Palästina Befragung Wahl 2025 Montage Pw

Wahlcheck Israel-Palästina-Krieg: Wo stehen die hiesigen Kandidat:innen?

Ein Kommentar

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Wie sehen die Konstanzer Bundestagskandidierenden den aktuellen Palästina-Israel-Konflikt? Das wollte die Gruppe „Rettet Gaza“ wissen und schickte vier Fragen an die Kandidat:innen im Wahlkreis Konstanz. Alle antworteten – bis auf Andreas Jung von der CDU und Ann-Veruschka Jurisch (FDP).

Auf die Fragen der Konstanzer Gruppe „Rettet Gaza“ gingen ein: Lina Seitzl von der SPD, Rosa Buss vom Bündnis90/Grüne, Lars Hofmann von der Partei die LINKE, Jessica Tati vom BSW sowie die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) und die Partei Mera25, die es jedoch nicht auf die Landeswahlliste geschafft hat. Wer die Fragen und die Antworten genauer studieren will, findet sie am Ende dieses Beitrags dokumentiert.

Hier aber eine kurze Zusammenfassung der Fragen, die – und das ist wichtig – kurz vor Weihnachten 2024, also vor den letzten Entwicklungen gestellt wurden. Ergänzend sei zudem auf den Parteienprogrammcheck zu Palästina hingewiesen, den die Plattform Itidal des Journalisten Tarek Baé vornahm.

Gefragt wurde zu den Haftbefehlen des Internationalen Strafgerichtshof gegen Netanjahu und Gallant, zu den Vorwürfen des Völkermordes in Gaza, zu Waffenlieferungen an Israel sowie zur Anerkennung des Staates Palästinas.

Fast einig: Haftbefehl ja

Die Frage, ob Deutschland die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshof gegen Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant umsetzen sollte, falls die Personen auf deutschem Boden sind, bejahten grundsätzlich alle Antwortenden, wenngleich sich der Tonfall und die Deutlichkeit deutlich unterschied. 

Lina Seitzl (SPD) zum Beispiel bejaht die Frage grundsätzlich, verweist aber darauf, dass israelische Ermittlungen Vorrang vor einem IStGH Haftbefehl haben: „Die israelischen Behörden können nun selbst Ermittlungen aufnehmen – denn Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs sind nachrangig zu einer nationalen Untersuchung.“ Und weiter: „Wir haben volles Vertrauen in den israelischen Rechtsstaat.“ 

Lars Hofmann von den Linken betont hingegen: „Ich sehe schlicht nicht, wo in der Frage der Umsetzung des Haftbefehls ein Verhandlungsspielraum herkommen soll. Wo kommen wir denn hin, wenn wir juristische Entscheidungen nach politischer Opportunität umsetzen?!“

Völkermord oder nicht?

Eine deutlichere Unterscheidung gab es bei der Frage, ob Deutschland seine Position Israels angesichts der Völkermordvorwürfe grundsätzlich überdenken sollte und zusätzlich die deutsche Unterstützung Israels vor dem Internationalen Gerichtshof (IHG) im Völkermordsprozess zurückziehen sollte. Als einzige Partei ging die MLPD in der Frage explizit auf den Genozid Vorwurf ein und bestätigte diesen. 

Ein Ende der Unterstützung Israels beim IHG durch Deutschland fordern MLPD sowie Mera25. Das BSW verlangt die Einstellung der Unterstützung „der in Teilen rechtsextremen Regierung Netanjahu“. Die Linke schreibt, dass es „keine bedingungslose Solidarität“ geben kann. 

Rosa Buss von den Grünen ist der Meinung, dass Deutschland aus seiner Geschichte heraus eine besondere Verantwortung gegenüber der „Verhinderung von Genoziden“ hat und daher „Israel dazu anzuhalten [hat] Verantwortung zu übernehmen, die Menschenrechte zu achten und genozidale Handlungen umgehend einzustellen“. Lina Seitzl von der SPD hingegen schreibt, dass sie „im israelischen Vorgehen nicht die Absicht des Völkermords“ erkennen kann und dass „das Recht Israels auf Selbstverteidigung und Sicherheit für mich unverhandelbar ist.“

Waffenstopp oder Staatsräson?

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Frage weiterer Waffenlieferungen an Israel. Einen grundsätzlichen Waffenstopp fordern die Kandidierenden der MLPD, des BSW, von Mera25 und der Linken. Die MLPD geht dabei einen Schritt weiter und würde die Debatte gern nutzen, „den berechtigten Befreiungskampf der Palästinenser“ zu unterstützen. 

Am anderen Spektrum der Debatte schreibt Rosa Buss, dass „Waffenexporte nach geltendem EU-Recht immer einzelfallspezifisch und mehrstufig geprüft“ werden. „Im Hinblick auf die Bedrohung Israels durch beispielsweise den Iran, die Hisbollah oder die Hamas verweist die deutsche Außenministerin jedoch zurecht auf die ‚Kraft der Differenzierung.‘“ 

Einen ähnlichen Ton schlägt Lina Seitzl an: „Die aus der deutschen Staatsräson entstehende unterschütterliche Verbindung und Verwantwortung Deutschlands gegenüber Israel umfasst auch militärische Unterstützung.“ Darüber hinaus listet sie Details auf, um den Punkt zu unterstreichen, dass Deutschland wenig Waffen an Israel geliefert hat.

Ja, aber

Zur Frage der Anerkennung Palästinas, beantworten alle Kandidierenden mit einem grundsätzlichen ja, auch wenn es große Unterschiede darüber gibt, wann und wie das passieren soll. MLPD und Mera25 sehen in der Zweistaatenlösung lediglich eine mögliche Übergangslösung auf dem Weg zu einem einzigen, „demokratischen und säkularen Staates im historischen Palästina, welches eine Heimat für alle Jüd*innen und Palästinenser*innen darstellt …“ (Mera25). Die MLPD betont, dass auch eine Zweistaatenlösung „nur im Kampf gegen Imperialismus, Rassismus, Antisemitismus, Zionismus und Antikommunismus“ errungen werden kann.

Sowohl die Linke als auch das BSW fordern die Anerkennung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Lars Hoffmann von den Linken ergänzt außerdem: „Um den Gesamtkonflikt zu entschärfen, fordern wir zudem von der Regierung, Druck auf die Staaten der Region auszuüben, den Staat Israel anzuerkennen. Nur so kann es zu einer dauerhaften Deeskalation kommen, was die erste Stufe einer friedlichen Koexistenz darstellt.“

Sowohl Rosa Buss als auch Lina Seitzl schränken ihre Unterstützung für die Anerkennung Palästinas ein. Rosa Buss schreibt dazu: „Die Anerkennung Palästinas als Staat sollte nicht als isolierte Maßnahme, sondern als notwendiger Teil eines umfassenden Friedensprozesses geschehen. In diesem Sinne lässt es sich nicht verantworten, vorschnell einen Staat zu schaffen, der unter Kontrolle der Hamas steht.“ 

Ähnlich klingt Lina Seitzl, die schreibt, dass in den letzten Jahren ein Rückgang der Staatlichkeit Palästinas zu beobachten war, „durch Korruption, durch verschobene Wahlen und eine verschlechterte Menschenrechtslage“. Und deshalb die Anerkennung des Staates zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht wäre und nicht helfen würde. „Denn sie verändert nicht die Realität vor Ort. Klar ist aber auch, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staates kein Tabu sein darf.“

Insgesamt zeigen die Antworten wenig Überraschendes. Wem das Thema Palästina ein wichtiges Anliegen ist, der sollte sich die Antworten jener Parteien genauer anschauen, die aktuell nicht in der Regierung sind.

Text: Rettet Gaza Konstanz
Foto: Palestinian News & Information Agency (Wafa) CC BY-SA 3.0_wikimedia commons. Bearbeitung: Pit Wuhrer

Die ausführlichen Antworten der Parteien beziehungsweise Kandidat:innen im Wahlkreis sind hier zu finden:
Thema 1: Internationale Haftbefehle des ICC gegen Netanyahu und Gallant
Thema 2: Bericht von Amnesty International: Vorwurf des Genozids in Gaza
Thema 3: Waffenlieferungen an Israel
Thema 4: Anerkennung des Staates Palästina
Zusatzbemerkungen von SPD, Mera 25, MLPD

Ein Kommentar

  1. Janosch Tillmann

    // am:

    „Ergänzend sei zudem auf den Parteienprogrammcheck zu Palästina hingewiesen, den die Plattform Itidal des Journalisten Tarek Baé vornahm.“

    Ein Mann übrigens, der Propaganda für die Grauen Wölfe und Milli Görüs etc. macht, aber auch gerne gegen Selbstbefriedigung agitiert…

    Alter, ich kann es kaum erwarten zu erfahren, was dieser Leuchtturm der Aufklärung zum Thema beizutragen hat. Richtig stabil, den hier zu bewerben.

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