Heute wird der Konstanzer Gemeinderat beschließen, ob man der Philharmonie und dem Theater hohe finanzielle Zuschusskürzungen auferlegt. Auch die Schließung der Werkstattbühne ist im Gespräch. Sollte es dazu kommen, müssen die bekanntesten Konstanzer Kulturstätten um ihren Weiterbetrieb fürchten. Dagegen regt sich massiver Widerstand. Hier der Aufruf des Theaterregisseurs Ulf Goerke.
Lieber Gemeinderat der Stadt Konstanz,
liebe Menschen, die dem Theater Gelder kürzen wollen,
seit fast 20 Jahren bin ich als freier Regisseur tätig. Ich habe an vielen Stadt- und Staatstheatern inszeniert. (U.a. in Augsburg, Braunschweig, Darmstadt, Düsseldorf, München, Tübingen, Regensburg)
Seit zwei Wochen arbeite ich als Gastregisseur erstmalig am Theater Konstanz.
In gewisser Weise habe ich also einen Außen/ Innen Blick auf das Theater. Ich komme als Gast von außen an dieses Haus und wusste vor Probenbeginn nicht viel über die Stadt, das Theater und seine Mitarbeit*innen.
Nach zwei Wochen intensiver Proben habe ich in der Arbeit viele Menschen kennen gelernt, habe mir Inszenierungen angeschaut und den Geist des Theaters wahr genommen.
Zu meiner völligen Überraschung habe ich am Donnerstag (den 18. Oktober) erfahren, dass dem Theater Kürzungen bevorstehen könnten. Und dass diese so massiv ausfallen, dass im schlimmsten Fall Mitarbeiter*innen entlassen und die kleine Spielstätte geschlossen werden muss.
Anstehende Kürzungen bekomme ich mit dem Eindruck, den das Theater und sein Publikum auf mich machen, in keiner Weise zusammen.
Jede der drei Vorstellungen, die ich angeschaut habe, war nahezu ausverkauft. Das Publikum ist bunt gemischt, von jung bis alt.
Wie wünschenswert ist das bitte für eine Stadt- zeigt es doch die hohe Akzeptanz, die das Theater bei den Zuschauern genießt. Ich habe in vielen Städten leider ganz andere Zuschauerauslastungen erlebt. Wie glücklich kann sich Konstanz schätzen!
Des weiteren braucht für mich ein Theater dieser Größe zweifelsfrei eine kleine Spielstätte, an der auch experimentelle Profile möglich sind. Vor allem dient die Werkstatt dem Jungen Theater als Hauptspielstätte. Wie sinnvoll es ist, junge Menschen ans Theater heran zu führen, steht für jeden Menschen, der in gesamtgesellschaftlichen Kontexten denkt, sicher außer Zweifel.
Am Sonntag meiner Anreise nach Konstanz habe ich noch im Auto mit Erschrecken die Wahlergebnisse aus Bayern und Hessen verfolgt. Wie kann eine Stadt, die nicht von demokratiefeindlichen Parteien regiert wird, ernsthaft über Kürzungen (die im Gesamthaushalt einer Stadt so gut wie gar nicht ins Gewicht fallen) an so einer wichtigen Kultureinrichtung wie dem Theater der Stadt, nachdenken?
Es ist an der Zeit, dass sich demokratische Parteien für zutiefst demokratische Einrichtungen wie einem Theater einsetzen. Und damit gleichzeitig ein Zeichen gegen Parteien, die an der Auflösung unserer demokratischen Ordnung arbeiten, zu setzen.
Wenn eine kulturelle Einrichtung erst einmal geschlossen ist, wird sie nie wieder geöffnet.
Ich wünsche Ihnen Mut und Weisheit, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Ulf Goerke – Bühnenschauspieler und Theaterregisseur
Bild: Cordula Treml
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