
Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern, noch könnte sich einiges am Koalitionsabkommen von Union und SPD ändern. Aber eines ist bereits absehbar: In Sachen Klimaschutz geht unter der neuen Regierung nichts voran. Also trafen sich vergangenen Donnerstag drei Dutzend Klimaaktivist:innen zu einer kleinen Trauerfeier – vor dem Büro des CDU-Abgeordneten Andreas Jung.
Das 1,5-Grad-Ziel hat sich erledigt. Aufgrund der Inaktivität fast aller politisch Verantwortlichen wird es die Welt nicht mehr schaffen, die Erderwärmung auf ein halbwegs erträgliches Maß zu begrenzen. Und auch die nächste Stufe wird wohl übersprungen: Nach Ansicht vieler Wissenschaftler:innen ist es zunehmend unwahrscheinlich, dass der globale Temperaturanstieg gegenüber der vorindustriellen Zeit unter zwei Grad bleibt.
Es kommen also auch hierzulande harte Zeiten auf die Menschen zu – erst recht, wenn die künftige Regierung bei ihrem jetzt vereinbarten Kurs bleibt. Denn sie „setzt Klimaschutz aufs Spiel“, wie die Umweltorganisation BUND kritisierte. Die künftigen Koalitionsparteien würden zu einem „Generalangriff auf Klima- und Naturschutz“ blasen, urteilte auch die Deutsche Umwelthilfe, und Greenpeace kam in einer Stellungnahme zum Schluss: „Union und SPD gefährden die ökologischen Lebensgrundlagen und unser aller Sicherheit“.
Mitverantwortlich für das überaus magere Ergebnis der Koalitionsgespräche in Sachen Umwelt und Klima war der Konstanzer Abgeordnete Andreas Jung: Er leitete als klimapolitischer Sprecher der Unionsfraktion die Koalitionsverhandlungen die Arbeitsgruppe Energie und Klima – und war offenbar nur mäßig erfolgreich: „Klimaschutz – eine Leerstelle im Koalitionsvertrag?“, fragte beispielsweise der Deutschlandfunk in einem Beitrag.
Nur nervig und teuer?
Und so wurde Jungs Abgeordnetenbüro in der Konstanzer Hofhalde folgerichtig zum Ziel einer kleinen Aktion von Fridays for Future (FFF) Konstanz. Jung „ist vielleicht nicht der Schlimmste in der CDU, was das Thema Klima angeht, aber er trägt Verantwortung dafür, was da jetzt herausgekommen ist“, sagte Niklas Becker, der die Mahnwache organisiert hatte. Herausgekommen sei nämlich außer ein paar Rechentricks, die Deutschlands CO2-Ausstoss beschönigen sollen, vor allem neue Gaskraftwerke und kaum Änderungen im Verkehrswesen.

Die Folgen seien fatal, erläuterte Mila Brodbeck von der Linksjugend solid: „Mit den Klimazielen der CDU wird sogar das Zwei-Grad-Ziel weit überschritten werden“, befürchtet sie. Dann werde man auch in Konstanz regelmäßig Dürre, Hochwasser, Stürme und Brände erleben. „Wir müssen zusehen, wie vergangene Fehler nach und nach unsere Welt zerstören, die Chancen auf eine lebenswerte Zukunft vernichten und unsere jetzt schon starke soziale Ungleichheit massiv verschärfen.“
Auch Luis Fitz von der Grünen Jugend Konstanz hält das Verhandlungsergebnis für „ernüchternd“: Das Kohleausstiegssziel „wird von 2030 wieder auf 2038 zurückverlegt, für durch Bauprojekte zerstörte Lebensräume von Tieren und Pflanzen müssen künftig keine Ausgleichsflächen mehr geschaffen werden“ und so sei die Botschaft klar: „Die Union will weniger Klimaschutz statt mehr und die SPD schaut zu.“ Für die künftigen Regierungsparteien „ist Klima ein nerviges und teures Randthema, für das nur das Nötigste getan werden muss.“ Dabei seien sich die Expert:innen einig: „Nötig ist nicht weniger, sondern mehr.“
Niklas Becker blickt ebenfalls düster nach vorn: „Wir werden die, die nach uns kommen, daran erinnern müssen, wie es mal war, als es in Deutschland noch Sommer gab, die erträglich waren“, sagte er, „wie es war, als noch eine Landwirtschaft möglich war. Und als es in den Alpen noch Gletscher gab.“ Die Konstanzer FFF-Gruppe wird künftig noch einiges auf die Beine stellen müssen.
Text und Fotos: Pit Wuhrer
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