Wasserbus Steg Im Seerhein © Pw

Ein Wasserbus. Aber um welchen Preis?

3 Kommentare

Wasserbus Steg Im Seerhein © Pw
Noch haben die Zwergtaucher ihre Ruhe: Steg des beschlossenen Wasserbusses im Seerhein

Am Dienstag stimmte der Konstanzer Gemeinderat einstimmig dafür: Die stadteigenen Bodensee Schiffsbetriebe (BSB) werden mit der Planung einer Fährverbindung zwischen dem Bodenseeforum und dem Konstanzer Hafen beauftragt, die 2026 in Betrieb gehen soll. Doch was ist der Preis für dieses neue touristische Highlight?

Zwei Schiffe mit vollelektrischem Antrieb sollen Freitag bis Sonntag tagsüber im Halbstundentakt verkehren, auf ihnen soll das normale Stadtbusticket gelten. Gesucht werde noch nach einem automatischen Andocksystem, berichtet BSB-Chef Frank Weber im vorberatenden Technischen und Umweltauschuss. Damit, so die Hoffnung, würde sich der bislang vorgeschriebene zweite Schiffsführer erübrigen und ein Ein-Mann- respektive Ein-Frau-Betrieb mit deutlich geringeren Personalkosten möglich sein.

Seit vielen Jahren wird die Idee eines „Wasserbusses“ – wie es in der Gemeinderatsvorlage heißt – unter anderem als Klimaschutzprojekt verfolgt. Vor einigen Monaten nutzte der Konstanzer Oberbürgermeister zudem die Gelegenheit, in seinem neu veröffentlichten Buch gegen die „Naturschutzindustrie“ auszuschlagen, die sich seiner Begeisterung für den Wasserbus nicht anschließen wollte und stattdessen den Fokus auf Wasservögel und geschützte Algen richte.

Doch die Umweltverbände bleiben bei ihrer kritischen Grundhaltung und hinterfragen den tatsächlichen Nutzen des Projektes. Insgesamt herrscht der Eindruck, dass der Wasserbus weniger ein bedeutendes Klimaschutzprojekt, als vielmehr ein Prestigevorhaben ist. „Bus kann jeder“, titelte etwa der Südkurier, „Wasserbus nicht“.

„Aus BUND-Sicht stellt sich vor allem die Frage der Priorität: Wie wichtig ist dieses Projekt für die Konstanzer Verkehrswende? Ist es ein unverzichtbarer Bestandteil des Mobilitätskonzepts oder vielmehr ein ‚Edelstein‘ – teuer, attraktiv und optional?“, schreibt Jarid Zimmermann, Geschäftsführer des BUND Konstanz, auf Anfrage. Tatsächlich erscheint es zunächst widersprüchlich, eine Fähre, die deutlich teurer als ein Bus ist und mehr Energie verbraucht, als Klimaschutzprojekt zu etablieren.

Bloß ein touristisches Lockmittel?

So bat in der Gemeinderatsdebatte denn auch Niklas Becker (FGL&Grüne) darum, die Stadtwerke mögen bitte alternativ zum Wasserbus die Kosten, den Energieverbrauch und die Fahrzeiten einer Busverbindung zwischen Bodenseeforum und Bahnhofsplatz berechnen.

Der Gemeinderatsbeschluss liefert einen Hinweis darauf, worum es bei dem Wasserbusprojekt tatsächlich geht: „Ein Betrieb der Wasserbuslinie ist ab der Saison 2026 sinnvoll. Mitte/Ende 2025 wird das Parkhaus und der Panorama-Turm an der Europabrücke in Betrieb gehen. Der Fernbusbahnhof ist bereits jetzt in Betrieb und wird sich bis 2026 etabliert haben.“

Die neue Fährverbindung löst durch ihre begrenzten Betriebszeiten jedoch nicht das Problem der schlechten Erreichbarkeit des Fernbusbahnhofs. Vielmehr wird sie durch den Bau des „Panoramaturms“ als touristisches Highlight wichtig, um am Wochenende eine Verbindung zwischen dem Parkhaus Brückenkopf Nord, dem Panoramaturm und der Altstadt herzustellen. Ziel ist es, vor allem Tagestourist:innen, die mit dem Auto anreisen, nach Konstanz zu locken. Zwar tragen Parkhaus und Wasserbus dazu bei, dass diese außerhalb der Innenstadt parken; das Projekt deshalb gleich als Klimaschutzmaßnahme zu etikettieren, wirkt jedoch übertrieben.

„Uns ist es wichtig, dass Klimaschutzgründe nicht vorgeschoben werden, wenn andere Gründe plausibler sind“, sagt Jarid Zimmermann und fügt hinzu: „Angesichts der angespannten Stadtkassen ist es natürlich auch eine wirtschaftliche Frage, ob ein solches (millionenschweres) Projekt angesichts der vielen anderen Herausforderungen der Stadt Priorität hat.“

Vorausschauende Genehmigung

Und damit wird in der Debatte um den Wasserbus dann doch das grundsätzliche Problem im Konstanzer Klimaschutz deutlich. Anstatt alle Ressourcen darauf zu fokussieren, die eigenen Klimaschutzziele zu erreichen und die dafür wirklich wichtigen Maßnahmen voranzutreiben, werden Millioneninvestitionen und unzählige Arbeitsstunden in den Bau eines neuen touristischen Schmuckstücks gesteckt – direkt neben dem Millionengrab Bodenseeforum. Und damit das Ganze besser aussieht, verkauft man es als Klimaschutzprojekt.

Vorausschauend hatte sich die Stadt von dem für den Naturschutz verantwortlichen Landkreis bereits einen täglichen Betrieb des Wasserbusses genehmigen lassen, auch wenn dieser aus Kostengründen allenfalls in ferner Zukunft kommen wird. 

Lorenz Mattes vom NABU Konstanz lehnt eine Erweiterung jedoch entschieden ab und verweist auf den sensiblen Lebensraum, durch den der Wasserbus fährt – ein Gebiet, in dem zahlreiche geschützte Arten wie der Zwergtaucher leben. Der deutlich kleinere Verwandte des Haubentauchers mit braunem Gefieder, Schweizer Vogel des Jahres 2024, ist derzeit gut im Wasser zwischen Seestraße und Inselhotel zu beobachten.

Kostspieliger Schnickschnack

„Die Ausdehnung des Rummels auf das Wasser zu bislang noch ruhigen Tages- und Jahreszeiten kann deutliche Auswirkungen auf die Bewohner des einzigartigen Lebensraums im Oberseeausfluss und Seerhein haben“, kritisiert Mattes. Der Konstanzer Trichter sei ausgewiesenes Vogelschutzgebiet. „Besonders dort, wo die Wasserbusroute vor dem Inselhotel quert, ist für den Zwergtaucher der bedeutendste Winterrastplatz am ganzen Bodensee. Während des Probebetriebs zeigte sich zwar, dass die Tiere im Gebiet blieben. Der größte Teil der Störungen ging aber auf den Wasserbus zurück und sorgt so für zusätzliche Energieverluste in der entbehrungsreichen Jahreszeit.“

Kurzum: Als touristische Attraktion mag der Wasserbus punkten. Doch aus Klima- und Umweltschutzperspektive ist er eher kostspieliger Schnickschnack statt wichtiger Bauteil des öffentlichen Nahverkehrs.

Text: Manuel Oestringer / rrb
Bild: Pit Wuhrer / Fahrplan des Probebetriebs 2018: Website der Stadt Konstanz

3 Kommentare

  1. Giovanni Galizia

    // am:

    Wie wäre es, wenn wir vom Bodenseeforum diagonal über den Rhein eine gedeckte Holzbrücke wie in Luzern bauen würden, mit kleinen Läden in der Mitte zB für Schmuck wie in Florenz oder Venedig, für Fussgänger (hauptsächlich Touristen) und für Fahrräder (also alle anderen). Das wäre eine nachhaltige und aufwertende Lösung!

  2. Thomas Martin

    // am:

    Grundsätzlich finde ich das Projekt gut, denn eine Touristenattraktion wird es sicher sein – mehr aber auch nicht, denn als Einheimischer, stets in Eile, ist man auf der beschriebenen Strecke mit dem Rad oder Pkw schneller.
    Der Umwelt nutzt es nichts, schadet aber auch nicht. Möglicherweise wäre aus Sicht des CO2-Rucksacks sogar ein Dieselantrieb besser, zumindest solange der Strom zu hohem Prozentsatz aus dem Kohlekraftwerk kommt. Man müsste es mal rechnen – bitte nicht die Umweltsauerei der Batterieherstellung (kommt aus China und wird durch Kauf konkurrierend unterstützt) vergessen mit einzubeziehen.

  3. Dr. Peter Krause

    // am:

    Es ist zum verzweifeln. Muss für diese kurze Strecke ein neues kostenintensives Verkehrssystem in Dienst gestellt werden? Kann man nicht einen Pendelbus fahren lassen? Und die, die gut zu Fuss sind, könnten auch mal 15 Minuten „klimaneutral“ zu Fuss gehen.
    Aber so ist das eben: Der Einkaufstourist soll umsorgt werden.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert