Kommenden Donnerstag entscheidet der Gemeinderat darüber, ob neben der Philharmonie auch dem Theater die Zuschüsse gekürzt werden sollen. Wenn ja, müssen beide Institutionen um ihre Existenz fürchten. Nun meldet sich der überregional bekannte Theatermann Ulrich Khuon zu Wort und fordert die Entscheidungsträger*innen auf, von Kürzungen abzusehen. Hier sein Schreiben im Wortlaut.
Sehr geehrter Oberbürgermeister Burchardt,
sehr geehrter Bürgermeister Osner,
sehr geehrte Mitglieder des Kulturausschusses,
aufgrund meiner tiefen und langen Verbundenheit mit Konstanz als ehemaliger Intendant und als Ehrenmitglied des Theaters sowie als ehemaliger Präsident des Deutschen Bühnenvereins, möchte ich mich mit diesem Schreiben an Sie wenden und mich ausdrücklich gegen die zur Diskussion stehenden Kürzungen des städtischen Zuschussbedarfes für das Theater Konstanz aussprechen.
Aus der Presse und durch den regen Austausch mit den Kolleg:innen des Deutschen Bühnenvereins sind mir die Einsparforderungen in der Größenordnung von bis zu 20 Prozent bekannt und bereiten mir sehr große Sorge. Denn als ehemaliger Intendant des Theater Konstanz kann ich mir das Ausmaß und die gravierenden Folgen dieser im Raum stehenden Kürzungen konkret ausmalen und erachte jegliche Kürzungen der Stadt Konstanz für den Theaterbetrieb als untragbar.
Wieso wir das Theater Konstanz in voller Stärke brauchen und welche wichtige Arbeit Intendantin Karin Becker mit ihrem Team und ihrem Spielplan für alle Bürger:innen der Stadt Konstanz und der Region leistet, muss ich hier nicht weiter konkretisieren. Mit großem Interesse habe ich in diesem Zusammenhang die Stellungnahme der Theaterfreunde Konstanz, dem Internationalen Bodenseeclub und der Volksbühne Konstanz gelesen, welche auch aus Sicht der Bürger:innen unterstreicht, wie wichtig das Theater für die Stadtgesellschaft als Ort der Begegnung, Auseinandersetzung und der Demokratie ist.
Daher möchte ich in meinem Schreiben insbesondere auf einen Punkt eingehen: Wie ich höre, geht es bei der andauernden Einspardebatte auch um eine mögliche Schließung der Werkstattbühne. Die Schließung einer gesamten Spielstätte würde nicht nur künstlerisch enorme Einschnitte mit sich ziehen, sondern auch einen immensen Schlag für die Mitarbeitenden des Theaters – also für städtische Mitarbeitende – bedeuten. Die Schließung einer Spielstätte würde unweigerlich auch Arbeitsplätze mit sich ziehen. Und ganz realistisch betrachtet, würde dies bei einem Theater mit knapp 120 Mitarbeitenden nicht 1 oder 2 Stellen angehen, sondern gewiss Arbeitsplätze im zweistelligen Bereich betreffen. Da die Personalstruktur des Theaters auf unterschiedlichen Verträgen aufgebaut ist, würde es vor allem Mitarbeitende mit einem NV-Bühne Vertrag treffen. Jedoch ist ein Jobwechsel insbesondere für künstlerisches Personal enorm schwierig, da das Theater Konstanz oftmals der einzig mögliche und attraktive Arbeitgeber in der Umgebung darstellt. Die Schließung der Werkstattbühne ist also nicht nur eine strukturelle und künstlerische Entscheidung, sondern ebenso eine soziale.
In meiner Zeit als Intendant habe ich die Werkstattbühne sehr geschätzt und als Spielort gestärkt. Es wäre ein Rückschritt, diese gewachsenen Strukturen unumkehrbar zu entkräftigen.
Abschließend möchte ich Sie herzlich bitten, von gravierenden Kürzungen für das Theater Konstanz abzusehen und hoffe auf Ihre Entscheidung zugunsten des Theaters und der Kultur in Konstanz.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Ulrich Khuon
Bild: Arno Declair
Zu Ulrich Khuon: Der gebürtige Stuttgarter war von 1988 bis 1993 Intendant am Theater Konstanz. Anschließend übernahm er bis 2000 das Schauspielhaus Hannover, dann, von 2001 bis 2009, das Hamburger Thalia Theater, anschließend die Intendanz am Deutschen Theater Berlin. Ab 2024 wird er interimistisch Intendant am Schauspielhaus Zürich.
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