Bahnhofplatz ergeben. Wegen dieser ist an Hochlasttagen ein deutlich erhöhter Personaleinsatz der Verkehrskadetten erforderlich, der so bei der Haushaltsaufstellung Ende 2023 nicht kalkulierbar war. Die notwendigen Maßnahmen werden wöchentlich unter Vorsitz des Verwaltungsdezernenten besprochen.“

Mit anderen Worten: Ein Handlungsbedarf gegen den immer wiederkehrenden innerstädtischen Verkehrszusammenbruch besteht demnach nicht, denn wenn der Bahnhofplatz eines Tages fertig ist, soll sich das Problem – Abrakadabra – verflüchtigen.

Eher Kultur als Klima

Die Annahme von Spenden ist für den HFK eine reine Formsache, denn wer wollte schon einem geschenkten Gaul genauer ins Maul schauen? Dieses Mal ist die Liste überschaubar, es geht im Einzelnen um folgende Spenden und Sachzuwendungen:

ZweckSumme
Klimafonds30,00 Euro
Schulen (Stephansschule)       2.700,00 Euro
Seniorenzentrum        100,00 Euro
Rosgartenmuseum4.030,00 Euro
Wessenberggalerie500,00 Euro
Theater         490,00 Euro

Da alle Spender:innen dieses Mal anonym bleiben wollen, lässt sich nur vermuten, dass es vor allem kultur- und bildungsnahe Bürger:innen sind, welche die Spendierhosen anhaben. Die Summe der Spenden und Sachzuwenden schwankt zwar von Monat zu Monat stark, aber ein Blick in die Spendenlisten der letzten Sitzungen des HFK zeigt deutlich, dass der von der Stadt eingerichtete und intensiv beworbene Klimafonds von der Bevölkerung bisher kaum angenommen wird. Das Geld geht vor allem in die Kultur und weniger in die Natur.

Dabei ist eine Spende für den Konstanzer Klimafonds eigentlich ganz einfach: Man kann auf der städtischen Homepage seinen CO2-Abdruck ermitteln und sich dann über einen Spendenbutton flugs ein ruhiges Gewissen kaufen. Die Klimaspenden gehen je nach Wunsch der Spendenden an den Ernährungsrat, das Theater, das damit auf energiesparende LED-Lichter umsteigt, an die Saatgutbibliothek oder den Klimaschutz allgemein.

Bisher scheint der Klimafonds als grünes Feigenblatt, der er nun mal ist, allerdings noch nicht wirklich in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein.

Die Sitzungsunterlagen, die dieses Mal 387 Seiten umfassen, finden Sie hier.

Text: O. Pugliese, Bild: Screenshot der städtischen Homepage

2 Kommentare

  1. Felix Müller

    // am:

    Im Sinne eines echten Klima-Fonds wäre es besser das Geld marktüblich zu verzinsen und damit ausschließlich Energiewende- oder -einsparmaßnahmen der Stadt Konstanz umzusetzen, die andernfalls auf die lange Bank geschoben würden. Die so eingesparten Energiekosten finanzieren Zins und die Tilgung und die Bürger:innen könnten es als sinnvolle Geldanlage in ihre Stadt sehen und nicht als Spende gegen das schlechte Gewissen.

  2. Ulrich Schmidt

    // am:

    Interessanter und wortgewandter Beitrag. Zweitklassig leider die Grafik am Anfang des Artikels: Der Vergleich zwischen dem sog. deutschen Durchschnitt und dem CO2-Ausstoß. Welche Bevölkerungsgruppe wird hier eigentlich verglichen? Auch einen Link auf die Homepage der Stadt am Ende des Artikels vemisse ich. Ansonsten wie gewohnt vom „seemoz“ feinsinnig und informativ! Gratu …

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert