
Der Verein Bürgerpark Büdingen e.V., der das Büdingen-Areal gern als eine für die Öffentlichkeit zugängliche Fläche sähe, hat mit dem Juraprofessor Georg Jochum und der FGL die rechtliche Lage der derzeitigen Bauten und Einrichtungen des Buff Medical Resort erörtert. Hier die Einschätzungen des Fachmanns.
Der unübersehbar stachelige Zaun an der Seestraße, der das Buffsche Luxusanwesen und seine Besucher:innen vor der Öffentlichkeit schützt, ist vielen Konstanzer*innen sauer aufgestoßen. Endgültig zu Menschen zweiter Klasse degradiert fühlten sie sich aber, als die Stadtverwaltung auch noch vorschlug, selbst auf das unstrittig bestehende öffentliche Wegerecht auf einem schmalen Pfad über das Büdingen-Areal zu verzichten.
Aber wie sieht die – wie stets teils verworrene – rechtliche Lage eigentlich aus? Der Verein Bürgerpark Büdingen e.V. hat dazu eine Videokonferenz mit Georg Jochum, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Steuer- und Europarecht und Recht der Regulierung an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen abgehalten.
Dieser Beitrag gibt Informationen wieder, die der Verein zur Verfügung gestellt hat.
Muss der Zaun weg?
Nach Jochums Meinung muss er entfernt werden, da er dem Bebauungsplan und der Landesbauordnung widerspricht. Im Bebauungsplan heißt es wörtlich (sic!):
Einfriedigungen
Entlang der öffentlichen Vekehrsflächen sind nur Hecken aus standortgemäßen Gehölzarten bis zu einer Höhe von max. 1,20 m zulässig.
Der Jurist sieht keinen triftigen Grund, weshalb die Stadt dem Bauherrn hier eine Ausnahme („Dispens“) erlauben sollte. Wenn sie also wollte, könnte die Stadt Konstanz, so sein Fazit, „im Wege einer Abrissverfügung den Zaun beseitigen […] und eine Hecke als Begrenzung pflanzen lassen“.
Wer darf wo in den Park?
Die Stadt hat ja bekanntlich ein Wegerecht über das Grundstück, auf das die Verwaltung – zur Freude des Hoteliers, lässt sich vermuten – aus Naturschutz- und Kostengründen verzichten möchte, was in Teilen des Gemeinderats und der Bevölkerung helle Empörung auslöste. Dieses Recht der Konstanzer:innen auf einen bestimmten Weg ist unbestritten und auch von Herrn Buff akzeptiert.
Laut Georg Jochum gibt es für das Wegerecht „einen Nachlass bei der Grundsteuer, weil er [Buff] nämlich sein Grundstück nicht vollständig privat nutzen kann. Was jetzt natürlich super für den Herrn Buff wäre, ist, wenn der ganze Park [der Öffentlichkeit] verschlossen bleibt, er aber trotzdem eine Grundsteuerentlastung bekommt. Das verstößt natürlich gegen die Gleichheit der Besteuerung.“
Ein anderer Punkt in Sachen Öffnung des Parks hat die Gemüter ebenfalls bewegt. Hans Jürg Buff hatte in einem Schreiben an die Stadt nämlich behauptet: „Es besteht ein Wegerecht und kein Aufenthaltsrecht.“ Diese Frage ist anders als die des unstrittigen Wegerechts verwickelt, denn im Bebauungsplan war ja auch ein öffentlich zugänglicher Café-Pavillon vorgesehen. Das heißt laut Jochum, „der Bebauungsplan ging davon aus oder geht davon aus, dass der Park zumindest in dem Bereich, der nicht unmittelbar dem Hotel dient, öffentlich zugänglich sein musste“, denn sonst hätte der Pavillon ja keinen Sinn gemacht. Dieser Pavillon wird jetzt allerdings nicht gebaut, und Jochum vermutet, die Stadt habe dem Bauherrn Dispens erteilt, ihm diesen Bau also schlichtweg erlassen.

Sollte auf den Pavillon allerdings nicht aus purer Willfährigkeit, sondern aus Gründen des Naturschutzes verzichtet worden sein, stellt sich für Jochum die Frage, „ob sich die Hotelgäste exklusiv in diesem Park aufhalten können, oder ob der Park an sich zur Ruhezone erklärt wird, das heißt, dass dort eigentlich keine Leute“, weder Hotelgäste noch Konstanzer*innen, sich aufhalten dürften. Immerhin enthalte der Park „mindestens zwei Naturdenkmäler“ und gehöre zum Flora-Fauna-Habitat-Richtliniengebiet. Betreten also zugunsten der Bäume für alle verboten?
In dieser Hinsicht allerdings scheint der Bebauungsplan nicht sehr aussagekräftig zu sein. Vermutlich konnten sich seine Autoren damals, 1987, die heutige Situation ganz einfach noch nicht vorstellen.
Was tun?
Jochum hat allerdings den Eindruck, „dass seitens der Stadtverwaltung, also insbesondere in den Baubehörden usw., ein bemerkenswertes […] Laissez-faire hinsichtlich dieses Hotelprojekts besteht. Wieso das so ist, weiß ich nicht. […] Was mich doch sehr verwundert, ist die Bereitschaft der Stadt, öffentlich-rechtliche Vorschriften, öffentlich-rechtliche Festsetzungen, die man mal gemacht hat, sozusagen bedingungslos aufzugeben. […] Das ist schon ungewöhnlich […]. Also ich kenne das Verhalten von Behörden eigentlich eher andersrum.“
Mit anderen Worten: Die Verwaltung ist dem Investor Hans Jürg Buff und seinem Hotelprojekt nach Meinung Jochums ungewöhnlich weit entgegengekommen oder gar -gekrochen, während sie anderen (vielleicht durch die Bank weniger finanzkräftigen) Bauherr:innen nach Kräften alle nur verfügbaren Daumenschrauben anzulegen pflegt.
Die letzten Hoffnungen der Konstanzer:Innen ruhen nach Meinung des Juristen auf dem Gemeinderat. Der „hat ja die Verpflichtung, auf Missstände in der Gemeindeverwaltung hinzuweisen und den Bürgermeister anzuweisen, diese Missstände zu beseitigen.“ Wenn der OB nicht mitspiele, müsse letztlich das Regierungspräsidium entscheiden.
Der Gemeinderat, so liest sich das, könnte also den Abriss des Zauns an der Seestraße, die Pflanzung einer Hecke alldorten und den Zutritt zum Park in der einen oder anderen Form mit entsprechenden Beschlüssen zu erzwingen suchen. Das allerdings gegen eine unwillige Verwaltung, die sich in dieser Angelegenheit klammheimlich auf die Seite des großen Geldes geschlagen zu haben scheint.
***
Hier sehen Sie das Video mit Professor Dr. Georg Jochum (ca. 20 Minuten, mit Sprungmarken zu einzelnen Fragen in der Kommentarspalte rechts).
Den Bebauungsplan Seehausen vom 30.9.1987 finden Sie hier.
Text: Harald Borges auf Basis einer Medienmitteilung des Bürgerpark Büdingen e.V., Bild: Harald Borges; Karte: Bebauungsplan.
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