Stadttheater Konstanz am 10. Juni 2020 (c) O. Pugliese

Protest gegen geplante Schließung einer Bühne

Stadttheater Konstanz am 10. Juni 2020 (c) O. Pugliese
Stadttheater Konstanz (c) O. Pugliese

Der Vorstand des Deutschen Bühnenvereins protestiert in einem Brief an den Konstanzer Oberbürgermeister Ulrich Burchardt gegen die geplanten Mittelstreichungen für das Theater, die zur Schließung der Werkstattbühne führen werden.

Hier das Schreiben:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Burchardt,

mit großer Besorgnis verfolgt der Vorstand des Deutschen Bühnenvereins die aktuelle Debatte um die geforderten Einsparungen im zweistelligen Prozentbereich am Theater Konstanz.

Wir sind sicher, dass Ihnen die Intendantin, Frau Karin Becker, dezidiert veranschaulicht hat, was eine strukturelle Kürzung in der von Ihnen eingeforderten Größenordnung und die Schließung einer Spielstätte für die Substanz des Hauses bedeuten wird.

Natürlich verkennen wir die aktuellen Anforderungen und Notwendigkeiten in den Kommunen nicht. Wir wissen um die drängenden Baustellen unserer Zeit – dennoch bzw. gerade deswegen appellieren wir mit diesem Schreiben eindringlich an Sie, der Stadtgesellschaft nicht die Basis und die Orte für ihre jetzt und zukünftig wichtigen Diskurse zu beschneiden oder ganz zu nehmen.

Demokratie braucht Begegnung und die Theater bieten den Menschen diese Orte der Begegnung, an denen sich die Gesellschaft in ihrer Pluralität erfahren kann und wo die Grundlagen ihres Zusammenlebens immer wieder neu verhandelt werden können.

Es sind die Theater, die uns Menschen zeigen, dass unsere Welt nicht unveränderbar ist.

Das Theater Konstanz leistet hier herausragende Arbeit, indem es nicht nur mit einem abwechslungsreichen Spielplan die Menschen aus Stadt und Region in seine Spielstätten einlädt.

Es bringt sich bei den Themen ein, die die Gesellschaft bewegen und adressiert dabei so stark wie selten junge Menschen. Es bringt junge Menschen aktiv zusammen, um ihre Erfahrungen und ihr Wissen zu teilen und damit unsere gesellschaftliche Pluralität zu leben.

Die weltpolitische Lage zeigt uns mit täglich zunehmender Intensität, wie bedroht auch unsere Demokratie ist.

Die aktuellen Wahlergebnisse aus Bayern und Hessen unterstreichen, dass für einen immer größer werdenden Teil der Gesellschaft unsere auf demokratischer Basis beruhenden Vereinbarungen für unser Zusammenleben wanken, an Relevanz verlieren oder schon gar nicht mehr gelten.

Die Bühnen helfen uns dabei, der Bedrohung unserer Basis und der künftiger Generationen zu begegnen. Sie nehmen die relevanten Themen der Stadtgesellschaft auf und bieten den Bürger:innen Raum zum Diskurs und damit eine demokratische Chance zur Reaktion und Gestaltung.

Wir können auf diese Diskurse und auf die Räume nicht mehr verzichten! Heute weniger denn je!

Von daher senden wir an Sie und die Mitglieder des Kulturausschusses, denen wir dieses Schreiben ebenfalls zur Kenntnis geben, den eindringlichen Appell, die Substanz des Theater Konstanz nicht zu schwächen, sondern zu stärken, um damit der Pluralität und der Demokratiefähigkeit in Konstanz und der Region weiter ihre Basis und Zukunft zu geben.

Mit herzlichen Grüßen nach Konstanz
Claudia Schmitz, Michael Schröder
Vorstand

Text: Bühnenverein, Bild: O. Pugliese

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