Kreistag sozialausschuss cdu antrag publikum2 2025 04 07 © pit wuhrer

Christdemokratische Schaufensterpolitik

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Im Kreistag: Das Publikum passt auf

Sie haben es einfach nochmals versucht: Obwohl die CDU-Kreistagsfraktion bereits im Dezember gescheitert war, stellte sie ihren völkerrechtswidrigen Antrag gegen Seenotrettung wieder zur Diskussion. Und verschob das Thema erneut. Erledigt ist es damit aber nicht.

Montag, 7. April 2025, nachmittags im großen Sitzungssaal des Landratsamts Konstanz. Auf dem Podium der Landrat, im Halbrund der Sitzränge vorne die Mitglieder des Kreissozialausschusses, hinten links Mitarbeitende der Kreisverwaltung. Ganz hinten sind die Zuschauerplätze bis auf den letzten Stuhl mit Publikum besetzt. Eine Resonanz, über die sich Landrat Zeno Danner zu Sitzungsbeginn freut – und zugleich mahnt, die Gäste mögen auf Beifalls- und Missfallenskundgebungen verzichten und keine Plakate zeigen.

Gekommen sind die Zuschauer:innen, die zuvor noch vor dem Gebäude demonstriert hatten, wegen Punkt 4 der Tagesordnung: „Seenotrettung; Antrag der CDU-Fraktion“. Wie bereits am 9. Dezember 2024 im Kreistag (seemoz berichtete) wird nun ab 14.40 Uhr neuerlich der rechtswidrige CDU-Antrag behandelt, „die weitere Unterstützung der Organisatoren von Sea Eye/Seenotrettung wird unter den Vorbehalt gestellt, dass die Organisatoren dem Landkreis bestätigen, dass sie die aus Seenot aufgegriffenen Menschen zurück zu ihrem Ursprung/-Abfahrtsort, die afrikanische Küste bzw. gegebenenfalls die türkische Küste bringen.“

Zur Begründung des Antrags spricht der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Hoffmann, ehemals Landtagsabgeordneter und langjähriger Vorstand des Konstanzer Caritasverbands. Hoffmann holt weit aus. Der Konstanzer Caritas-Ortsverband, 1914 zu Beginn des Ersten Weltkriegs gegründet, habe sich schon damals für die Opfer von Krieg und Gewalt eingesetzt, erzählte er (wobei er nicht erwähnte, dass die lokale Caritas am zweiten Kriegstag als „Allgemeine Hilfs- und Beratungsstelle für die Angehörigen unserer Heeresmannschaften“ gegründet wurde). 

Alle mit Herz

Zudem sei er selbst schon lange bei Auxilium engagiert, einem Verein, der sich vorrangig in Ostafrika für Entwicklungshilfe einsetzt. Hier wie da die unausgesprochene Botschaft: Ich, Andreas Hoffmann, habe ein Herz für Geflüchtete!

Jedoch: „Seenotrettung ist keine kommunale Aufgabe“. Für den (bereits beschlossenen) Haushalt 2025 sei die Sache ja nun erledigt und damit der eingebrachte Antrag gegenstandslos. Für 2026 werde man im Rahmen der im Herbst anstehenden Beratungen aber darauf drängen, die Seenotrettung nicht weiter zu finanzieren. Auf die perfide Konstruktion des CDU-Antrags – die Seenotrettung durch Sea Eye nur dann weiter zu unterstützen, wenn die Hilfsorganisation die Flüchtenden zurück an ihren Abfahrtsort, also vorrangig in das für seine Folterlager berüchtigte Libyen bringen – geht Hoffmann in seinem Beitrag mit keinem Wort ein.

Während sich Zahide Zarikas (SPD) in ihrer Replik dafür einsetzt, die Seenotrettung weiter zu stärken, zeigen sich Rosa Buss (Grüne) und Jürgen Keck (FDP) aufgeschlossen gegenüber der Idee der Verwaltung, die strittigen 10.000 Euro künftig für die Unterstützung von jenen Geflüchteten einzusetzen, die bereits im Landkreis angekommen sind. Wie schon im Dezember auch diesmal kein Wort der beiden anwesenden AfD-Vertreter zur Sache.

Mehr Ab- als Zugänge

Der über den Rückzug des CDU-Antrags sichtlich erleichterte Landrat schließt die Debatte mit „Wir machen uns Gedanken für den nächsten Haushalt und diskutieren darüber wieder im Herbst“.

Während die Zuschauer:innen leise den Saal verlassen, ruft Zeno Danner den nächsten Punkt auf, „Sachstand Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten“. Ein aus Sicht der Verwaltung erfreuliches Thema, denn die Notunterkunft auf dem Lkw-Parkplatz im Konstanzer Industriegebiet kann nun abgebaut werden, da die Abgänge in die von den Gemeinden zu verantwortende Anschlussunterbringung größer sind als die Zugänge durch neu zugewiesene Flüchtlinge.

Sprich: Auch ohne dass die Seenotretter:innen, wie von der CDU gewünscht, die Aufgegriffenen zurück nach Afrika oder in die Türkei bringen, finden immer weniger Geflüchtete den Weg nach Deutschland.

Text: Ralph-Raymond Braun
Fotos: Pit Wuhrer

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