In einer Pressemitteilung kritisiert der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz den baden-württembergischen Grundsteuer-Sonderweg als „eine unzumutbare Mehrbelastung für viele“ und fordert stattdessen, das wertabhängige Bundesmodell anzuwenden. Unser Autor ist anderer Meinung und hält das BaWü-Modell für die bessere, weil sozialere Lösung.
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zwang die Politik dazu, die Berechnung der Grundsteuer zu reformieren. Bundestag und Bundesrat beschlossen darauf Ende 2019 einen neuen Berechnungsmodus – gepaart mit einer Öffnungsklausel, die es den Bundesländern erlaubt, eigene Modelle zur Berechnung der Grundsteuer zu entwickeln.
Neun Bundesländer übernahmen eins zu eins das nach dem damaligen Bundesfinanzminister so genannte Scholz-Modell des Bundes, zwei wandelten es geringfügig ab, fünf gingen eigene Wege, darunter neben Baden-Württemberg auch die SPD-geführten Bundesländer Niedersachsen und Hamburg.
Hier wie dort war Vorgabe an die Kommunen, die Reform aufkommensneutral umzusetzen, also in der Summe nicht mehr einzunehmen als vor der Reform. Weshalb viele Gemeinden, darunter auch Konstanz, die Grundsteuerhebesätze noch schnell vor Inkrafttreten der Reform erhöhten.
Wenige zahlen drauf …
In Baden-Württemberg basiert die Grundsteuer auf dem Produkt aus Bodenrichtwert und Grundstücksgröße. Im zweiten Schritt erfolgen Abschläge für Wohngrundstücke, für sozialen Wohnungsbau und für Kulturdenkmäler. Auf dieses Produkt wird dann der kommunale Hebesatz angewandt.
Ende letzten Jahres waren in Konstanz rund 35.000 Grundstücke gelistet. Gemäß einer Gemeinderatsvorlage steigt die Grundsteuer für die 4000 unbebauten Grundstücke, sofern diese nicht als Landwirtschaftsflächen eingestuft sind. Auch die Eigentümer:innen von 11.000 bebauten Grundstücken müssen nun mehr bezahlen.
Vor allem für große Grundstücke mit nur einem Einfamilienhaus wird’s teurer. Wobei es keinen Unterschied macht, ob dort eine edle Villa oder Omas altes Siedlerhäuschen steht. So zählen die hübschen Reihenhäuser im Sierenmoos mit ihren großen Gartengrundstücken, die aus Denkmalschutzgründen noch nicht einmal überbaut werden dürfen, zu den Verlierern der Reform.
Hier setzt die Kritik des SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Peter Storz (Singen) an. Auch die Linke nennt den neuen Berechnungsmodus unsozial.
… und viele zahlen weniger
Den Verlierern der Reform steht die Mehrheit jener gegenüber, die künftig gleich viel oder weniger Grundsteuer bezahlen müssen. Gewinner der Reform sind auch nach Einschätzung des Mieterbunds vor allem die Mieter:innen in Mehrfamilienhäusern. Je mehr Wohnungen ein Haus hat, desto geringer wird der auf jede Wohnung entfallende Grundsteueranteil.
Zwar beeinflusst die Dichte der Bebauung, also die zulässige Geschossfläche, den Bodenrichtwert, doch sind die Unterschiede nur gering. So gilt für die eingeschossigen Bungalows auf dem Längerbohl einen Bodenrichtwert von 930 Euro/Quadratmeter, für die benachbarten Hochhäuser an der Schwaketenstraße sind 1130 Euro/Quadratmeter angesetzt.
Das Bundesmodell benachteiligt Mieter:innen
Storz favorisiert stattdessen das Bundesmodell, das nicht nur den Bodenwert, sondern auch Wert, Alter und Zustand einer Immobilie mit einbezieht. Dieses Modell ist kompliziert und von mindestens acht Faktoren abhängig. Vereinfacht gesagt, spielt neben dem Bodenwert auch der Ertragswert der Liegenschaft eine Rolle, also eine kalkulatorischen Miete abzüglich der Bewirtschaftungskosten. Je höher der (fiktive) Ertrag, desto höher die Grundsteuer.
Mit diesem Modell fahren die Eigentümer:innen älterer, einfach ausgestatteter Einfamilienhäuser auf großen Grundstücken besser. Nicht dagegen die Mieter:innen. Denn je mehr Wohnfläche ein Haus hat, desto teurer wird die Grundsteuer. Mieter:innen sind deshalb mit dem baden-württembergischen Grundsteuermodell besser bedient als mit der von Storz bevorzugten Bundeslösung.
Noch besser wäre es freilich, die Bundesregierung würde die Grundsteuer aus dem Katalog der auf die Mieter:innen umlegbaren Nebenkosten streichen.
Text: Ralph-Raymond Braun
Foto: pw
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