Der Gemeinderat hat in einer Klausur über die künftige Strategie der Stadtwerke diskutiert. Es wurde vereinbart, dass das Unternehmen Kooperationen mit starken Partnern eingehen soll. Wie solche Kooperationen oder Partnerschaften aussehen können, sollen die Stadtwerke nun weiter ausarbeiten.
Erinnern Sie sich noch an die „strategische Partnerschaft“? Mit diesem Neusprech wollten OB Uli Burchardt und Stadtwerkechef Norbert Reuter im Sommer dem Gemeinderat und der Stadtgesellschaft die Teilprivatisierung der Stadtwerke mitsamt der Wasserversorgung unterjubeln. Das Vorhaben drohte zu scheitern und der OB nahm das Thema kurzerhand von der Tagesordnung des Rats: Lieber kein Beschluss als eine Ablehnung.
Gemeinwohl oder Rendite?
Doch mit den an Geld und Expertise klammen Stadtwerken muss es ja irgendwie weitergehen und so bleibt der OB am Ball. In einem Interview mit dem Südkurier erklärte er kürzlich, weiterhin eine „strategische Partnerschaft“ für das Unternehmen anzustreben. Es bedürfe eines Miteigentümers, der „mit uns in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden ist […] mit uns gemeinsam am langfristigen Erfolg interessiert.“ Offenbarte er damit, zwischen wirtschaftlichem Erfolg einerseits und dem Gemeinwohl andererseits nicht unterscheiden zu können?
Teils, teils. Während im Hinblick auf das chronisch defizitäre Bodenseeforum sein Aufstieg vom Unternehmensberater zum Stadtoberhaupt durchaus in eine neue Sichtweise mündete, die dauerhaft rote Zahlen als Preis für übergeordnete Ziele in Kauf nimmt, scheint dieser Perspektivenwechsel bei den öffentlichen Dienstleistungen noch nicht gelungen. Hier vermag der OB auch im zwölften Amtsjahr noch nicht zu begreifen, dass der langfristige Erfolg eines Investors, nämlich Rendite, und der einer Kommune, nämlich die erfolgreiche Daseinsfürsorge, zweierlei sind und oft einander gegenseitig ausschließen.
Neuer Anlauf zur Partner:innensuche
Während unser OB also hartnäckig am Ziel der „strategischen Partnerschaft“ festhält, zeigt er sich auf dem Weg dorthin durchaus lernfähig. Beim im Sommer geplanten Thüga-Einstieg wurden nach langer Geheimniskrämerei schließlich Gemeinderat wie Öffentlichkeit überrumpelt, was dann bekanntermaßen in die Hose ging. Beim neuen Anlauf sollen nun wohl schon möglichst früh möglichst viele mit ins Boot geholt werden. Dazu tagte am 10. November der Gemeinderat in geheimer Klausur. Nicht ganz geheim freilich, denn so wie das Stadtoberhaupt die Vertraulichkeit verordnen darf, so darf er sie in seiner Allmacht auch wieder lüften – wenigstens ein bisschen.
Einer Pressemitteilung entnehmen wir: „Es wurde vereinbart, dass das Unternehmen [Stadtwerke] Kooperationen mit starken Partnern eingehen soll, um die Klimaziele der Stadt bis 2035 zu erreichen. Eine alleinige Umsetzung durch die Stadtwerke erfordere zu viel Zeit und wird deshalb nicht weiterverfolgt. Wie solche Kooperationen oder Partnerschaften aussehen können, sollen die Stadtwerke nun weiter ausarbeiten. Dabei wird auch die Finanzierung beleuchtet, unter anderem durch mögliche Bürger/innen-Darlehen.“
Echte Bürgerbeteiligung oder Agitprop-Kampagne?
Interessant auch der Hinweis, „der Gemeinderat bittet […] die Servicestelle für Bürgerbeteiligung im Staatsministerium um Unterstützung, um die vorliegenden Argumente aus Sicht von Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren und zu gewichten.“ Das überrascht. Haben wir nicht schon „Leitlinien für Bürgerbeteiligung“ und einen „Beauftragten für Bürgerbeteiligung“?
Gern hätten wir gewusst, wie der Gemeinderat die Bürger:innen zu beteiligen gedenkt. Das darf aber wohl nur der OB verraten, der dazu schweigt. So können wir nur spekulieren: Weckte die erste Version der Pressemitteilung mit dem Satz „mit Blick auf die nun anstehende Bürger/innen-Beteiligung wird die Entscheidung jedoch erst nach der Kommunalwahl 2024 getroffen werden“ noch Hoffnung auf eine weitgehende Bürger:innenbeteiligung, folgte schon wenige Stunden später mit einer Korrektur das Dementi: „Der Gemeinderat hat sich vorgenommen, die Entscheidung schnellstmöglich, in jedem Fall aber vor der Kommunalwahl zu treffen.“
Angst vor der Wahl? Das macht uns Wähler:innen Hoffnung, die Entscheidung der Stadträt:innen in Sachen Stadtwerke auch bei unserer nächsten kommunalen Wahlentscheidung berücksichtigen zu können.
Text: Ralph-Raymond Braun
Foto (Stadtwerke Konstanz): Pit Wuhrer
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