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Am Mittwoch protestierten rund 250 – meist junge – Menschen gegen den Brandmauer-Demonteur Friedrich Merz und dessen zunehmend reaktionäre Politik zugunsten der Reichen. Am morgigen Samstag wiederum erwarten die Organisator:innen zur Konstanzer Aktion „Von jung bis alt – gemeinsam für unsere Demokratie“ mehrere Tausend Teilnehmer:innen.
Vor der Singener Stadthalle standen sie brav Schlange: Hunderte aus der Region wollten unbedingt CDU-Kanzlerkandidaten Merz hören. Weniger erfreut über dessen Besuch waren Anhänger:innen der Partei Volt, die auf dem Platz zwischen Rathaus und Stadthalle und umgeben von vielen Polizist:innen einen Stand aufgebaut hatte, und zahlreiche Linke.
Sie zeigten ihre selbstgestalteten Plakate („EkelhAfD, Fritze!“, „Rassismus ist Ko-Merz“, „Kein Herz für Merz“, „Als Frauen mehr RECHTE wollten, meinten wir nicht die CDU“) und Transparente („Nazis aus-merzen“). Sie skandierten Slogans („Attacke, Attacke, die AfD ist kacke“), schwenkten Fahnen und empörten sich vor allem über die Kooperation der CDU mit der rechtsradikalen AfD.
Diese hatte ihre ursprünglich geplante Kundgebung gegen die CDU-Veranstaltung abgesagt: Nach den gemeinsamen Abstimmungen im Bundestag wollen es sich Rechtsextremen offenbar nicht mit den Rechten verderben. Nach dem Rückzug der AfD stellte der Verein Integration in Singen (InSi) seine Mobilisierung für einen Protest gegen die AfD-Kundgebung ein – und so riefen nur noch zwei Gruppen zur Aktion: Die sozialliberale und paneuropäische Partei Volt, deren Wahlkreiskandidat Sebastian Knau zum gemeinsamen Disput aufforderte und ein längeres Gedicht vortrug.
Es braucht Antworten auf die realen Probleme
Und die Linke. Für sie erinnerte Lars Hoffmann in seiner Rede an den früheren AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland. „Wir werden sie jagen“, hatte der einmal versprochen und die anderen Parteien damit gemeint. Dazu Hoffmann: „Nun, allen voran die Union, aber auch FDP und BSW haben sich offenbar ergeben. Aber wir stehen immer noch hier. Wir geben nicht auf. Jetzt, wo die AfD keinen Grund mehr hat, gegen Merz zu protestieren, haben wir ihn umso mehr!“
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Anschließend führte er aus: „Grenzzäune und Zurückweisungen werden unsere Probleme nicht lösen. Stattdessen braucht es echte Antworten auf die vielen Missstände, mit denen sich Menschen konfrontiert sehen“: explodierende Lebenshaltungskosten, Klimawandel, Wohnungsnot, zunehmende Armut bei Rentner:innen und Kindern. Es brauche einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Investitionen in die Infrastruktur, massiven sozialen Wohnungsbau, Abkehr von der Schuldenbremse und mehr Klimaschutz: „Nur mit einer echten sozialen Politik, die solidarisch umverteilt und alle mitnimmt“, so Hofmann, könne sich die Gesellschaft dem Rechtspopulismus widersetzen.
Über Details dieser notwendigen Veränderungen könne man reden, sagte der Linke. Unverhandelbar aber seien Menschenrechte und Menschenwürde: „Verhandlungen über das individuelle Recht auf Asyl sind für uns nicht möglich – ebenso wenig wie die Idee, Menschen auf unbestimmte Zeit in Lagern zu internieren.“
Über 140 Proteste am Wochenende
In den letzten beiden Wochen haben bundesweit über 750.000 Menschen an einer Protestaktion gegen rechts teilgenommen, so eine detailreiche Schätzung des Demokrateams, das Informationen über Aktionen sammelt und verteilt. Am kommenden Wochenende sind bisher weitere 140 Kundgebungen, Demos und Lichterketten zur Verteidigung der Brandmauer gegen rechts angekündigt.
Darunter auch in Konstanz. Organisiert von der erst im November gegründeten Konstanzer Gruppe „Omas gegen rechts“, der Initiative „Studis gegen rechts“ und dem „Bündnis Konstanz für Demokratie“ beginnt am Samstag um 15 Uhr ein Demonstrationszug am Herosépark. Die Gruppierungen, so heißt es dazu in einer Mitteilung, wollen damit „ein starkes Zeichen setzen für Zusammenhalt, Toleranz und demokratische Werte“.
Der Rechtsruck in Deutschland, die Tatsache, „dass das Unwort ‚Remigration’ mittlerweile in Parteitagsreden offiziell verwendet wird sowie die Situation in Österreich und weiteren europäischen Ländern wie Ungarn, Italien etc. geben Anlass zu großer Sorge“, heißt es in der Stellungnahme. Die 2017 in Wien gegründeten „Omas gegen rechts“ haben inzwischen über 35.000 Mitglieder in mehr als 250 Regionalgruppen: „Damit ist sie die größte Frauenorganisation in Deutschland. Selbstverständlich sind auch Männer in dieser Organisation aktiv dabei.“
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Die Demonstration wird von zahlreichen Organisationen und Initiativen aus dem Landkreis Konstanz unterstützt und führt ab dem Herosépark über die Fahrradbrücke Richtung Innenstadt und endet mit einer Kundgebung im Stadtpark am Musikpavillon mit drei Redebeiträgen und Livemusik.
Text und Fotos: Pit Wuhrer
Mehr Infos:
– Website Bündnis Konstanz für Demokratie
– Instagram-Account von Studis gegen rechts
– Regio-TV-Beitrag zu einer Aktion von Omas gegen rechts in Lindau
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