Zahlreiche Verbände und Interessengruppen wie der Landesnaturschutzverband, der BUND, der NABU, aber auch der Deutsche Alpenverein (DAV), der Landesfischereiverband und andere haben eine ausführliche Stellungnahme zum Regionalplanentwurf 3.0 Hochrhein-Bodensee vorgelegt. Darin wird unter anderem der beabsichtigte Flächenverbrauch kritisiert.
Es folgt eine Zusammenfassung der Stellungnahme. Einen Link auf das gesamte Dokument finden Sie am Ende dieses Textes. Außerdem gibt es dort einen Link zum Volksantrag zum Flächenschutz.
Zusammenfassung
Unzureichende Planungsgrundlage
Der vorliegende Regionalplanentwurf erfüllt unseres Erachtens nicht die Kriterien, die er als Planungsgrundlage für die Ausweisung von FNPs [Flächennutzungsplänen, seemoz], besonders im ländlichen Raum, benötigt. Er übernimmt die Ziele der Landesregierung (z.B. Flächenverbrauch und Verkehr) und bestehende Gesetze (z.B. Biodiversitätsstärkungsgesetz) nur unzureichend oder gar nicht (Hochwasserschutz, Trinkwasserschutz, Quellschutz). Vor dem Regionalplan 3.0 hätte der Landschaftsrahmenplan von 2007 gesamthaft überarbeitet werden müssen, denn dieser ist die essenzielle Grundlage für die Überarbeitung des Regionalplans.
Folgende Punkte und gesetzliche Grundlagen hätten verbindlich im Regionalplan als Planungsgrundlage für die FNPs festgeschrieben werden sollen:
1. Flächenziel der Landesregierung (2,5 bis 3 ha täglich bis 2035, danach netto Null)
2. Biodiversitätsstärkungsgesetz:
– Schaffung von Refugialflächen auf 10 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen
– Schutz landwirtschaftlicher Flächen (Vorrangig zu schützende landwirtschaftliche Böden nach der Bodenstrategie der Europäischen Union vom November 2021 als Teil des europäischen Green Deal)
– Erhalt von Streuobstbeständen
– Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds auf 15 Prozent der Landesfläche bis 2030
3. Hochwasserschutz (keine Siedlungsentwicklungsflächen in überschwemmungsgefährdeten Bereichen ab HQ100)
4. Trinkwasser- und Quellschutz (keine Siedlungsentwicklung in Wasserschutzgebieten)
5. Verbindliche Übernahme von NSG, FFH- Flächen als Vorrangflächen für Natur- und Landschaftspflege und LSG-Flächen [Landschaftsschutzgebiete, seemoz] im Regionalplan als regionale Grünzüge oder Grünzäsuren
6. Schutz der Wildtierkorridore (durch Festlegung Regionaler Grünzüge)
7. Landeswaldgesetz: Übernahme der Waldschutzgebiete (durch Festlegung Regionaler Grünzüge)
8. Verkehrsziel der Landesregierung: ein Fünftel weniger Kfz-Verkehr in Stadt und Land (Reduktion im Straßenbau)
9. Schutz hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen (Vorrangflur I und II)
Zudem ist das Schutzgut Klima im Hinblick auf das Thema „Klimawandel/ Großklima“ detaillierter darzustellen und die klimatischen Auswirkungen, die durch Rechtskraft der Planung entstünden („Worst-Case-Szenario“) sind zu bilanzieren.
Wir fordern eine komplette Überarbeitung des Regionalplans unter Berücksichtigung der o.g. Ziele der Landesregierung und bestehender Gesetze und Schutzkategorien. Besonders wichtig ist die Umsetzung des Biotopverbunds und der Schutz der verbleibenden Kernflächen desselben durch Regionale Grünzüge und Grünzäsuren im Regionalplan, da der angestrebte landesweite Biotopverbund bislang keine andere verbindliche Rechtswirksamkeit hat.
Flächenverbrauch
Um nachhaltig zu leben, müssen wir unsere Verbräuche mindestens halbieren – das gilt sowohl für den Flächenverbrauch, Energieverbrauch und den Verbrauch an Rohstoffen. Diese Grundlagen sind im BauGB festgeschrieben und im Regionalplan verbindlich umzusetzen. Derzeit verbraucht Deutschland drei Erden – wir haben aber nur eine! Für den neu zu erstellenden Regionalplan bedeutet dies eine deutliche Verringerung der geplanten Bauflächen, der Gewerbeflächen, der Abbauflächen von Rohstoffen. Ziel der Landesregierung ist ein Flächenverbrauch von ca. 2,5 ha pro Tag in ganz BW und ab 2035 die „Netto Null“. Diese Vorgaben werden im vorliegenden Entwurf nicht nur nicht umgesetzt, sondern im Durchschnitt um den Faktor 2,8, in einzelnen Regionen wie dem Landkreis Konstanz sogar um mehr als das Dreifache übertroffen. Die Vorgaben der Landesregierung müssen sich auch in den Vorgaben der Regionalplanung widerspiegeln und dürfen nicht auf die Ebene der Flächennutzungspläne verschoben werden. Die im Regionalplan definierten Mindestdichten erreichen das Ziel, einer Reduktion des Flächenverbrauchs, nicht. Wir fordern daher Mindestdichten von 100 EW/ha auch im ländlichen Raum, von mindestens 200 EW/ha in urbanen Gebieten und von mindesten 150 EW/ha in den Siedlungsräumen. Anders sind die Vorgaben der Landesregierung zum Flächenverbrauch (2,5 ha/Tag) nicht zu erreichen. Auch die möglichen Gewerbeflächen müssen um 2/3 sinken, damit die Flächenziele der Landes- und Bundesregierung eingehalten werden.
Regionale Grünstruktur
Der Ansatz, regionale Entwicklung flächenmäßig nur über Ausschlussgebiete in der Freiraumplanung zu definieren, verschiebt die Verantwortung für den Flächenverbrauch und die Steuerung von Raumfunktionen auf die Flächennutzungspläne und die kommunale Bauleitplanung. Den im Raumordnungsgesetz geforderten Zielen der Freiraumplanung auch im ländlichen Raum wird so nur unzureichend Rechnung getragen. Die Biotopverbundplanung sowie Wildtierkorridore wurden nur unzureichend im Regionalplan gesichert. VRG für den vorbeugenden Hochwasserschutz sowie für die Sicherung von Wasservor wurden nur unzureichend im Regionalplanentwurf festgelegt.
Mobilität und Infrastruktur
Großen Nachholbedarf hat die Region bei der Infrastruktur für Bahn (Elektrifizierung, teilweiser zweigleisiger Ausbau von Schienenstrecken und Reaktivierung von Strecken, weitere Haltepunkte), ÖPNV und sicheren Radwegen. Hier muss erheblich investiert werden, um den Verkehrskollaps zu vermeiden und einen regionalen Klimaschutzbeitrag zu leisten. Bei Bahn und Bus sind Halbstunden-Takt-Verbindungen auf den Hauptstrecken und eine Anbindung aller Siedlungen auch im ländlichen Raum im Stundentakt anzustreben. Auch dies stellt ein Ziel der Landesregierung dar, das im vorliegenden Entwurf nur unzureichend berücksichtigt wurde.
Energie und Klimaschutz
Die Naturschutzverbände sehen die Notwendigkeit, die Windkraft auch in den südlichen Bundesländern zügig auszubauen.
Bei der Windkraft ist das Potential der Region Hochrhein-Bodensee im Vergleich zu anderen Regionen relativ gering, aber das, was möglich ist, muss auch hier umgesetzt werden. BUND, NABU und LNV bedauern, dass der Teilregionalplan Energie in einem separaten Verfahren erarbeitet werden soll.
Im Gegensatz zu den Themen Wohnen, Gewerbe, Infrastruktur sehen wir gerade beim Thema Energie die Dringlichkeit beim notwendigen Zubau erneuerbarer Energien. Dazu wünschen wir uns bei der Gesamtbetrachtung der Flächenumwidmung eine Einbeziehung der potentiellen Fläche für Freiland-PV und WEAs.
Der Regionalplanentwurf enthält die für eine klimafreundliche Entwicklung nötigen Anforderungen nicht. Wir möchten die Bedeutung der Freiräume als Kohlenstoffsenken hervorheben und fordern intensivere Ausweisungen regionaler Grünzüge.
Weitere Informationen
Die komplette Stellungnahme können Sie hier als PDF lesen.
Mehrere Verbände haben einen Volksantrag zum Flächenschutz auf den Weg gebracht. Hier können Sie unterschreiben und ein Zeichen gegen ungezügelten Flächenverbrauch in Baden-Württemberg setzen: www.bund-bawue.de/volksantrag
Text: MM/Red., Bild: Harald Borges
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