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Das Licht wird so schnell nicht ausgehen, doch eines ist klar: Um die städtischen Finanzen steht’s schlecht. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben, zwischen Wünschen und realen Möglichkeiten öffnet sich immer weiter. So jedenfalls das Szenario der Stadtverwaltung, die unter diesen schwierigen Vorzeichen dem Gemeinderat ihren Haushaltsentwurf vorgelegt hat.
Bei der Vorstellung ihres Entwurfs für den Doppelhaushalt 2025/2026 zeichneten Kämmerer Ulrich Schwarz und Oberbürgermeister Uli Burchardt ein düsteres Bild: Anstieg der Schulden bis Ende 2026 von jetzt 60 auf dann 138 Millionen Euro. Defizit im Ergebnishaushalt, der in etwa einer Einnahme-Überschuss-Rechnung entspricht, von jährlich 16 bis 17 Millionen Euro. Selbst wenn man die Abschreibungen herausrechnet, fehlen im Jahr 1 bis 2 Millionen Euro, um die laufende Tätigkeit der Stadtverwaltung zu bezahlen. Alle Investitionen, vom neuen Dienstfahrrad bis zur Sanierung der Geschwister-Scholl-Schule, können nur über Kredite finanziert werden.
Konstanz ist mit dieser Misere nicht allein. Nach einer Umfrage des baden-württembergischen Städtetags sind 87 Prozent der teilnehmenden Städte in finanzieller Schieflage und rechnen mit einem Minus in ihrem Ergebnishaushalt.
Ein Entwurf mit tiefroten Zahlen
Früher pflegte die Stadtverwaltung den Stadträt:innen den Entwurf eines Sparhaushalts oder auch eines harten Konsolidierungsprogramms vorzulegen, dem die Rät:innen dann in erbitterten Kämpfen um ihre Herzensanliegen die größten Giftzähne zogen. Diesmal schlug die Verwaltung einen anderen Weg ein. Denn der in der letzten Sitzung vor Weihnachten dem Rat präsentierte Haushaltsentwurf ist so offensichtlich nicht genehmigungsfähig.
Es ist nun an den Rät:innen, das Defizit bis zur für den 25. Februar vorgesehenen Beschlussfassung über den Haushalt zu reduzieren, also Ausgaben zu streichen und Einnahmen, sprich Steuern und Abgaben, zu erhöhen. Als Zielvorgabe formulierte Ulrich Schwarz ein Defizit im Ergebnishaushalt von nur noch 15 statt 16 oder 17 Millionen; damit käme die Stadt ohne weitere Kredite aus.
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Einen Stellenplan, also eine Übersicht über die Planstellen und ihre tatsächliche Besetzung, enthielt der Haushaltsentwurf bezeichnenderweise noch nicht. Dabei sehen viele den stetigen Zuwachs an städtischem Personal als für die Haushaltsmisere verantwortlich. Die Kosten für die auf Vollzeitstellen umgerechnet knapp 1100 städtischen Beamt:innen und Angestellten machen knapp ein Viertel des Ergebnishaushalts aus. Und sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen, was weniger den Lohnerhöhungen als vielmehr der Stellenvermehrung (seit 2014 um 39 Prozent) geschuldet ist.
Andere halten entgegen, die Verwaltung habe für ihre Aufgaben noch immer zu wenig Personal, weshalb Aufgaben etwa der Bauleitplanung oder Jugendhilfe an Firmen ausgelagert werden müssten, was unter dem Strich deutlich teurer käme.
Die Investitionen, so Schwarz, seien auf 35 Millionen Euro pro Jahr zu reduzieren, während im vorgelegten Entwurf noch 46 (2025) und für 2026 gar über 50 Millionen Euro stehen. Auch für die reduzierten Investitionen wird die Stadt noch satte Zuschüsse einwerben müssen, um sich nicht über Gebühr zu verschulden.
Der Bund ist schuld!
Uli Burchardt nennt in seiner Haushaltsrede als zentrale Ursache der kommunalen Finanzmisere die fortschreitende Übertragung von Aufgaben durch Bund und Länder auf die Kommunen, ohne diesen die dafür erforderlichen Finanzmittel zu gewähren.
Als Beispiele führt er an: Die Krankenhäuser, die eigentlich durch Krankenkassen und Länder finanziert werden sollten, den Landkreis aber aktuell rund 30 Millionen Euro kosten würden, wovon Konstanz über die Kreisumlage ein Drittel zu tragen hätte.
Dann die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen, wofür die Stadt Räume und Personal bereitstellen müsse. Weiter der gesetzliche Anspruch auf einen Betreuungsplatz auch für Kinder unter drei Jahren, der bekanntlich dazu führt, dass Eltern, weil es in Konstanz nicht genug Plätze gibt, ihren Nachwuchs nach Kreuzlingen in eine Krippe schicken, was die Stadt jedes Jahr ein paar hunderttausend Euro kostet.
„Kanonen ohne Butter“
Doch wie kommen Bund und Land dazu, den Kommunen Aufgaben zu übertragen, ohne diese zu finanzieren? Darauf wird ein CDU-Bürgermeister, wenn er es denn überhaupt könnte, öffentlich nicht antworten. Zu nennen wäre der Unwille seiner Partei, die Staatseinnahmen zu erhöhen, indem man die Vermögenden stärker besteuert. Dann die dereinst gemeinsam mit der SPD im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die letztlich darauf abzielt, den Staat zu schrumpfen und zentrale Bereiche der Daseinsfürsorge wie etwa Bildung und Gesundheit dem „Markt“, also dem Profit zu übereignen.
Schließlich die fortschreitende Militarisierung. Zwei Prozent, dreieinhalb Prozent, fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung? Europas Freiheit jetzt nicht mehr am Hindukusch, sondern an Dnjepr und Dnister verteidigen? Die dafür bislang eingesetzten 44 Milliarden Euro fehlen halt anderswo. Ebenso das für die Aufrüstung im eigenen Land vorgesehene 100-Milliarden-Sondervermögen des Bundes.
„Kanonen und Butter, es wäre schön, wenn das ginge, aber das ist Schlaraffenland, das geht nicht“, sagt Clemens Fuest, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts IFO, in der Fernsehsendung von Maybrit Illner – und bringt mit der Parole „Kanonen ohne Butter“, die einer Rede des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess entstammt, die Sache auf den Punkt: Auch der Staat kann sein Geld nur einmal ausgeben.
Hermann Göring hielt damals eine „freiwillige“ Reduzierung des Fettverbrauchs um 25 Prozent für erforderlich. Dementsprechend sind heute die Kommunen gefordert, abzuspecken.
Eltern, Autofahrer:innen und Touristen sollen zahlen
Um das Defizit im Ergebnishaushalt zu drücken, schlägt die Verwaltung vor, die bereits zum Jahresanfang erhöhten Gebühren für die Kita-Betreuung auch für 2026 und nochmals für 2027 weiter anzuheben. Noch immer sei Konstanz hier deutlich günstiger als andere Städte in Baden-Württemberg. Frisches Geld wird die bereits beschlossene Parkraumbewirtschaftung für Petershausen in die Stadtkasse bringen. Auch bei den Einnahmen aus der Tourismus- und Klimaschutzabgabe („Bettensteuer“) sieht der OB noch Luft nach oben.
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Bei den Ausgaben verspricht die Verwaltung über das Instrument der „globalen Minderausgabe“ eine Million Euro Personalkosten einzusparen – will sagen, sie selbst und nicht der Gemeinderat entscheidet, wo und wie die Einsparung erwirtschaftet wird.
Mein zugegeben populistischer Vorschlag: Der OB und die beiden Bürgermeister, denen die Stadt zusammen jährlich knapp eine halbe Millionen Euro Gehalt und Spesen auszahlt (Nebentätigkeiten als Aufsichtsräte kommen noch oben drauf), spenden die Hälfte ihres Lohns zurück – das wäre ein guter Einstieg in die globale Minderausgabe und würde den Herren noch immer ein üppiges Leben ermöglichen.
Alles auf dem Prüfstand?
Doch die anvisierten Maßnahmen werden nicht reichen. Ein solider Haushalt müsste ja zumindest seine Abschreibungen, also den Substanzverlust des städtischen Vermögens erwirtschaften. Irgendwann müssen kaputte Straßen, marode Brücken, bröckelnde Fassaden und uralte Heizkessel erneuert werden.
Und so wird in den kommenden Haushaltsberatungen wohl wieder manches infrage gestellt werden, was vor zwei Jahren nur mit geballtem Lobbyeinsatz vor der Schließung bewahrt wurde, etwa Werkstattbühne, Philharmonie, Hallenbad. Auch die schon öfters erwogene, aber aus guten Gründen stets verworfene Übergabe des städtischen Sozial- und Jugendamts in die Verantwortung des Landkreises würde ein paar Millionen einsparen.
Schatten über dem Bodenseeforum
Neu ist eine noch vorsichtige Kritik am Bodenseeforum, das bisher nur von der Linken Liste kritisiert wurde. Noch reden die Bürgerlichen im Rat nicht von Schließung, aber sie wollen den jährlichen Zuschuss auf 2,4 Millionen Euro einfrieren (statt ihn regelmäßig zu erhöhen). Burchardt indes hält seinem Lieblingskind weiter die Stange: Um die Einnahmen zu verbessern, brauche das Haus zunächst noch mehr Geld – nämlich für den Anbau einer Küche, um so die Kosten für externes Catering einsparen zu können.
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Bleiben die Investitionen. Die Sanierung des Bodensee-Stadions ist bereits abgesagt. Verschoben auf irgendwann der Ausbau der Gymnasien, den das G 9, also der Übergang von bislang acht auf künftig neun Jahrgangsstufen notwendig macht. Selbst in der Zehnjahres-Planung nicht mehr enthalten ist der Umbau des Zähringerplatzes. Der für das C-Konzept, also den autofreien Bahnhofsplatz erforderliche Kreisel am Fischmarkt soll immerhin 2028 mal geplant werden. Wann er dann gebaut wird, steht in der Sternen.
Großes Aufatmen auch, dass sich das Hafner-Projekt trotz zusätzlich eingestelltem Personal weiter verzögert. Denn für das neue Wohngebiet muss die Stadt eine neue Kita und eine neue Grundschule bauen, auch eine Gemeinschaftsschule im Verbund mit einem neuen Gymnasium ist dort geplant.
Man darf gespannt sein, welche Kürzungsvorschläge die Verwaltung dem Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss (HFK) präsentieren wird, der sich am 13. Februar ab 10 Uhr morgens in einer ganztägigen Sitzung mit dem Haushalt befassen soll.
Text und Titelfoto: Ralph-Raymond Braun / Grafik: Entwurf Haushaltsplan 20252/2026, © Stadt Konstanz / andere Fotos © pw
Hinweis: Die Gemeinderatsfraktion von FGL&Grünen lädt am Mittwoch, 5. Februar, zu einer offenen Fraktionssitzung mit dem Stadtkämmerer ein. Die Veranstaltung wird ab 19:30 Uhr in den „Freiräumen“, Vor der Halde 5, stattfinden.
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