Bernhard Eisenhut Podiumsdiskussion Hegne Januar 2025 © Holger Reile

AfD Landkreis Konstanz: Weit reichende Verbindungen

Ein Kommentar

Bernhard Eisenhut Podiumsdiskussion Hegne Januar 2025 © Holger Reile
Am rechten Rand: AfD-Kandidat Bernhard Eisenhut bei einer Migrationsdebatte, Januar 2025 in Hegne

Wie reaktionär ist die AfD im Landkreis Konstanz? Und wo kann man den AfD-Bundestagskandidaten Bernhard Eisenhut auf der nach rechtsaußen offenen Scala einordnen? Das Konstanzer „Bündnis für Demokratie“ hat nachrecherchiert – und enge Kontakte der regionalen AfD-Spitze zu den Jungen Alternativen, der Identitären Bewegung und der Partei III. Weg gefunden.

Vor kurzem haben die „Jungen Alternativen“ von der AfD ihre Auflösung bekannt gegeben, um einem drohenden Verbot zu entgehen. Parallel dazu baut nun die als „in Teilen“ rechtsextrem eingestufte Alternative für Deutschland eine neue Jugendorganisation auf. Aber ändert sich dadurch etwas? Werden die jungen Mitglieder der fremdenfeindlichen, neoliberalen Partei mit diesem Schritt weniger rassistisch, weniger homophob, weniger völkisch?

Daran zweifelt das Bündnis „Konstanz für Demokratie – klare Kante gegen rechts in Stadt und Landkreis“. Es sieht die Entwicklungen der letzten Wochen mit großer Sorge und Unverständnis: „Wir dürfen mit der AfD nicht umgehen, wie mit demokratischen Parteien, weil sie die demokratischen Grundwerte verhöhnt und abschaffen will“, sagt beispielsweise Katrin Brüggemann, eine der Sprecher*innen des Bündnisses; die Brandmauer zur AfD müsse bestehen bleiben. 

Auch in Gemeinden, im Kreistag und im Landtag dürfe es nicht zum Taktieren mit der AfD kommen. „Mit Rechtsextremen macht man keine gemeinsame Sache“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Bündnisses. Sie „müssen von allen Demokrat:innen gemeinsam bekämpft werden. Das ist die Lehre aus der deutschen Geschichte.“

Drei führende Neonazis

Wie weit sich die AfD auch im Landkreis Konstanz nach rechts bewegt hat, zeigen Recherchen, denen zufolge die AfD-Kreistagsfraktion und der Bundestagskandidat Bernhard Eisenhut mit Akteuren und Funktionären von Neonazi-Organisationen wie der „Identitären Bewegung“ (IB), dem „III. Weg“ oder der rechtsradikalen schweizerischen „Jungen Tat“  zusammenarbeiten.

Denn anders als auf Bundesebene, wo sich die AfD-Spitze öffentlich immer wieder von den Jungen Alternativen distanzierte (und vorgab, diese würden „relativ unabhängig“ von der Partei agieren), gibt es in der Region gute Kontakte zwischen der Partei, JA-Aktiven, IB-Militanten und anderen Rechtsextremen enge Kontakte.

Diese Nähe lässt sich anhand der Zusammenarbeit mit drei Personen gut dokumentieren: Da ist zum einen Tim Demuth vom Vorstand der Jungen Alternativen Baden-Württemberg, der immer wieder in Singen und Konstanz auftaucht. Dann wäre da Marius Keipp aus Kreuzlingen, der in der Neonazi-Gruppe „Reconquista 21“ aktiv ist. Und schließlich hat die AfD-Kreistagsfraktion vor kurzem den Neonazi-Anwalt Matthias Bauerfeind mit der Überprüfung und Durchsetzung eines Antrags beauftragt.

Geheimtreffen mit „Blood & Honour“

Beginnen wir mit Tim Demuth. Er sitzt im Landesvorstand der JA Baden-Württemberg, ist Ansprechpartner der Jungen Alternativen in den Kreisverbänden Sigmaringen, Esslingen/Göppingen, Rems-Murr und erscheint trotz der Entfernung immer wieder auf Sitzungen des Konstanzer Landkreises. Zuletzt gesehen wurde er auf Kreistagssitzungen im November (Singen) und im Dezember 2024 (Konstanz).

Demuth, das berichten Mitglieder anderer Kreistagsfraktionen, arbeite eng mit dem AfD-Kreistagsmitglied und Bundestagskandidaten Bernhard Eisenhut zusammen – und soll, so heißt es, sogar an den Anträgen der AfD mitarbeiten. 

Ein Aushilfssekretär also, der gerne reist und andere berät? Nicht ganz. Vor kurzem berichtete das Recherchenetzwerk Correctiv, das vor einem Jahr mit Enthüllungen über ein Geheimtreffen von Rechtsradikalen in Potsdam bundesweite Proteste auslöste, über eine internationale Zusammenkunft in Knoten. Titel des Beitrags: „Unter Rechtsextremen: Wie sich Neonazis, Querdenker und junge SVPler vernetzen“.

Thema auch hier: „Remigration“. Eingeladen zu dieser Sitzung – die Mitte Dezember 2024 im Restaurant „83NullZwei“ nahe der Klotener Eishockeyarena stattfand und an der rund sechzig Leute (vorwiegend Männer) teilnahmen – hatte die Schweizer Organisation „Junge Tat“, die gemäß Schweizer Behörden rechtsradikal und gewaltbereit ist. Vor Ort waren zwei Abgeordnete der AfD, mehrere Mitglieder der in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Bewegung – und Tim Demuth.

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Noch-Vorstand der JA Ba-Wü

Und zwar nicht als Zaungast: Er soll, so auch das Schweizer Online-Magazin Republik Diskussionen der Rechtsradikalen moderiert haben.

Von der JA zur „Reconquista21“

Gute Verbindungen unterhält die AfD im Kreis Konstanz offenbar auch zu dem in Kreuzlingen gemeldeten Marius Keipp. Dessen Verbindungen reichen Recherchen zufolge von der JA bis weit in die extrem rechte Identitäre Bewegung (IB) hinein. 

So war Keipp, wie auch der Südkurier schreibt, bis letzten Sommer Ansprechpartner der Jungen Alternative für den Kreisverband Ravensburg-Bodensee (der politischen Heimat von Alice Weidel). Gleichzeitig trat er mehrfach als Aktivist der IB auf. 

Einem Bericht der Rechercheplattform Endstation rechts zufolge hatte Keipp 2023 bei einer Veranstaltung der IB Österreich in Styregg bei Linz die „Identitäre Bewegung Schwaben“ vertreten. Diese regionale Untergruppe der IB Deutschland war länger auch am Bodensee aktiv, hatte sich 2017 an der Konstanzer Hafenstatue Imperia zu schaffen gemacht und wurde vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet.

Inzwischen ist an ihre Stelle „Reconquista 21“ gerückt. Anfang 2024 berichtete der SWR über polizeiliche Ermittlungen, denen zufolge IB Schwaben mehrfach den Namen gewechselt haben soll: Zunächst hieß die Gruppe „Kesselrevolte/Schwaben Bande“, dann „Wackre Schwaben“. Mittlerweile, so ein Sprecher des Landeskriminalamts, seien die Rassisten unter dem Namen „Reconquista 21“ aktiv.

Enge Kontakte zu „Leiter Keipp“

In der rechtsextremen Internetzeitung Heimatkurier aus Österreich wird Marius Keipp als „Leiter der Aktionsgruppe Reconquista 21“ bezeichnet, der auch mit Martin Sellner, österreichischer Chef der Identitären, Strategiedebatten führt. In letzter Zeit sind die „Rückeroberungs“-Fantasten vor allem mit Plakataktionen aufgefallen – beispielsweise in Albstadt (Spruch: „Remigration – Das Ländle bleibe Deutsch“) oder in Wangen („Remigration schützt unsere Kinder“).

Aber was hat das mit Konstanz zu tun? Der Südkurier hat auf Hinweis des Bündnisses „Konstanz für Demokratie“ nachrecherchiert und einen Augenzeugen gefunden. „Eine Quelle, die gut mit den Vorgängen im Konstanzer AfD-Kreisverband vertraut ist“, habe berichtet, dass es „enge Kontakte zwischen Keipp und den beiden Kreissprechern Eisenhut und Jahnke“ gebe. Angeblich sei „auch eine Spende von Eisenhut an den Verein Wackre Schwaben geflossen, den der baden-württembergische Verfassungsschutz als Tarnorganisation der IB einstuft und der mittlerweile als Reconquista 21 firmiert“.

Ein rechtsradikaler Berater

Demut und Keipp, JA und Identitären sind nicht die einzigen vom äußersten rechten Rand, mit denen es Eisenhut und Konsorten zu tun haben: Erst kürzlich beauftragte die AfD-Kreistagsfraktion einen rechtsextremen Anwalt mit der Vertretung ihrer Interessen vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Dort hatte die Fraktion einen Antrag zur Behandlung mehrerer Asylthemen durchsetzen wollen, den Landrat Zeno Danner aber nicht auf die Tagesordnung setzen wollte (zu Recht, wie das Gericht befand).

Der Name des Anwalts, dem die Konstanzer AfD offenbar vertraut: Matthias Bauerfeind. Er war bis 2012 Mitglied der NPD, beteiligte sich dann an der (2014 verbotenen) Neonazi-Kameradschaft „Freies Netz Süd“ und baute anschließend die neonazistische Kleinpartei „III. Weg“ auf, die auch im Landkreis Konstanz durch Aktionen auffiel.

Bauerfeind, der in Bayern nicht als juristischer Referendar zugelassen wurde (wohl aber in Sachsen) und längere Zeit als „stellvertretender Gebietsleiter Süd“ fungierte, tritt gern bei Neonazi-Kundgebungen auf. Dokumentiert sind beispielsweise seine Auftritte 2016 in Nürnberg, 2017 in Fulda, 2019 erneut in Fulda, ebenfalls 2019 in Kempten. Diesen Neonazi-Anwalt (so die taz) hat sich also die Konstanzer AfD-Kreistagsfraktion als juristischen Beistand geholt.

Für das Bündnis „Konstanz für Demokratie“ zeigen die Recherchen, dass es keine Grenzen zwischen der AfD im Kreis und der regionalen gesichert rechtsextremen und gewaltbereiten Szene gibt. Bernhard Eisenhut sei nicht im demokratischen Spektrum verortet, er wolle „Deutschland mit ‚Remigration‘ ruinieren und unsere Gesellschaft spalten, um eine Volksgemeinschaft nach der Vorstellung völkischen Gedankenguts zu errichten“, schreibt das Bündnis.

Und dafür scheint ihm vieles recht zu sein.

Text: Pit Wuhrer / Bündnis „Konstanz für Demokratie“
Foto Bernhard Eisenhut (auf einer Podiumsdiskussion in Hegne, Januar 2025): Holger Reile; Tim Demuth im Konstanzer Kreistag: Bündnis „Konstanz für Demokratie“; übrige Fotos: Screenshots (pw)

Ein Kommentar

  1. Holger Reile

    // am:

    Fraglos ist Eisenhut dem tiefbraunen rechtsradikalen Lager zuzurechnen, die Belege sind eindeutig. Interessant auch, wie es um das kommunalpolitische Engagement der AfD im Landkreis bestellt ist. Wer auf deren Internetseite geht und nach Informationen sucht, sitzt weitgehend vor einem leeren Blatt Papier. Die Seite, so steht da seit rund 8 Monaten, sei „in Bearbeitung“. Kommunalpolitische Arbeit ist Eisenhut und seinem Umfeld eher fremd, man spuckt lieber nationalistisch-völkische Töne. Dabei ist Eisenhut als Landtagsabgeordneter finanziell passabel ausgestattet. Für sein Mandat streicht er monatlich 8275 Euro brutto ein, dazu kommt eine monatliche Pauschale von 2371 Euro, um bspw. ein Wahlkreisbüro zu finanzieren, und auch die Kosten für mandatsbedingte Mitarbeiter kann er in Rechnung stellen.

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