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Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (31)

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Die ignorierte Baumeisterin

Die Anklage lautete auf Hochverrat, und jede:r rechnete mit ihrem Tod. Ein Wärter tröstete sie sogar, dass sie das Gefängnisleben ohnehin nicht mehr lange aushalten würde – Enthauptung sei da schon besser, das gehe nur sieben Sekunden. Doch der Zweite Senat des Berliner Volksgerichtshofs, der am 22. September 1942 im Wiener Landesgericht tagte, ließ die 45-Jährige am Leben. Zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt, wurde sie im April 1945 von US-Truppen aus einem bayerischen Gefängnis befreit.

Die 1897 in Wien geborene Beamtentochter war bis zur NS-Zeit die bekannteste Architektin Österreichs. Sie hatte an der Königlich-Kaiserlichen Kunstgewerbeschule studiert und nach dem Ersten Weltkrieg in der von Wohnungsnot geplagten Hauptstadt eine große Aufgabe gefunden. Fasziniert von den Ideen des modernen Bauens – Licht und Luft und Funktionalität bis zum letzten Millimeter –, entwarf sie Siedlungshäuser und erschwingliche Mietwohnungen für ArbeiterInnen, unter anderem den Winarskyhof, einen der großen Kommunalbauten des damals sozialdemokratisch regierten Wien.

1926 bat man die Planerin, die sich an den Bedürfnissen der Unterschicht orientierte, um Mithilfe beim Stadterneuerungsprogramm in Frankfurt. Danach konzipierte sie in der Sowjetunion Bildungseinrichtungen für Industriestädte wie Magnitogorsk, bereiste Japan und China, hielt Vorträge. Die Nachricht von der Annexion Österreichs erreichte sie 1938 in Istanbul, wo sie im Auftrag des türkischen Erziehungsministeriums an der Akademie der Schönen Künste unterrichtete. Sofort knüpfte sie Kontakte zur verbotenen Kommunistischen Partei Österreichs und kehrte 1940 nach Wien zurück, um beim Aufbau des Widerstands zu helfen. Kurz darauf wurde sie verhaftet.

Im Wien der Nachkriegszeit erhielt die Kommunistin, deren Baukompetenzen in Bulgarien, Kuba und China weiterhin geschätzt waren, nur noch selten öffentliche Aufträge. Erst in hohem Alter überhäufte man sie mit Auszeichnungen. Das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst wollte sie aber erst entgegennehmen, als der Wehrmachtsoffizier Kurt Waldheim nicht mehr Bundespräsident war.

Wie heißt die mit 102 Jahren verstorbene Präsidentin des Bunds Demokratischer Frauen und Mitbegründerin des Österreichischen Friedensrats, die über eine ihrer Schöpfungen sagte: „Wenn ich gewusst hätte, dass alle immer nur davon reden, hätte ich dieses verdammte Ding nie gebaut!“

Text: Brigitte Matern

Auflösung des Rätsels

Diesmal fragten wir nach der österreichischen Architektin Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000). Das „verdammte Ding“ war die sogenannte Frankfurter Küche, ein Prototyp der modernen Einbau­küche. Warum sie 1942 nicht zum Tod verurteilt wurde, beschreibt sie in ihrem Buch „Erinnerungen aus dem Widerstand. Das kämpferische Leben einer Architektin 1938–1945“ (Promedia, Wien 2014). Demnach hatte dem Volksgerichtshof ein Schreiben vorgelegen, in dem das türkische Erziehungsministerium der ehemaligen Mitarbeiterin einen Arbeitsvertrag anbot. Da die Nazis damals noch hofften, die Türkei werde auf ihrer Seite in den Krieg eintreten, verzichteten sie lieber auf die Verhängung der Todesstrafe. Das Schreiben war ein Fake. brm

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