Demo Gäubahn Kappung Stuttgart 2025 01 23 © Pro Gäubahn Bündnis

Stuttgart kneift: Keine Solidarität mit den Gäubahn-Kommunen

Demo Gäubahn Kappung Stuttgart 2025 01 23 © Pro Gäubahn Bündnis

Der Widerstand reißt nicht ab. In einem Jahr wollen Bahn und politische Verantwortliche die Zugstrecke zwischen Südbaden und der Landeshauptstadt unterbrechen – und das, obwohl inzwischen sogar die Grünen und Teile der CDU dagegen sind. Dass dies nicht ohne Proteste abgehen wird, zeigte eine Kundgebung am Freitag.

Mit jeweils eigenen Delegationen waren Teilnehmer:innen am vergangenen Freitag aus Konstanz, Tuttlingen, Horb, Herrenberg und Böblingen zur großen Kundgebung für den Erhalt der Gäubahn auf den Stuttgarter Marktplatz angereist. Besonders groß war die Gruppe aus Rottweil, die dem Aufruf des Landesbündnisses Pro Gäubahn [https://www.seemoz.de/die-provinz-lebt-buendnis-pro-gaeubahn/] folgte. Ebenso zeigten viele Stuttgarter:innen, dass sie mit der bisherigen Politik ihrer Stadt nicht einverstanden sind: Bisher will die Verwaltung der Landeshauptstadt die internationale Fernverkehrsstrecke Stuttgart–Rottweil–Singen–Zürich/Konstanz (Gäubahn) ab April 2026 abhängen und teilweise stilllegen. 

Hintergrund für die Kundgebung, die Pro Gäubahn organisiert hatte, war ein Antrag der Fraktion Linke/SÖS im Stuttgarter Gemeinderat. Die Landeshauptstadt müsse sich endlich in die breite Front der Kommunen entlang der Gäubahn einreihen, die eine Kappung der Bahnstrecke nicht hinnehmen wollen, argumentiert die Fraktion und beantragte eine Abstimmung.

Noch mehr Einbindung?

Doch die Verwaltungsspitze widersetzte sich dem, wie der Stuttgarter SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch auf der Kundgebung berichtete. Die Stadtverwaltung mit Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) an der Spitze habe alles dafür getan, dass es im Gemeinderat an diesem Tag nicht zur Abstimmung kommt. Stattdessen habe die Stuttgarter Stadtverwaltung nur eine Aussprache unter dem Titel „Schnellstmögliche Einbindung der Gäubahn in den Stuttgarter Verkehrsknoten“ auf die Tagesordnung gesetzt.

Eine absurde Formulierung, kritisierte Hans-Jörg Jäkel von Pro Gäubahn, der die Kundgebung maßgeblich mitorganisiert hatte – schließlich ist die Gäubahn bereits seit dem Jahr 1879 in den Stuttgarter Bahnknoten eingebunden. Ein Großteil der angereisten Demonstrant:innen sei ja über die Gäubahn angereist. Eine weitere Einbindung der Gäubahn müssen daher gar nicht sein – es reiche, wenn man die Strecke nur nicht mutwillig abhängen und zerstören würde. 

Vom Trinkwasser abhängen?

Hendrik Auhagen, ehemaliger Grünen-MdB aus Konstanz und Mitglied bei Pro Gäubahn, schilderte die Sichtweise der Menschen im südlichen Baden-Württemberg. Nur eine sehr kleine Minderheit der Bahnfahrgäste würde es akzeptieren, wenn sie zukünftig nur noch bis Stuttgart-Vaihingen fahren könnten und dort in eine schon volle und unzuverlässige S-Bahn zum Stuttgarter Hauptbahnhof umsteigen müssten, um dann erneut in Stuttgart von der S-Bahn in Fernverkehrszüge umzusteigen. Jeder wisse, dass so eine Gäubahn-Kappung zu einer massiven Verkehrsverlagerung von der klimafreundlichen Schiene aufs Auto führen würde. 

Der Subtext einer solchen Entscheidung sei glasklar, so Auhagen. Damit würde die Politik weiten Teilen Baden-Württembergs die Botschaft übermitteln: „Seid nicht so blöd, verzichtet doch nicht aufs eigene Auto!“ Besonders geißelte Auhagen den kalten Egoismus, mit dem die Landeshauptstadt die berechtigten Interessen des südlichen Baden-Württembergs ignoriert. 

Er erinnerte daran, dass die Wasserversorgung der Landeshauptstadt den Bodensee brauche. Und dass es keineswegs ausgeschlossen sei, dass Stuttgart angesichts des Klimawandels bald zusätzliches Wasser und ein zweites Pumpwerk benötige. Mit welchen Argumenten wolle die Stadt Stuttgart dann an die Solidarität der Bodenseeregion appellieren? 

Podiumsdiskussion am Donnerstag

Einen Abschluss fand die Kundgebung mit der Rede des Bundesgeschäftsführers der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Jürgen Resch. Er berichtete über die DUH-Klage für den Erhalt der Gäubahn, die ab 12. Februar am Verwaltungsgericht in Stuttgart verhandelt wird. 

Außerdem machte er auf ein Podiumsgespräch zum Thema Gäubahn-Erhalt im Stuttgarter Rathaus aufmerksam. Dort werden am Donnerstag, 30. Januar, ab 18:30 Uhr der ehemalige Chef der Schweizerischen Bundesbahnen SBB Benedikt Weibel, der frühere Bundesvorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL Claus Weselsky sowie Resch von der DUH über den Erhalt von Gäubahn und Kopfbahnhof referieren und am Beispiel Schweiz erläutern, wie eine vernünftige Bahnpolitik aussehen könnte. 

Es lohne sich, weiterhin für so eine wichtige Eisenbahnstrecke wie die Gäubahn zu kämpfen, sagte Resch abschließend. 

Text: PM/pw; Fotos: Pro Gäubahn

Die nächsten Termine:

  • Donnerstag, 30. Januar 2025: Veranstaltung der DUH im großen Saal des Stuttgarter Rathauses. Mit Jürgen Resch (DUH), Benedikt Weibel (Ex-Chef der SBB),  Claus Weselsky (ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft GDL)
  • Montag, 3. Februar 2025, 18 Uhr: 743. Montagsdemo auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Mit Jürgen Resch und Jan van Aken (Ko-Vorsitzender der Partei Die Linke).

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