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Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (17)

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Der viel besungene Zureiter

Er wollte Wasser, Boden und Wald. Nicht für sich, denn er hatte sein Auskommen als Pferdehändler. Aber die vielen besitzlosen Bauern des Dorfes, dem er vorstand, litten unter dem Landhunger der Zuckerrohrpflanzer. Und nicht nur sie. Im ganzen Bundesstaat Morelos waren die Bauern in Aufruhr, seit Don Porfirio Díaz, der bereits zwei Jahrzehnte regierende Staatspräsident, die mexikanische Wirtschaft auf Export trimmte. 

Dazu wurde Gemeindebesitz enteignet und US-amerikanischen und europäischen Unternehmen großzügig Zugang zu Bodenschätzen und Land gewährt. Dass dabei ganze Dörfer von der Landkarte verschwanden, nahm er billigend in Kauf. Rechtlich konnten die Bauern gegen den Landraub nicht vorgehen; und so beschloss der 31-jährige Dorfratsvorsitzende, die Felder mit vorgehaltener Waffe zurückzuholen. Das war 1910. Die Tage Don Porfirios waren gezählt.

Bereits mit sechzehn hatte der mestizische Viehzüchtersohn auf eigenen Beinen stehen müssen. Seine Eltern und sechs seiner neun Geschwister waren früh gestorben. Immerhin konnte er gelegentlich die Schule besuchen, lernte lesen und schreiben und zeigte eine so gute Hand für Pferde, dass er bald als einer der besten Zureiter des Landes galt. Er war aber auch ein überzeugender Befehlshaber. Als 1910 ein breites Bündnis zum Sturz des korrupten Regimes aufrief, sammelte er ein Bauernheer um sich und zog als General der „Befreiungsarmee des Südens“ in die Schlacht. Zunächst erfolgreich, doch die Opposition war tief gespalten, und im Kampf um Pfründe verrieten oder sabotierten die nachfolgenden Machthaber ein ums andere Mal die Ziele der Revolution. Zwar gelang es 1917, eine fortschrittliche Verfassung zu diktieren, doch die Umsetzung wurde immer wieder hinausgezögert. Nur in einem kleinen Gebiet konnte der General mit seinem „Lumpenpack“ die Großgrundbesitzer enteignen und den Gemeinden die angestammten Rechte zurückgeben.

Am 10. April 1919 tappte der unbeugsame Guerillachef, der sich auch mit Ländereien und einem Gouverneursamt nicht locken ließ, dem Militär in die Falle und wurde erschossen. Dass er wirklich tot war, wollten seine AnhängerInnen lange nicht glauben, und noch heute lebt er in unzähligen Liedern fort.

Wer war der Volksheld der mexikanischen Revolution, deren wichtige Errungenschaft – die Unantastbarkeit des Gemeindelands – 1992 im Rahmen der des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA wieder abgeschafft wurde?

Text: Brigitte Matern

Auflösung des Rätsels

In unserem Rätsel fragten wir nach dem mexikanischen Revolutionsführer Emiliano Zapata (1879–1919). Das politische Programm der Zapatistas war der 1911 formulierte „Plan von Ayala“, in dem unter anderem freie Wahlen, die Umsetzung der Bodenreform und autonome Gemeinde­verwaltungen auf basisdemokratischer Grundlage gefordert wurden. Seinen Guerillakampf gegen die drei auf Porfirio Díaz folgenden Präsidenten – zwei von ihnen stammten aus den Reihen der Aufständischen –, führte er hauptsächlich im südlichen Bundesstaat Morelos. Erst in den Zwanzigerjahren kam das Land wieder zur Ruhe.

Zapatas Name wurde Mitte der 1990er-Jahre international in Erinnerung gerufen, als die linke Guerilla Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN), die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung, einen bewaffneten Aufstand gegen die neoliberale Wirtschaftspolitik der mexikanischen Regierung begann. Die Bauenmiliz konnte die Revolte nicht gewinnen, es ging ihr auch nie um die Macht im Staat, besiegt wurde jedoch auch nicht. Und so kämpfen die indigenen Zapatistas im südlichen Bundesstaat Chiapas weiterhin für Basisdemokratie, autonome Strukturen und Selbstbestimmung. brm

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