Wahlplakat FDP Wahl 2025 © Pit Wuhrer

Konstanz hat gewählt. Aber wie!

Wahlplakat FDP Wahl 2025 © Pit Wuhrer

„Konstanz ist anders“, freute sich der Südkurier und mit ihm manche Wähler:in über eine schwarz-grüne, 50,2-prozentige Mehrheit in der Stadt und gerade mal 10,6 Prozent für die AfD – waren es im gesamten Landkreis doch 18,3 Prozent für die Rechtsaußenpartei und nur 36,9 für Schwarz-Grün. Auch die Linke jubelt über 11,3 Prozent der Zweitstimmen in Konstanz und 7,5 Prozent im Landkreis.

Nun hat Konstanz zweifelsohne eine andere Bevölkerungsstruktur als etwa Singen, wo die AfD stärkste Partei wurde. Geht man aber ins Detail, finden sich auch in Konstanz Wahlbezirke, in denen die AfD mit jeweils rund einem Viertel der Stimmen als Nummer eins abschnitt. Es sind jene Quartiere, in denen eher die Unterprivilegierten wohnen, oft in großen Wohnblocks: Stockacker, Berchengebiet, Schwaketental, Weiherhof und auch das chronisch rechtslastige Industriegebiet. Hier fuhren schon in den 1990er Jahren die rechten „Republikaner“ Spitzenergebnisse ein.

Dass die AfD gerade bei Geringverdiener:innen großen Rückhalt hat, wo die Partei diesen gemäß ihrem Wahlprogramm sogar höhere Belastungen aufbürden will, ist nur so zu verstehen: Viele Menschen wählen aus dem Bauch heraus und nicht mit dem Kopf. Und sie wollen nicht wahrhaben, dass die AfD neben ihrem „Ausländer raus“-Geschrei auch mit der libertären Kettensäge auf staatliche Leistungen zielt und die rohen Marktkräfte entgrenzen will.

Relativ schwach schneidet die AfD in den Vierteln der Besserbetuchten ab, etwa in Allmannsdorf und im Musikerviertel, obwohl die Reichen doch von den Steuerplänen der AfD am meisten profitieren würden. Auch von den Briefwähler:innen haben sich nur wenige für die AfD entschieden, deren Klientel wohl lieber ins Wahllokal geht.

Rote und schwarze Hochburgen

Hochburgen der Linken sind, Heidi sei Dank, jene Viertel, in denen viele Studierende wohnen. In den Wahllokalen Chérisy, Buchenbergschule (Königsbau) und Gebhardschule (Zähringerplatz) wurde die Linke stärkste Partei, im Treffpunkt Petershausen bekam sie nur drei Stimmen weniger als die dort führende CDU. Bei der letzten Bundestagswahl waren Königsbau und Chérisy noch fest in der Hand der Grünen, die hier nun besonders starke Verluste hinnehmen mussten. 

Offenbar hat von Robert Habecks „Kurs der Mitte“ und dem grünen „Regieren um jeden Preis“ vor allem die Linke profitiert. Am schlechtesten schnitt die Partei im Wahllokal Parkwohnstift Rosenau ab, doch auch dort kam die Linke knapp über die Fünfprozenthürde.

Zwar erreichte die CDU in Konstanz mit 23,8 Prozent auch diesmal nur den zweiten Platz hinter den Grünen (26,4 Prozent), doch konnte sie im gesamten Stadtgebiet kräftig zulegen. In der Summe halten sich ihre Gewinne gegenüber der letzten Bundestagswahl mit den Verlusten der Grünen die Waage. Ihre Hochburgen hat die CDU in den Vororten auf dem Bodanrück und in Allmannsdorf/Staad, also dort, wo überwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser stehen, überdurchschnittlich viele Rentner:innen wohnen und die Kaufkraft besonders hoch ist.

Knapp geschafft

Die SPD, oje oje, pendelt weitgehend zwischen 13 und 16 Prozent. Ausreißer nach unten ist das Industriegebiet, wo die vormalige Arbeiterpartei von 15,5 auf nur noch 8,5 Prozent abstürzte. Ein kleines Trostpflaster mag sein, dass Lina Seitzl mit ihrem Platz 13 auf der SPD-Landesliste gerade noch den Wiedereinzug in den Bundestag geschafft hat.

Blicken wir noch über den Tellerrand in andere Universitätsstädte, an denen – und nicht an Singen – sich Konstanz messen lassen muss. Als besonders AfD-resistent erwiesen sich Tübingen (6,5 Prozent) und Münster (6,9 Prozent). Besonders gut schnitt die Linke mit 19 Prozent im traditionell linkslastigen Marburg ab. Auch Tübingen (16,3 Prozent) und Freiburg (16,9 Prozent) zeigen, dass es für die Konstanzer Linke noch Luft nach oben gibt. Ebenfalls in Freiburg (30,2 Prozent) und Tübingen (31,5 Prozent) erzielten die Grünen ihre besten Ergebnisse im Südwesten.

Aber das ist eine andere Welt. Wie so oft ist das Wahlergebnis vom Stadt-Land-Gegensatz geprägt: Während es die AfD in der Stadt Konstanz nur auf den fünften Platz schaffte, rückte sie in den meisten Gemeinden des Landkreises – von Radolfzell abgesehen – hinter die CDU an die zweite Stelle. Besonders krass ist ihr Erfolg in den Singener Stimmbezirken rund um die Schiller-, die Waldeck- und die Bruderhofschulen, wo die Rechtsextremen teilweise auf über 40 Prozent der Stimmen kamen.

„DemokraTwiel“, „Konstanz für Demokratie“, „Höri – Bündnis für Demokratie“ und all die anderen Initiativen und Gruppen gegen rechts werden auch in Zukunft viel zu tun haben.

Text: Ralph-Raymond Braun
Foto: Pit Wuhrer / Grafiken: DGB, Gemeinden, Landkreis

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